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Mindestlohn in Deutschland und Dokumentationspflichten

In Deutschland gilt ab 01.10.2022 ein branchenunabhängiger Mindestlohn für alle Arbeitnehmer in Höhe von 12,00 Euro. Gesetzliche Grundlage ist das Tarifautonomiestärkungsgesetz, besser bekannt als Mindestlohngesetz (MiLoG). Erstmals hat der Gesetzgeber in Deutschland eine gesetzliche Lohnuntergrenze für alle Arbeitnehmer zum 01.01.2015 eingeführt. Bei Verstößen sieht das MiLoG ein nicht unerhebliches Bußgeld für Arbeitgeber vor. Im Zusammenhang damit müssen Arbeitgeber auch diverse Dokumentationspflichten beachten, die in der Praxis häufig nicht ordnungsgemäß umgesetzt werden.

Inhalt:

  1. Gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland
  2. Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn
  3. Mindestlohn bei geringfügiger Beschäftigung (Minijob)
  4. Dokumentationspflichten der Arbeitgeber und Kontrolle
  5. Besondere branchenabhängige Dokumentationspflichten
  6. Bußgeld bei Nichteinhaltung oder Verstößen
  7. Weiterführende Hinweise und Ratgeber

1. Gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland

In Deutschland gilt seit 01.01.2015 ein branchenunabhängiger Mindestlohn für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, um auch in Branchen ohne Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung schädliches Lohn-Dumping zu verhindern. Gesetzliche Grundlage ist das Tarifautonomiestärkungsgesetz, besser bekannt als Mindestlohngesetz (MiLoG).

Im Mindestlohngesetz ist vorgesehen, dass grundsätzlich eine Mindestlohnkommission Empfehlungen für die Anpassung des Mindestlohns in Deutschland vorgibt, die dann per Rechtsverordnung branchenunabhängig für alle Arbeitnehmer verbindlich wird, soweit diese hiervon nicht ausgenommen sind. Die erste Erhöhung des Mindestlohns erfolgte zum 01.01.2017 auf damals 9,60 Euro.

Mit der gesetzlichen Erhöhung des Mindestlohns zum 01.10.2022 auf 12,00 Euro ist die Bundesregierung erstmalig von diesem Grundsatz abgewichen. Künftig soll allerdings wieder die Mindestlohnkommission über die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland entscheiden, erstmalig wieder zum 30.06.2023 für die Zeit ab dem 01.01.2024.

Eine Anhebung des Mindestlohns wirkt sich stets auch auf die geringfügig entlohnte Beschäftigung aus, insbesondere auf die sogenannten Minijobs. Damit weiterhin eine Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zum Mindestlohn möglich ist, wurde die Minijob-Grenze zum 01.10.2022 von 450 Euro auf 520 Euro erhöht. Sie wird künftig mit jeder weiteren Erhöhung des Mindestlohns angepasst.

Soweit in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung höhere Stundenlöhne festgelegt sind, gehen diese natürlich vor.

Zur Sicherstellung des Mindestlohns besteht für Arbeitgeber die Pflicht, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmen zu erfassen und zu dokumentieren (Dokumentationspflicht).

2. Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn gilt seit 01.01.2015 grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, die in Deutschland tätig werden. Es gibt allerdings Ausnahmen. Ausgenommen vom gesetzlichen Mindestlohn sind folgende Personengruppen:

  • Kinder unter 15 Jahren;
  • Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, sofern diese keine abgeschlossene Berufsausbildung haben;
  • Auszubildende;
  • Praktikanten (begrenzt auf Pflichtpraktika, ausbildungsbegleitende Praktika oder Praktika zur Berufs- und Studienorientierung (max 3 Monate);
  • Ehrenamtlich tätige Personen und Personen, die einen Freiwilligendienst gem. § 32 Abs. 4 Nr. 2d EStG leisten;
  • Langzeitarbeitslose (in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung) und Teilnehmer an Maßnahmen zur Einstiegsqualifizierung für Ausbildungsbewerber/innen mit eingeschränkten Vermittlungsperspektiven, ohne die erforderliche Ausbildungsreife oder die lernbeeinträchtigt bzw. sozial benachteiligt sind.

Für Zeitungszusteller hat der Gesetzgeber besondere Übergangsregelungen festgelegt.

Für Saisonarbeiter und Erntehelfer wurde vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 01.01.2015 noch kurzfristig ein bundesweiter Tarifvertrag vereinbart, der gegenüber den gesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn vorrangig ist.

3. Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland hat sich seit 01.01.2015 wie folgt entwickelt:

Gültig abEuro
01.01.20158,50
01.01.20178,84
01.01.20199,19
01.01.20209,35
01.01.20219,50
01.07.20219,60
01.01.20229,82
01.07.202210,45
01.10.202212,00
Entwicklung des Mindestlohns in Deutschland seit 01.01.2015

4. Mindestlohn bei geringfügiger Beschäftigung (Minijob)

Der gesetzliche Mindestlohn pro Zeitstunde gilt auch für geringfügig beschäftigte Aushilfen (Minijob), wobei diese Gruppe der Beschäftigten in Deutschland sehr hoch ist und am meisten davon profitiert. Gleichzeitig sind es diese Minijobs, die wohl den größten Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit dem Mindestlohn verursachen.

Da im Zusammenhang mit einem Minijob eine Verdienstobergrenze zu beachten ist, kommt der Zahl der tatsächlich geleisteten Stunden eine große Bedeutung zu. Das gleiche gilt für kurzfristige Beschäftigte (Aushilfen, Saisonarbeiter).

Aus dem gesetzlichen Mindestlohn und der Verdienstobergrenze besteht indirekt eine Höchstarbeitszeit pro Monat, die darüber hinaus zu dokumentieren ist. Diesbezüglich sind die Arbeitgeber bei jeder Anpassung des Mindestlohns aufgerufen, die Arbeitszeiten ihrer Aushilfen (Minijob) zu überprüfen und ggf. zu korrigeren. Wer hier nachlässig ist, riskiert eine Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze und infolgedessen eine (nachträgliche) Versicherungspflicht der entsprechenden Mitarbeiter in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.

5. Dokumentationspflichten der Arbeitgeber und Kontrolle

Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland erhöhen sich die Dokumentationspflichten der Arbeitgeber im Zusammenhang mit geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern (Minijobber) sowie kurzfristig beschäftigten Aushilfen und Saisonarbeitern enorm.

Zur Sicherstellung des Mindestlohns sind hier die Arbeitgeber verpflichtet, den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum 7. Tag nach der Arbeitsleistung aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen sind zu den Lohnunterlagen zu nehmen und mindestens 2 Jahre aufzubewahren. Diese Aufzeichnungspflichten gab es zwar auch schon früher, aber die Nichteinhaltung blieb bislang ohne Konsequenzen.

Beschäftigt ein Arbeitgeber Minijobber oder kurzfristig beschäftigte Aushilfen, droht seit 01.01.2015 ein Bußgeld bis zu EUR 30.000,00, wenn diese Dokumentationspflichten garnicht, nicht richtig, unvollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise eingehalten werden. Die Minijobzentrale stellt einen vereinfachten Vordruck zur Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeiten zur Verfügung.

Die Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns obliegt der Zollverwaltung, d.h. der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), die in dieser Hinsicht sehr aktiv ist. Arbeitgeber müssen insbesondere in den folgenden Branchen mit Kontrollen rechnen.

6. Besondere branchenabhängige Dokumentationspflichten

Neben den allgemeinen Dokumentationspflichten im Bereich der geringfügigen Beschäftigung werden die Arbeitgeber in den nachfolgenden Branchen explizit aufgefordert, für alle Mitarbeiter schriftliche Aufzeichnungen über deren genaue Arbeitszeiten zu führen, zu den Lohnunterlagen zu nehmen und mindestens 2 Jahre aufzubewahren:

  • Baugewerbe,
  • Gaststätten- und Beherbergung,
  • Personenbeförderung,
  • Spedition, Transport und Logistik,
  • Schausteller,
  • Forstwirtschaft,
  • Gebäudereinigung,
  • Messeaufbau und
  • Fleischwirtschaft.

Ausgenommen sind nur diejenigen Mitarbeiter, die eine bestimmte monatliche Bruttovergütung überschreiten.

7. Bußgeld bei Nichteinhaltung oder Verstößen

Die Kontrolle über die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland und die damit verbundenen Dokumentationspflichten obliegt der Zollverwaltung, d.h. der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Arbeitgebern, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen, drohen ab 01.01.2015 hohe Bußgelder. Bei Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns beträgt das Bußgeld bis zu EUR 500.000,00. Bei Verstoß gegen die Melde- Dokumentations- und Mitwirkungspflichten beträgt das Bußgeld bis zu EUR 30.000,00.

8. Weiterführende Hinweise und Ratgeber

Leider bestehen hinsichtlich des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland immer noch vielen offenen Fragen und Unsicherheit, begleitet von einer Strafandrohung bei Verstößen. Umso wichtiger ist es für Arbeitgeber, sich frühzeitig mit dem Thema zu befassen und die individuellen Auswirkungen im eigenen Unternehmen zu prüfen.

Eine Vereinbarung mit einem Arbeitnehmer zur Umgehung des Mindestlohns bzw. ein Verzicht des Arbeitnehmers ist unwirksam bzw. unzulässig (§ 3 MiLoG). Er ist auch während eines befristeten Arbeitsverhältnisses (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG) oder während der Probezeit zu zahlen (§ 622 Abs. 3 BGB).

Hilfreich sind auch die nachfolgenden Hinweise und Ratgeber:

Mindestlohn in Deutschland und Dokumentationspflichten
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