Begleitend zu dem Überblick zur Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 UStG folgen nunmehr einige Beispiele. Im Einzelnen wird zunächst ein Vergleich der Kleinunternehmerregelung mit der Regelbesteuerung dargestellt. Es folgen Beispiele zu den Voraussetzungen zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung.
Inhalt:
- Vergleich zwischen Regelbesteuerung und Kleinunternehmerregelung
- Voraussetzungen für Anwendung der Kleinunternehmerregelung
1. Vergleich zwischen Regelbesteuerung und Kleinunternehmerregelung
Der angestellte Elektrotechniker Albert will sich zum 01.04.2020 mit einem Online-Shop für Elektronikartikel nebenberuflich selbständig machen. Für die Programmierung des Online-Shops und die Einrichtung eines Lagers rechnet er in 2020 mit Investitionen in Höhe von 5.000 Euro zzgl. 950 Euro. Im Kalenderjahr 2020 und in den folgenden Geschäftsjahren rechnet Albert mit folgenden Umsätzen und Betriebsausgaben:
Jahr | Betriebseinnahmen (Umsatz) | Betriebsausgaben |
Netto + 19% USt = Brutto | Netto + 19% USt | |
2020 | 8.500 zzgl. 1.615 = 10.115 Euro | 12.500 + 2.375 = 14.875 Euro |
2021 | 10.000 zzgl. 1.900 = 11.900 Euro | 5.000 + 950 = 5.950 Euro |
2022 | 10.000 zzgl. 1.900 = 11.900 Euro | 5.000 + 950 = 5.950 Euro |
2023 | 10.000 zzgl. 1.900 = 11.900 Euro | 5.000 + 950 = 5.950 Euro |
Albert überlegt nun, ob ihm die Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 UStG anstelle der Regelbesteuerung steuerliche Vorteile bringt.
Regelbesteuerung gem. § 20 UStG
Zunächst wird hierfür die umsatzsteuerrechtliche Situation für Albert im Rahmen der Regelbesteuerung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gem. § 20 UStG) dargestellt:
Jahr | Umsatzsteuer | Vorsteuer | Zahllast (+) bzw. Erstattungsanspruch (-) |
Umsatzsteuer abzgl. Vorsteuer | |||
2020 | 1.615 | 2.375 | -760 |
2021 | 1.900 | 950 | 950 |
2022 | 1.900 | 950 | 950 |
2023 | 1.900 | 950 | 950 |
Summe | 7.315 | 5.225 | 2.090 |
Im Rahmen der Regelbesteuerung wäre Albert als Existenzgründer verpflichtet, in den ersten beiden Geschäftsjahren in elektronischer Form eine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt zu übermitteln. Die im jeweiligen Voranmeldungszeitraum erzielten Einnahmen (Umsatz) sowie die vereinnahmte Umsatzsteuer sind dem Finanzamt darin offen zu legen. Hiervon könnte Albert die im jeweiligen Voranmeldungszeitraum an andere Unternehmer bezahlte Vorsteuer abziehen. In Höhe der Differenz besteht gegenüber dem Finanzamt entweder eine monatliche Zahllast oder ein Erstattungsanspruch.
Anwendung der Kleinunternehmerregelung
Im Vergleich dazu sieht die umsatzsteuerrechtliche Situation für Albert bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 UStG wie folgt aus:
Jahr | Umsatzsteuer | Vorsteuer | Zahllast (+) bzw. Erstattungsanspruch (-) |
Umsatzsteuer abzgl. Vorsteuer | |||
2020 | 0 | 0 | 0 |
2021 | 0 | 0 | 0 |
2022 | 0 | 0 | 0 |
2023 | 0 | 0 | 0 |
Summe | 0 | 0 | 0 |
Bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 UStG weist Albert in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer aus. Damit verbunden ist aber auch ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug. Dem steuerlichen Nachteil im Gründungsjahr 2020 i.H.v. 760 Euro steht ein deutlich höherer Vorteil über einen längeren Betrachtungszeitraum gegenüber. Die Zahllast im Falle der Regelbesteuerung in den Jahren 2020 bis 2023 sinkt von 2.090 Euro auf 0 Euro bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung.
Albert fragt sich nun, welche Konsequenzen sich bei Anwendung der Kleinunternehmerregelung auf seinen Gewinn ergeben.
Regelbesteuerung | Kleinunternehmerregelung | |
Euro | Euro | |
Warenverkauf (brutto) | 238 | 238 |
Umsatzsteuerzahllast | -38 | 0 |
Zwischensumme | 200 | 238 |
Wareneinkauf (brutto) | 119 | 119 |
abziehbare Vorsteuer | -19 | 0 |
Gesamtkosten | 110 | 119 |
Gewinn | 90 | 119 |
Fazit zum Vergleich der Regelbesteuerung mit Kleinunternehmerregelung
Die Kleinunternehmerregelung bringt Albert nicht nur steuerliche Vorteile. Auch der Gewinn ist im Vergleich zur Regelbesteuerung höher.
2. Voraussetzungen für Anwendung der Kleinunternehmerregelung
Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung darf der Unternehmer die in § 19 Abs. 1 UStG genannten Umsatzgrenzen nicht überschreiten:
- EUR 22.000 im vorangegangenen Kalenderjahr und
- EUR 50.000 (voraussichtlich) im laufenden Kalenderjahr.
Der Informatiker Bertold hat sich am 01.10.2019 als Webdesigner nebenberuflich selbständig gemacht und rechnet zunächst mit einem monatlichen Umsatz i.H.v. 1.250 Euro. Zu Beginn der Existenzgründung hat sich Bertold zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung entschieden. Im Kalenderjahr 2019 erzielte er Einnahmen in Höhe von 4.000 Euro. Zu Beginn des Kalenderjahres 2020 rechnet er für das laufende Jahr (2020) und das folgende Jahr (2021) jeweils mit Einnahmen in Höhe von 25.000 Euro. Am 01.02.2020 erhält Bertold einen unerwarteten Auftrag zu Erstellung einer Webseite, für den er voraussichtlich 55.000 in Rechnung stellen wird.
Kalenderjahr | Betriebseinnahmen (Umsatz) |
2019 | 4.000 |
2020 | (voraussichtlich) 25.000 |
Anwendung der Kleinunternehmerregelung in 2019
Bei der Prüfung der Umsatzgrenzen zu Beginn der Selbständigkeit von Bertold kommt es allein auf den voraussichtlichen Jahresgesamtumsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 2 UStG in 2019 an. In dem Zeitraum vom 01.10.2019 bis 31.12.2019 rechnete Bertold mit voraussichtlichen Einnahmen in Höhe von 3.750 Euro. Die voraussichtlichen Einnahmen im letzten Quartal 2019 müssen zunächst in einen Jahresgesamtumsatz hochgerechnet werden.
Kalenderjahr | hochgerechneter Jahresgesamtumsatz |
2019 | 15.000 |
2020 | (voraussichtlich) 25.000 |
Der hochgerechnete Jahresgesamtumsatz 2019 würde die Grenze von 22.000 Euro (bis 2019 noch 17.500 Euro) voraussichtlich nicht überschreiten.
Anwendung der Kleinunternehmerregelung in 2020
Die Prüfung der Umsatzgrenzen ist für den bereits aktiven Kleinunternehmer Bertold zu Beginn des Kalenderjahres 2020 zu erweitern.
- Der tatsächliche Jahresumsatz im Vorjahr hat die Umsatzgrenze von 22.000 Euro tatsächlich nicht überschritten.
- Der voraussichtliche Jahresumsatz im laufenden Kalenderjahr wird die Umsatzgrenze von 50.000 Euro nicht überschreiten.
Maßgebend ist die Beurteilung der Verhältnisse zu Beginn des laufenden Kalenderjahres.
Kalenderjahr | hochgerechneter Jahresgesamtumsatz |
2019 | 15.000 |
2020 | (voraussichtlich) 25.000 |
Der tatsächliche Jahresgesamtumsatz hat in 2019 die Umsatzgrenze von 22.000 Euro nicht überschritten. Der voraussichtliche Jahresumsatz in 2020 wird die Umsatzgrenze von 50.000 Euro voraussichtlich nicht überschreiten. Bertold kann die Kleinunternehmerregelung weiterhin anwenden. Maßgebend ist die Beurteilung der Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahres 2020. Der unerwartete Auftrag am 01.01.2020 ist für die Prüfung der Umsatzgrenzen nicht relevant.
Anwendung der Kleinunternehmerregelung in 2021
Zu Beginn des Kalenderjahres 2021 ist erneut eine Prüfung der Umsatzgrenzen vorzunehmen. Bertold erledigt den unerwarteten Auftrag vollständig in 2020 und kann diesen auch so in Rechnung stellen. Es ergibt sich folgende Situation:
Kalenderjahr | hochgerechneter Jahresgesamtumsatz |
2020 | 55.000 |
2021 | (voraussichtlich) 25.000 |
Bertold hat im Vorjahr die Umsatzgrenze tatsächlich überschritten. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung sind nicht mehr gegeben. Zu Beginn des Kalenderjahres 2021 muss Bertold ein Wechsel zur Regelbesteuerung vornehmen.
In der Tat ist im 1. Beispiel ein Fehler, den ich jetzt korrigiert habe. Im anderen Beispiel: 200 – 110 = 90.
Hallo
Da ich am überlegen bin ein Kleinunternehmen anzumelden/ aufzubauen bin ich bei der Recherche auf Ihre Seite gestoßen nur ist mir da etwas aufgefallen.
Also in der Tabelle:
Regelbesteuerung Kleinunternehmerregelung
Euro Euro
Warenverkauf (brutto) 238 238
Umsatzsteuerzahllast -38 0
Zwischensumme 200 238
Wareneinkauf (brutto) 119 119
abziehbare Vorsteuer -19 0
Gesamtkosten 110 119
Gewinn 90 119
Leider konnte ich die Tabelle hier nicht 1zu1 einsetzen.
In dieser Rechnung ist nach meines Erachtens ein Fehler, oder habe ich mich verrechnet.
Bei der Regelbesteuerung habe ich einen Gewinn von 100,-€ ausgerechnet und nicht 90,-€.
Und bei Punkt 1. Betriebseinahmen ist glaube ich auch was nicht ganz richtig zusammen gerechnet.
10.000 zzgl. 1.900 = 19.000 Euro
Eventuell ist da ein Tippfehler oder ich rechne es falsch zusammen
Ich würde mich über eine Antwort freuen ob ich es falsch berechnet habe oder bei Ihnen ein Fehler unterlaufen ist
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Gubini