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Neuregelungen zum Zahlungsverzug

Zur Umsetzung einer EU-Richtlinie (RL 2011/7/EU) hat der deutsche Gesetzgeber einige Neuregelungen zum Zahlungsverzug ins BGB eingefügt, insbesondere den neuen § 271a BGB hinsichtlich der Vereinbarung von Zahlungsfristen. Die Neuregelungen zum Zahlungsverzug verfolgen das Ziel, überlange und sachlich nicht gerechfertigte Zahlungsfristen im Unternehmensalltag zu verhindern.

Inhalt:

  1. Kampf gegen Zahlungsverzug in Deutschland
  2. Zeitliche Begrenzung der Zahlungsfristen
  3. Beginn der Zahlungsfrist
  4. Prüfungs- und Abnahmefrist
  5. Höherer Verzugszins und Mindestverzugsschaden

1. Kampf gegen Zahlungsverzug in Europa

Es ist seit langem bekannt, dass sich vor allem öffentliche Auftraggeber und große Unternehmen mit langen Zahlungsfristen einräumen lassen. Dem noch nicht genug, halten sich etliche dieser Auftraggeber nicht an die vereinbarten Fälligkeitstermine. So sind Lieferanten und Dienstleister häufig noch zur Zahlungserinnerung und Mahnung mit entsprechenden Fristen gezwungen.

Damit nutzen diese Auftraggeber nicht nur ihre Macht gegenüber den kleinen und mittleren Unternehmen aus, sondern sie gefährden im Ernstfall auch deren Existenz. Gegen diese Praxis wendet sich die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011, die von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis zum 16. März 2014 in nationales Recht umzusetzen war. Auch hier war der deutsche Gesetzgeber in Verzug.

Im Wesentlichen enthält die EU-Richtlinie folgende Bausteine:

Die Neuregelungen zum Zahlungsverzug sind auf alle Schuldverhältnisse anzuwenden, die nach dem 28.07.2014 entstanden sind. Ausgenommen sind Schuldverhältnisse, bei denen ein Verbraucher die Erfüllung der Entgeltforderung schuldet. Für bereits bestehende Dauerschuldverhältnisse gibt es in Art 229 § 34 n.F. EGBGB eine besondere Übergangsregelung.

2. Zeitliche Begrenzung der Zahlungsfristen

Hinsichtlich der Zahlungsfristen ist die grundsätzliche Vertragsfreiheit in Zukunft eingeschränkt. Eine vertragliche Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen muss zwischen Unternehmen ausdrücklich vereinbart und sachlich gerechtfertigt sein. Die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen ist also nur noch im Ausnahmefall wirksam, sofern hierfür besondere Gründe gegeben sind, § 271a Abs. 1 BGB.

Handelt es sich um einen öffentlichen Auftraggeber, wird die regelmäßige Zahlungsfrist auf 30 Tage begrenzt. Alles darüber hinaus muss ausdrücklich vereinbart und sachlich gerechtfertigt sein. Eine unüberwindbare Grenze liegt hier bei einer Zahlungsfrist von 60 Tagen, die auch im Rahmen einer ausdrücklichen Vereinbarung nicht wirksam überschritten werden kann, § 271a Abs. 2 BGB. Als öffentliche Auftraggeber gelten auf jeden Fall alle Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Gemeinden.

Im Zweifel muß der Schuldner den Nachweis erbringen, dass eine Zahlungsfrist von mehr als 30 bzw. 60 Tagen ausdrücklich vereinbart war.

3. Beginn der Zahlungsfrist

Für den Beginn der Zahlungsfrist sind zukünftig drei Alternativen vorgesehen:

  • Empfang der Gegenleistung;
  • (ersatzweise) Zugang der Rechnung oder sonstigen Zahlungsaufstellung;
  • (ersatzweise) Ein späterer vom Gläubiger genannter Zeitpunkt.

Der Beginn der Zahlungsfrist kann vom Schuldner also nicht mehr manipuliert werden. Die in der Praxis gebräuchliche „Ausrede“, keine Rechnung erhalten zu haben, geht ins Leere, da es auf den Empfang der Gegenleistung ankommt.

4. Prüfungs- und Abnahmefrist

Insbesondere im Werkvertragsrecht ist die Fälligkeit der Werklohnforderung von der Abnahme der Werkleistung abhängig. Für solche Fälle ist nunmehr vorgesehen, dass die Prüfungs- und Abnahmefrist grundsätzlich nicht länger als 30 Tage betragen darf. Soll eine längere Prüfungs- und Abnahmefrist vereinbart werden, muss dies ausdrücklich geschehen und sachlich gerechtfertigt sein, § 271a Abs. 3 BGB.

5. Höherer Verzugszins und Mindestverzugsschaden

Der Zahlungsverzug eines Unternehmens wird in Zukunft finanziell bestraft, um zur rechtzeitigen Zahlung zu motivieren. Befindet sich ein Unternehmen oder ein öffentliche Auftraggeber in Zahlungsverzug, beträgt der Verzugszins gem. § 288 Abs. 2 BGB zukünftig 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Dessen ungeachtet kann der Gläubiger jedoch einen Mindestverzugsschaden in Höhe von 40,00 Euro geltend machen. In dem neuen § 288 Abs. 5 BGB heißt es hierzu:

Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40,00 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

Mindestverzugsschaden ist „scharfes Schwert“

Ist der Verzugsschaden höher, kann der Gläubiger natürlich einen höheren Schaden geltend machen, wobei die Pauschale auf diesen anzurechnen ist. Aus meiner Sicht wird dieser Mindestverzugsschaden in der Praxis ein „scharfes Schwert“ in der Hand der kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch für Banken, Versicherungen und Telekommunikationsunternehmen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf den neuen § 288 Abs. 6 BGB hinzuweisen, der wie folgt lautet:

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Kurz gesagt ist jede im Voraus getroffene Vereinbarung unwirksam, die den gesetzlichen Verzugszins oder die Möglichkeit des Mindestverzugsschadens gem. § 288 Abs. 5 ausschließt oder beschränkt.

Ergänzungen im AGB-Recht

Die vorgenannten Gesetzesänderungen werden ergänzt durch entsprechende Erweiterungen im AGB-Recht. Die Regelungen in § 308 BGB erhalten eine neue Nr. 1a und Nr. 1b hinsichtlich der Zahlungs-, Überprüfungs- und Abnahmefristen.

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