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Die Gesellschaftervereinbarung im Verhältnis zum Gesellschaftsvertrag der GmbH

Angesichts der zunehmenden Transparenzpflichten im Gesellschaftsrecht erlangt die Gesellschaftervereinbarung zunehmende Bedeutung im Verhältnis zum Gesellschaftsvertrag der GmbH. Die Vertragsfreiheit ermöglicht es den Gesellschaftern, ihre Rechtsverhältnisse auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages privatschriftlich durch schuldrechtliche Nebenabreden zu regeln, sofern kein Verstoß gegen zwingendes Recht vorliegt. Der gesetzliche Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrages ist in diesem Zusammenhang zu beachten. Einer der Hauptanwendungsfälle ist der Einstieg von Investoren in den Kreis der Gesellschafter einer GmbH. Die Gesellschaftervereinbarung mit Investoren enthält die zentralen Bestimmungen im Verhältnis zwischen den Gründern und neuen Gesellschaftern, die mit ihrer Erfahrung, Kontakten oder Kapital das Wachstum der Gesellschaft unterstützen sollen. Der Eintritt neuer Gesellschafter erfordert regelmäßig spezifische Regelungen, die nicht nur das Verhältnis aller Gesellschafter untereinander, sondern insbesondere auch das Verhältnis der Gründer zu den Investoren regeln.

Inhalt:

  1. Vorbemerkungen zur Notwendigkeit einer Gesellschaftervereinbarung
  2. Verhältnis der Gesellschaftervereinbarung zum Gesellschaftsvertrag der GmbH
  3. Vorteile und Nachteile der Gesellschaftervereinbarung gegenüber dem Gesellschaftsvertrag
  4. Form der Gesellschaftervereinbarung
  5. Besondere Anlässe für eine Gesellschaftervereinbarung
  6. Typischer Inhalt einer Gesellschaftervereinbarung

1. Vorbemerkungen zur Notwendigkeit einer Gesellschaftervereinbarung

Am 01.01.2007 ist das Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) in Kraft getreten. Hiernach muss der Gesellschaftsvertrag der GmbH an das zuständige Registergericht zur Veröffentlichung übermittelt werden. Die damit verbundene Publizität über den Inhalt des Gesellschaftsvertrages bietet zweifellos Vorteile für den Rechtsverkehr. Vielen Gesellschaftern geht diese Transparenz allerdings zu Recht zu weit.

Die Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht ermöglicht es den Gesellschaftern einer GmbH, ihre Rechtsverhältnisse auch außerhalb des Gesellschaftsvertrages privatschriftlich durch schuldrechtliche Nebenabreden zu regeln, sofern kein Verstoß gegen zwingendes Recht vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere der gesetzliche Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrages einer GmbH gem. § 3 Abs. 1 GmbHG zu beachten. Darüberhinaus ergeben sich diverse Beurkundungspflichten insbesondere aus den §§ 15, 55 GmbHG betreffend Vereinbarungen zur Verpflichtung zur Übertragung eines Geschäftsanteils oder zur Kapitalerhöhung.

Gesetzlicher Mindestinhalt einer GmbH-Satzung:

  • Name der Firma und Rechtsformzusatz;
  • Sitz der Gesellschaft;
  • Unternehmensgegenstand;
  • Höhe des Stammkapitals;
  • Nennbetrag der Geschäftsanteile, die von den Gesellschaftern gegen Einlage übernommen werden;
  • Angabe der Gesellschafter, die bei der Gründung der Gesellschaft mitwirken.

Ergänzend können die Gesellschafter unter Beachtung gesetzlicher Gebote oder Verbote weitere Regelungen in die Satzung aufnehmen (freiwilliger Inhalt).

Besondere Umstände wie der Einstieg von Investoren verbieten es daher, sämtliche Regelungen im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und untereinander im Rahmen des Gesellschaftsvertrages niederzulegen. Hier ist die Gesellschaftervereinbarung das richtige Werkzeug, um die Vereinbarungen in einem schuldrechtlichen Vertrag niederzulegen, die neben dem Gesellschaftsvertrag (Satzung) eine ergänzende Rolle einnehmen.

Im Falle eines Widerspruchs zwischen dem Gesellschaftsvertrag und der Gesellschaftervereinbarung hat der Inhalt der Satzung Vorrang.

2. Verhältnis Gesellschaftervereinbarung zum Gesellschaftsvertrag der GmbH

Im Gesellschaftsvertrag (auch Satzung genannt) regeln die Gesellschafter einerseits die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern, andererseits die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern untereinander. Ferner enthält der Gesellschaftsvertrag die zwingend notwendigen Regelungen zur Organisation der GmbH.

Der Gesellschaftsvertrag der GmbH bedarf stets der notariellen Beurkundung. Ferner ist er von sämtlichen Gesellschaftern bzw. deren Vertretern zu unterzeichnen (§ 2 Abs. 1 GmbHG).

Zur Änderung des Gesellschaftsvertrages ist ein Beschluss der Gesellschafter erforderlich, der ebenfalls notariell zu beurkunden ist (§ 53 Abs. 1 GmbHG). Hierfür ist eine qualifzierte Mehrheit von drei Vierteilen der abgegebenen Stimmen erforderlich, soweit im Gesellschaftsvertrag nicht zusätzliche Voraussetzungen vereinbart sind (§ 53 Abs. 2 GmbHG).

Der Gesellschaftsvertrag der GmbH ist beim Registergericht einzureichen und seit Inkrafttreten des Gesetzes über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) für jedermann über das elektronische Handelsregister abrufbar. Die damit verbundene Publizität der Regelungen im Gesellschaftsvertrag ist einer der zentralen Gründe, warum die Gesellschafter ihre Rechtsverhältnisse zunehmend im Rahmen einer Gesellschaftervereinbarung regeln wollen. Hierbei handelt es sich um schuldrechtliche Nebenabreden der Gesellschafter, die somit nicht den vorgenannten Bestimmungen unterliegen.

3. Vorteile und Nachteile

Vorteil: Die Gesellschaftervereinbarung wird beim Handelsregister nicht eingereicht. Der Inhalt bleibt vertraulich.

Nachteil: Eine Änderung der Gesellschaftervereinbarung ist nur mit Zustimmung aller Vertragspartner möglich. Für die Änderung der Satzung ist dagegen nur ein Gesellschafterbeschluss mit einer qualifizierten Mehrheit der Stimmen notwendig.

4. Form und Laufzeit

Für eine Gesellschaftervereinbarung ist ein privatschriftlicher Vertrag ausreichend, sofern dadurch nicht gegen zwingendes Recht verstoßen wird. Theoretisch ist dieser sogar formlos möglich. Dies ist aber sicher nicht empfehlenswert, da die Dokumentations- und Beweisfunktion eines schriftlichen Vertrages gerade im Gesellschaftsrecht ein hohen Stellenwert besitzt.

Abhängig vom Inhalt der Gesellschaftervereinbarung ist eine notarielle Beurkundung in diversen Fällen gesetzlich vorgeschrieben, insbesondere bei der Verpflichtung zur Übertragung von Geschäftsanteilen zu bestimmten Anlässen.

In der Regel ist es zu empfehlen, die Laufzeit der Gesellschaftervereinbarung auf eine bestimmte Zeit zu befristen, währenddessen eine Kündigung ausgeschlossen ist (ausgenommen die Kündigung aus wichtigem Grund). Ist die Laufzeit der Gesellschaftervereinbarung unbefristet, besteht für die Vertragsbeteiligten die Möglichkeit zur Kündigung, was Sinn und Zweck der Gesellschaftervereinbarung widerspricht.

5. Besondere Anlässe für eine Gesellschaftervereinbarung

Eine Gesellschaftervereinbarung kommt in den meisten Fällen erst dann zum Einsatz, wenn der Einstieg von Investoren rechtlich zu gestalten ist. Aus meiner Sicht geht der praktische Nutzen einer Gesellschaftervereinbarung jedoch weit darüber hinaus. Auch im Rahmen der Gründung einer GmbH macht es durchaus Sinn, diverse Punkte außerhalb des Gesellschaftsvertrages in einer Gesellschaftervereinbarung zu regeln.

6. Typischer Inhalt einer Gesellschaftervereinbarung

Zum typischen Inhalt einer Gesellschaftervereinbarung gehören folgende Überschriften:

  1. Präambel zur Gesellschaftervereinbarung;
  2. Abreden zur Unternehmensphilosophie und/oder zur Geschäftspolitik;
  3. Vereinbarungen zum Unternehmensgegenstand und zur Geschäftstätigkeit;
  4. Genehmigungs- und Zustimmungsverpflichtungen;
  5. Pool- und Stimmbindungsvereinbarungen;
  6. Veräußerungsverbote, Mitveräußerungsrechte, Mitveräußerungspflichten (Tag-Along/Drag-Along);
  7. Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der Leitungs- und Aufsichtsorgane;
  8. Vereinbarungen zur Aufnahme von (weiteren) Investoren mit Verwässerungsschutz;
  9. Absprachen zur Finanzierung der Gesellschaft;
  10. Vorhand- und Vorkaufsrechte mit Preisfindungsklauseln;
  11. Gewinnverwendung und Gewinnverteilung;
  12. Rechtsnachfolge im Falle des Todes eines Gesellschafters;
  13. Erlös- und Liquidationspräferenzen;
  14. Abfindung ausscheidender Gesellschafter mit Differenzierung in Good-Leaver und Bad-Leaver;
  15. Beitragspflichten, Verlustübernahme, Liquiditätszusagen, Garantien;
  16. Verpflichtung zum Ehevertrag bzw. zur Modifikation des Güterstandes;
  17. Zulässige Nebentätigkeiten;
  18. Wettbewerbsverbot mit Vertragsstrafe;
  19. Informations- und Kontrollrechte der Gesellschafter;
  20. Geheimhaltungspflichten der Gesellschafter;
  21. Sonderrechte einzelner Gesellschafter.
  22. Verpflichtung zur Erteilung von Vollmachten (über den Tod hinaus) bzgl. der Beteiligungen zur Gewährleistung der Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit;
  23. Vertragsstrafe bei Verstoß gegen Regelungen der Gesellschaftervereinbarung;
  24. Laufzeit;
  25. Sonstige Bestimmungen;
  26. Schlußbestimmungen.

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