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Gesetzliche Erbfolge ohne Testament oder Erbvertrag

Die erbrechtlichen Bestimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch ordnen im Falle des Todes eines Menschen die gesetzliche Erbfolge an, soweit er/sie keine wirksame Verfügung von Todes wegen in Form eines Testaments oder Erbvertrages errichtet hat. Zu den gesetzlichen Erben gehören die nächsten Verwandten und der Ehegatte. In den meisten Fällen der gesetzlichen Erbfolge bilden die Kinder des Erblassers und der überlebende Ehegatte eine Erbengemeinschaft, wobei die Erbquoten vom Güterstand der Ehegatten und von der Anzahl der Kinder abhängig ist. Wer sein Vermögen vollständig oder in Teilen abweichend von der gesetzlichen Erbfolge vererben will, kann dies nur durch eine Verfügung von Todes wegen in Form eines Testaments oder Erbvertrages tun. Der Vorteil gegenüber der gesetzlichen Erbfolge besteht darin, Rechtsstreitigkeiten zwischen den gesetzlichen Erben zu vermeiden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Verfügung von Todes wegen zweifelsfrei vom Erblasser stammt sowie klare und eindeutige Regelungen enthält. 

Inhalt:

  1. Gesetzliche Erbfolge in Deutschland
  2. Verwandtenerbrecht
  3. Das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge
  4. Gesetzliches Erbrecht der Ehegatten
  5. Nichtehehliche Kinder in der gesetzlichen Erbfolge
  6. Gesetzliches Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners

1. Gesetzliche Erbfolge in Deutschland

Sofern der Erblasser vor seinem Tod keine Verfügung von Todes wegen in Form eines wirksamen Testaments oder eines Erbvertrages errichtet hat, tritt nach den erbrechtlichen Bestimmungen des BGB (§§ 1924 ff BGB) die gesetzliche Erbfolge ein. Grundlage der gesetzlichen Erbfolge ist in erster Linie die

  • Verwandtschaft bzw.
  • Heirat mit dem Erblasser.

Nach dem Willen des Gesetzgebers kann die Verwandtschaft auch durch Adoption begründet werden.

2. Verwandtenerbrecht

Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland ist von den folgenden elementaren Grundsätzen des Verwandtenerbrechts geprägt:

  • Repräsentationssystem und
  • Eintrittsrecht, d.h. gesetzliche Erbfolge nach Stämmen.

Hiernach repräsentieren die dem Erblasser am nächsten stehenden Verwandten (i.d.R. die Kinder) jeweils einen Stamm, wobei diese eine nachfolgende Generation oder die weiter entfernteren Verwandten von der Erbfolge ausschließen.

3. Das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge

Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge wird nach dem Grad der Verwandtschaft zum Erblasser zwischen mehreren Ordnungen unterschieden (§ 1924 BGB). Zu den Erben erster Ordnung gehören die Kinder des Erblassers (Abkömmlinge). Innerhalb der ersten Ordnung wird das Vermögen des Erblassers gleich verteilt, d.h. alle Kinder erben den gleichen Anteil (§ 1924 Abs. 4 BGB).

1. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers.

2. Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.

3. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).

4. Kinder erben zu gleichen Teilen.

Gesetzliche Erben erster Ordnung gem. § 1924 BGB

Ist ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden, schließt dieser nach § 1930 BGB Verwandte einer entfernteren Ordnung von der gesetzlichen Erbfolge aus.

Ein Verwandter ist nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist.

Rangfolge der Ordnungen (§ 1930 BGB)

a) Erben erster Ordnung (§ 1924 BGB)

Zu den Erben erster Ordnung gehören gem. § 1924 Abs. 1 BGB die Abkömmlinge des Erblassers. Diese schließen Erben zweiter Ordnung von der Erbfolge aus.

Beispiel: Witwe Schmidt hinterlässt nach ihrem Tod die drei Kinder Anton, Bertha und Conrad, die im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge alle drei jeweils 1/3 des Vermögens erben.

Ist ein Kind bereits verstorben, tritt die nachfolgende Generation (also die Enkel des Erblassers) an dessen Stelle.

Beispiel: Sohn Anton ist bereits verstorben und hat seinerseits drei Kinder hinterlassen, die an seiner Stelle jeweils 1/3 seines Erbteils erben, also jeweils 1/9 des Vermögens der verstorbenen Großmutter Schmidt.

b) Erben zweiter Ordnung (§ 1925 BGB)

Erben zweiter Ordnung sind gem. § 1925 Abs. 1 BGB die Eltern des Erblassers und wiederrum deren Abkömmlinge, also

  • Vater und Mutter;
  • Geschwister;
  • Neffen und Nichten.

Diese werden am Nachlaß nur dann beteiligt, wenn keine Erben erster Ordnung vorhanden sind. Mit anderen Worten, Erben erster Ordnung schließen Erben zweiter Ordnung von der Erbfolge aus.

gesetzliches-erbrecht-grafik

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in der Theorie der gesetzlichen Erfolge noch Erben dritter Ordnung (§ 1926 BGB), vierter Ordnung (§ 1928 BGB) und einer noch ferneren Ordnung (§ 1929 BGB) geben kann. Diese dürften aber in der Praxis kaum eine Rolle spielen.

4. Gesetzliches Erbrecht der Ehegatten

Neben den Verwandten des Erblassers gehören auch die Ehegatten zu den gesetzlichen Erben (§ 1931 BGB).

Das Ehegattenerbrecht ist in erster Linie und in den meisten Fällen

  • vom Güterstand der Ehegatten und
  • von der Anzahl der Kinder

abhängig.

Beim Güterstand ist unterscheiden zwischen

  • Zugewinngemeinschaft,
  • Gütertrennung und
  • Gütergemeinschaft.

Die gesetzliche Erbquote des Ehegatten beträgt

  • neben Erben erster Ordnung 1/4 und
  • neben Erben zweiter Ordnung 1/2.

1. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil, der nach § 1926 den Abkömmlingen zufallen würde.

2. Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

3. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.

4. Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen; § 1924 Abs. 3 gilt auch in diesem Falle.

Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten gem. § 1931 BGB

Zugewinnausgleich der Ehegatten im Todesfall

Im Falle der Zugewinngemeinschaft erhöht sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten um ein Viertel. Es handelt sich um einen gesetzlich vermuteten Zugewinn, unabhängig davon, wie hoch der erwirtschaftete Zugewinn des verstorbenen Erblassers tatsächlich war (§ 1371 BGB).

Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben.

§ 1371 Abs. 1 BGB

Im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge erbt der überlebende Ehegatte also

  • neben Erben erster Ordnung 1/2 und
  • neben Erben zweiter Ordnung 3/4.

Voraus des Ehegatten

Im Falle der gesetzlichen Erbfolge erhält der überlebende Ehegatte zusätzlich zum gesetzlichen Erbteil den sog. Voraus (§ 1932 BGB).

Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbteil die zum ehelichen Haushalt gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Ist der überlebende Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm diese Gegenstände, soweit er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.

Voraus des Ehegatten gem. § 1932 Abs. 1 BGB

Zum Voraus des Ehegatten gehören die Gegenstände des ehelichen Haushalts und Hochzeitsgeschenke, insbesondere folgende Gegenstände:

  • Möbel und Einrichtungsgegenstände der ehelichen Wohnung;
  • Haushaltsgeräte;
  • Familienauto.

Neben den Erben erster Ordnung ist der Voraus des Ehegatten auf dasjenige beschränkt, was zur Führung eines angemessenen Haushalts erforderlich ist.

Anspruch der Ehegatten auf Dreißigsten

Der Ehegatte hat zusätzlich Anspruch auf den sog. Dreißigsten, wenn der Erblasser Unterhalt gezahlt hat und der überlebende Ehegatte im Haushalt des Erblassers lebte (§ 1969 BGB).

Der Erbe ist verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstand gehören und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten 30 Tagen nach dem Eintritt des Erbfalls in demselben Umfang, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung eine abweichende Anordnung treffen.

Dreißigster gem. § 1969 BGB

5. Nichtehehliche Kinder in der gesetzlichen Erbfolge

Seit 01.04.1998 sind nichteheliche Kinder den ehelichen Kindern des Erblassers völlig gleichgestellt. Sie gehören wie eheliche Kinder zu den gesetzlichen Erben in gleicher Art und Höhe.

6. Gesetzliches Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners

Mit dem Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft vom 16.02.2001 (LPartG) hat der Gesetzgeber in Deutschland erstmals einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der gleichgeschlechtliche Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft weitgehend einer Ehe gleichstellt.

Im Erbrecht besteht ein gesetzliches Erbrecht des eingetragenen Lebenspartners gem. § 10 LPartG:

  • neben Verwandten der 1. Ordnung zu 1/4;
  • neben Verwandten der 2. Ordnung zu 1/2.

Darüber hinaus sind die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments berechtigt (§ 10 Abs. 4 LPartG). Aus § 10 Abs. 6 LPartG ergibt sich ein Pflichtteilsrecht.