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Abberufung eines Geschäftsführers

Mit der Abberufung eines Geschäftsführers entziehen die Gesellschafter einer GmbH dem betroffenen Geschäftsführer die gesetzlichen und satzungsmäßigen Rechte und Kompetenzen. Die Abberufung ist somit der entgegengesetzte Akt zur Bestellung, durch die dem Geschäftsführer seine organschaftliche Stellung verliehen wird. Das GmbH-Gesetz bezeichnet die Abberufung daher auch als Widerruf der Bestellung. Mit der Abberufung endet zwar die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers, aber nicht ohne weiteres auch sein Anstellungsvertrag mit der GmbH.

Absatz:

  1. Freie Abberufung eines Geschäftsführers der GmbH
  2. Bekanntgabe der Entscheidung über die Abberufung
  3. Abberufung aus wichtigem Grund
  4. Stimmverbot bei Abberufung aus wichtigem Grund
  5. Rechtsfolgen einer Abberufung
  6. Gerichtliche Überprüfung der Abberufung aus wichtigem Grund

1. Freie Abberufung eines Geschäftsführers der GmbH

Sowohl die Bestellung als auch die Abberufung eines Geschäftsführers gehören gem. § 46 Nr. 5 GmbHG grundsätzlich zum Aufgabenkreis der Gesellschafterversammlung.

Die Gesellschafter der GmbH können einen Geschäftsführer jederzeit und ohne besonderen Anlaß mittels Gesellschafterbeschluss abberufen. Der Widerruf der Bestellung muss nicht begründet werden. Eine Anhörung des betroffenen Geschäftsführers vor dem Widerruf ist ebenfalls nicht erforderlich. Der Gesetzgeber will mit der freien Abberufung der Geschäftsführer sicherstellen, dass diese möglich ist, sobald die Gesellschafter das Vertrauen in den gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft verloren haben. Die Rechte des Geschäftsführers im Falle einer Abberufung bzw. Kündigung ergeben sich aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag.

In § 38 Abs. 1 GmbHG heißt es dazu:

Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen.

§ 38 Abs. 1 GmbHG

Die Gesellschafterversammlung entscheidet in diesen Angelegenheiten gem. § 47 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sofern im Gesellschaftsvertrag diesbezüglich nichts anderes geregelt ist. Darüberhinaus kann die Zuständigkeit für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag auch auf ein anderes Organ übertragen werden, insbesondere an den Beirat oder Aufsichtsrat einer GmbH.

Im Falle einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Abberufung eines geschäftsführenden Gesellschafters aus wichtigem Grund unterliegt der Betroffene einem Stimmverbot.

Allerdings kann die Abberufung wie die Amtsniederlegung wegen Rechtsmißbrauch unwirksam sein, wenn der alleinige Gesellschafter der GmbH sich selbst als einzigen Geschäftsführer abberufen will, ohne zugleich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Dies verlangt das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die anderenfalls vollständig beseitigt würde. Dies gilt insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Situationen oder in einer Krise der Gesellschaft.

2. Bekanntgabe der Entscheidung über die Abberufung

Für die Wirksamkeit der Abberufung als sog. empfangsbedürftige Willenserklärung ist die Bekanntgabe des Gesellschafterbeschlusses gegenüber dem betroffenen Geschäftsführer erforderlich. Für die Bekanntgabe und den Vollzug der Abberufung gilt ebenfalls die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung gem. § 46 Nr. 5 GmbHG, die sich hierfür der Mitwirkung eines verbleibenden Geschäftsführers bedienen kann, wenn dies in dem Beschluss gesondert angeordnet wird.

3. Abberufung aus wichtigem Grund

Die freie Abberufung der Geschäftsführer kann im Gesellschaftsvertrag dahingehend einschränkt werden, dass der Widerruf der Bestellung gem. § 38 Abs. 2 GmbHG nur aus wichtigem Grund erfolgen kann. Als solche Gründe sind gem. § 38 Abs. 2 S. 2 GmbHG insbesondere (aber nicht abschließend) grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen.

Ein wichtiger Grund für die Abberufung des Geschäftsführers einer GmbH besteht darüber hinaus, wenn das Verbleiben des Geschäftsführers in seinem Amt für die GmbH unzumutbar ist, was aufgrund einer Abwägung aller im konkreten Fall wesentlichen Umstände zu entscheiden ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.05.2013,14 U 12/13).

Bei der Abwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: Schwere der dem Geschäftsführer zur Last fallenden Verfehlungen, deren Folgen für die Gesellschaft und der durch sie verursachte Vertrauensverlust, das Ausmaß des beiderseitigen Verschuldens und die Größe der Wiederholungsgefahr von pflichtwidrigem Verhalten, die Dauer der Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft und dessen besondere Verdienste um das Unternehmen.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.05.2013, 14 U 12/13; OLG Karlsruhe, Urteil vom 04.05.1999, 8 U 153/97

Insbesondere bei der zweigliedrigen Gesellschaft mit zwei gleichberechtigten Gesellschaftern sind hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu stellen.

Wichtige Gründe für die Abberufung des Geschäftsführers einer GmbH

Beispiele für einen wichtigen Grund, um einen Geschäftsführer abzuberufen:

  • Verstoß gegen ein gesetzliches oder vertragliches Wettbewerbsverbot;
  • Bezahlung privater Kosten mit finanziellen Mitteln der Gesellschaft;
  • Verletzung von Buchführungspflichten, insbesondere die Nichteinreichung der Jahresabschlüsse beim Bundesanzeiger oder beim Finanzamt (BGH, Urteil vom 28.01.1985, II ZR 79/84);
  • Schwerwiegende und wiederholte Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis;
  • Bestehen eines schwerwiegenden dauerhaften Zerwürfnisses oder Vertrauensbruchs zwischen mehreren Geschäftsführern;
  • Langandauernde Erkrankung des Geschäftsführers ohne Aussicht auf baldige Wiederaufnahme der Geschäftsführung;
  • Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsführers;

Nach der Rechtsprechung des BGH ist es für eine Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund wegen eines unheilbaren Zerwürfnisses mit einem Mitgeschäftsführer ausreichend, dass zwei oder mehrere Geschäftsführer untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist. In einem solchen Fall kann jeder von ihnen jedenfalls dann abberufen werden, wenn er durch sein (nicht notwendigerweise schuldhaftes) Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat (BGH, Beschluss vom 12.01.2009, II ZR 27/08).

Bei der Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis oder bei Verletzung der innergesellschaftlichen Kompetenzordnung sind allerdings etwaige Motive oder Gründe für den Verstoß im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.

4. Stimmverbot bei Abberufung aus wichtigem Grund

Bei der Beschlussfassung über die gewöhnliche Abberufung eines geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH unterliegt der Betroffene ebenso wenig einem Stimmverbot (BGH, Urteil vom 21.04.1969, II ZR 200/67; Urteil vom 27.10.198, II ZR 240/85) wie bei der Beschlussfassung über die ordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags (BGH, Urteil vom 31.05.2011, II ZR 109/10).

Anders ist die Rechtslage bei der anstehenden Beschlussfassung über eine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund. In diesem Fall unterliegt der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer nach h.M. in gleicher Weise einem vom Versammlungsleiter zu beachtenden Stimmverbot wie bei dem Beschluss über die außerordentliche Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages. Ob ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt oder schlüssig vorgetragen wird, ist unerheblich. Schon die bloße Behauptung eines wichtigen Grundes führt dazu, dass der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beschlussfassung über seine Abberufung einem Stimmverbot unterliegt. Der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer kann den entsprechenden Gesellschafterbeschluss jedoch anfechten, falls kein wichtiger Grund vorliegt.

Diese Ansicht ist allerdings umstritten. Teilweise wird gefordert, dass ein wichtiger Grund für die Abberufung substantiiert bzw. schlüssig oder nachvollziehbar behauptet wird. Andere nehmen ein Stimmverbot nur an, wenn ein wichtiger Grund objektiv vorliegt und befürworten folglich eine materielle Prüfung des wichtigen Grunds durch den Versammlungsleiter.

Zum Streitstand vgl. BGH, Urteil vom 04.04.2017, II ZR 77/16.

5. Rechtsfolgen einer Abberufung

Ist der Gesellschafterbeschluss hinsichtlich der Abberufung eines Geschäftsführers wirksam und dem betroffenen Geschäftsführer bekanntgegeben, führt dieser regelmäßig zur sofortigen Beendigung der Organstellung. Das Recht zur Vertretung der Gesellschaft und die Geschäftsführungsbefugnis enden mit der Bekanntgabe der Abberufung. Die Eintragung der Abberufung ins Handelsregister gem. § 39 Abs. 1 GmbHG hat somit nur deklaratorische Wirkung.

Etwas komplizierter ist die Rechtslage bei der Abberufung eines geschäftsführenden Gesellschafters aus wichtigem Grund.

Hier behilft man sich der analogen Anwendung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG. Die Abberufung aus wichtigem Grund ist grundsätzlich wirksam, bis die Unwirksamkeit durch ein rechtskräftiges Urteil im Hauptsacheverfahren festgstellt wird.

Im Falle der Abberufung eines geschäftsführenden Gesellschafters mit einem mindestens hälftigen Anteil am Stammkapital (50%) wird eine analoge Anwendung des § 84 Abs. 3 S. 4 AktG dagegen verneint. Anderenfalls wäre es möglich, dass der eine Gesellschafter die Tätigkeit des anderen beliebig beenden kann (OLG Karlsruhe, Urteil vom 04.05.1999, 8 U 153/97; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.05.2013, 14 U 12/13). In diesem Fall ist die Abberufung aus wichtigem Grund davon abhängig, ob ein wichtiger Grund nach der Beurteilung eines objektiven Betrachters tatsächlich vorliegt.

6. Gerichtliche Überprüfung der Abberufung aus wichtigem Grund

Bei der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen ist folgendes zu beachten: Die Abberufung oder die Kündigung des Anstellungsvertrags eines geschäftsführenden Gesellschafters der GmbH aus wichtigem Grund ist nur wirksam, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung tatsächlich ein wichtiger Grund für die Abberufung vorlag. Im Rechtsstreit hat derjenige das Vorliegen eines wichtiges Grunds darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, Urteil vom 04.04.2017, II ZR 77/16).

Ob bestimmte Umstände als wichtiger Grund für eine Abberufung zu werten sind, hat in erster Linie der Tatrichter zu entscheiden. Die Kontrolle im Rahmen der Revision erstreckt sich allein darauf, ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes richtig erfasst, ob es aufgrund vollständiger Sachverhaltsermittlung geurteilt und ob es in seine Wertung sämtliche Umstände des konkreten Falles einbezogen hat

Im Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Abberufung aus wichtigem Grund kommt es allein auf das tatsächliche Vorliegen des wichtigen Grunds an. Das Gericht darf nicht schon aufgrund der schlüssigen Behauptung von einem wichtigen Grund ausgehen, über dessen Vorliegen die Parteien gerade streiten.

Eine Anfechtungsklage des Mehrheitsgesellschafters gegen seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund kann nicht schon deshalb abgewiesen werden, weil die Stimme des Betroffenen vermeintlich zu Recht nicht gezählt wurde. Denn dann würde das Vorliegen eines wichtigen Grundes gerade nicht geklärt und dem Betroffenen der Rechtsschutz verweigert.

Genauso ist das tatsächliche Vorliegen eines wichtigen Grundes im Falle einer positiven Beschlussfeststellungsklage gegen einen die Abberufung mit den Stimmen des Betroffenen ablehnenden Beschluss von Bedeutung, weil das Gericht das Zustandekommen eines wirksamen Beschlusses nur feststellen kann, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung tatsächlich vorliegt. Für die Kündigung des Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund gilt nichts anderes (BGH, Urteil vom 04.04.2017, II ZR 77/16 m.w.N.).

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