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Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten

Die Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (KG) oder GmbH & Co. KG ist in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung gerückt. Wie auch bei geschäftsführenden Gesellschaftern einer GmbH reicht die kapitalmäßige Beteiligung an der Kommanditgesellschaft alleine nicht aus, um eine Sozialversicherungspflicht auszuschließen.

Die Geschäftsführer einer KG oder GmbH & Co. KG sind daher gut beraten, die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Kommanditisten zu überprüfen, falls diese in der Gesellschaft mitarbeiten und eine feste Vergütung für ihre Dienste erhalten. Eine solche rechtliche Beurteilung der Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten ist nicht nur aus Compliance-Gründen notwendig, sondern auch, um mögliche finanzielle Risiken für das Unternehmen abzuwenden.

In den vergangenen Jahren waren auch die Sozialgerichte mit einschlägigen Fällen beschäftigt, die in letzter Instanz das Bundessozialgericht (BSG) zu entscheiden hatte. Wegweisend waren hierbei die Urteile des BSG vom 07.07.2020 bzw. vom 08.07.2020. Eine falsche Beurteilung der Sozialversicherungspflicht mitarbeitender Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft oder GmbH & Co. KG kann fünf- bis sechsstellige Beitragsnachforderungen auslösen, wenn die Deutsche Rentenversicherung rückwirkend die Sozialversicherungspflicht feststellt.

In diesem Artikel werden wir die verschiedenen Aspekte der Sozialversicherungspflicht bei Kommanditisten einer KG und GmbH & Co. KG gründlich beleuchten. Dabei lege ich den Fokus sowohl auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte als auch auf spezielle Fallkonstellationen, um Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu verschaffen.

Inhalt:

  1. Sozialversicherungspflicht in Deutschland
  2. Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung
  3. Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft
  4. Rechtsprechung der Sozialgerichte zu Kommanditisten
  5. Besonderheiten bei Kommanditisten der GmbH & Co. KG
  6. Prüfung der Sozialversicherungspflicht im Einzelfall

1. Sozialversicherungspflicht in Deutschland

In Deutschland sind abhängig beschäftigte Arbeitnehmer generell sozialversicherungspflichtig, während selbständige Unternehmer hiervon ausgenommen sind. Die Abgrenzung ist zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit ist bisweilen komplex und kann in Zweifelsfällen durch ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung geklärt werden. Für die korrekte Einordnung beschäftigter Mitarbeiter sind die Unternehmen selbst verantwortlich, wobei sie bei fehlerhafter Beurteilung in der Regel mit hohen Beitragsnachzahlungen rechnen müssen.

Handelt es sich um einen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer, unterliegt dieser in Deutschland der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht, die sich auf die folgenden Bereiche erstreckt:

  • Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V);
  • Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI);
  • Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB III);
  • Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI);
  • Betriebliche Unfallversicherung.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen die Beiträge für die entsprechenden Versicherungszweige nahezu zu gleichen Teilen. Man spricht von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen. Die Beiträge zur betrieblichen Unfallversicherung sind vom Unternehmen alleine zu tragen. Die Höhe der Beiträge ist von der Höhe des Arbeitsentgelts abhängig, wobei es verschiedene Beitragsbemessungsgrenzen gibt, die sich jährlich ändern.

Stellt die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen einer regelmäßig stattfindenden Betriebsprüfung im Nachhinein eine abhängige Beschäftigung eines vermeintlich selbständigen Mitarbeiters fest, muss das Unternehmen sämtliche Beiträge (§ 28e Abs. 4 SGB IV) nachzahlen. Hieraus können sich enorme finanzielle Nachforderungen ergeben, die sich durch eine Überprüfung der Verhältnisse im Vorfeld vermeiden lassen.

2. Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung

Die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung erfolgt gem. § 7 Abs. 1 SGB IV nach folgenden Grundsätzen:

Eine abhängige Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.

Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Selbständige Unternehmer unterliegen grundsätzlich nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht. Eine Ausnahme bildet die gesetzliche Rentenversicherungspflicht gem. § 2 SGB VI für einzelne Berufsgruppen und Unternehmer mit nur einem Auftraggeber.

Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung. Entscheidend ist, welche Merkmale überwiegen. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist (zunächst) das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung nur insoweit vor, wie eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist.

3. Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten

Die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (KG) oder GmbH & Co. KG ist eine komplexe Angelegenheit, die in den letzten Jahren zunehmend auch die Sozialgerichte beschäftigt hat. Eine sorgfältige Überprüfung aller relevanten Faktoren ist vor bei einem mitarbeitenden Kommanditisten mit fester Vergütung erforderlich.

Bei vielen Kommanditisten besteht nach wie vor die Überzeugung, dass sie mit dem Thema der Sozialversicherungspflicht nichts zu tun hätten, da sie doch als Mitunternehmer selbständig tätig sind und Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Dies ist allerdings ein fataler Irrtum, da im Sozialversicherungsrecht andere Grundsätze gelten als im Steuerrecht.

Wie beim geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH ist die kapitalmäßige Beteiligung der Kommanditisten an der Kommanditgesellschaft alleine nicht ausreichend, um von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Tatsächlich ist wohl bei den meisten Kommanditisten einer KG mit fester Vergütung für ihre Mitarbeit eine Sozialversicherungspflicht zu bejahen.

Die Einordnung der Tätigkeit des Kommanditisten im jeweiligen Einzelfall ist immer nach den vertraglichen Verhältnissen vorzunehmen, wobei die Mitarbeit im Unternehmen und die Vergütung in vielen Fällen nur auf Basis des Gesellschaftsvertrages erfolgt.

Kompliziert ist die Rechtslage bei hälftig beteiligten Kommanditisten (50%) und bei denen, deren kapitalmäßige Beteiligung zwar unter 50% liegt, die aber über eine umfassende Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung oder über vergleichbare Sonderrechte verfügen. Hier kommt es im Einzelfall darauf an, ob der Kommanditist auf Basis des Gesellschaftsvertrages zur Geschäftsführung berechtigt ist oder nicht.

3.1. Fallgruppen der Kommanditisten

Folgende Fallgruppen sind bei Kommanditisten zu unterscheiden:

Ein Kommanditist mit einer Beteiligung an der KG oder GmbH & Co. KG über 50 % verfügt regelmäßig über die Rechtsmacht, die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung maßgeblich nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen. Im Ergebnis ist er einem selbständigen Unternehmer gleichzustellen und eine Sozialversicherungspflicht zu verneinen.

Ein Kommanditist mit einer Beteiligung unter 50% ist auf Basis der vertraglichen Verhältnisse grundsätzlich nicht in der Lage, maßgeblichen Einfluss auf den Inhalt der Gesellschafterbeschlüsse zu nehmen. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte ist er daher mit einem abhängig beschäftigten Mitarbeiter der Gesellschaft gleichzustellen. Eine feste Vergütung seiner Mitarbeit im Unternehmen unterliegt generell der Sozialversicherungspflicht.

Während ein hälftig beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH aufgrund seiner Sperrminorität wie ein selbständiger Unternehmer zu behandeln ist, sind bei Kommanditisten einige Besonderheiten zu beachten, die sich aus den gesetzlichen Regelungen in den §§ 161 i.V.m. 125 HGB ergeben. Hiernach ist grundsätzlich nur der Komplementär zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die Kommanditisten sind dagegen von der Geschäftsführung grundsätzlich ausgeschlossen (§ 170 HGB). Hälftig beteiligte Kommanditisten einer KG können daher nicht ohne Weiteres mit dem geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH gleichgestellt werden, da bei Ihnen das Recht zur Geschäftsführung prinzipiell nicht gegeben ist.

3.2. Der echte Gewinnanteil des Kommanditisten

Die gesetzlichen Bestimmungen sind bei der Kommanditgesellschaft jedoch gegenüber den Regelungen im Gesellschaftsvertrag subsidiär. Die Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht eröffnet den Gesellschaftern die Möglichkeit, den Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft in allen denkbaren Varianten zu gestalten, die auch zu einer Verschiebung der Geschäftsführungsbefugnisse führen können.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Mitarbeit eines Kommanditisten auch ausschließlich erfolgsabhängig über die Gewinnverteilung vergütet werden kann. Handelt es sich bei der Vergütung des Kommanditisten um einen echten Gewinnanteil, fehlt es an dem typischen Arbeitsentgelt, das eine Beitragspflicht auslöst. Hierfür ist im Gesellschaftsvertrag jedoch deutlich zu vereinbaren, dass der Kommanditist vorab ausgezahlte Gewinnanteile wieder an die Gesellschaft ganz oder teilweise zurückzahlen muss, wenn sich nach Erstellung des Jahresabschlusses eine Überzahlung ergibt. Eine Verpflichtung zur (Teil-)Rückzahlung der Vergütung bei fehlendem oder zu niedrigem Gewinn könnte eine wichtige Hilfe zur Unterscheidung zwischen Tätigkeitsvergütung und Gewinnverteilung sein.

4. Rechtsprechung der Sozialgerichte zu Kommanditisten

Für die Kommanditisten einer KG oder GmbH & Co. KG gelten zunächst die gleichen Grundsätze wie beim geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH, die seit Änderung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Jahre 2012 Anwendung finden. Alleine die kapitalmäßige Beteiligung der Kommanditisten an der Kommanditgesellschaft ist daher nicht mehr ausreichend, um von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

Und mit dem Urteil vom 29.7.2015 (B 12 KR 23/13 R) hat das BSG auch jegliche familiäre Gesichtspunkte bei der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht endgültig aufgegeben. Eine Abhängigkeit der Sozialversicherungspflicht von rein faktischen und jederzeit änderbaren Verhältnissen ist mit den Anforderungen des Sozialversicherungsrechts nicht zu vereinbaren. Es müssen die gesetzlichen und vertraglichen Rahmenbedingungen auch bei Familiengesellschaften Vorrang haben. Die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht ist daher ausschließlich anhand der individuellen Rechtsmacht zur Einflussnahme auf den Inhalt der Gesellschafterbeschlüsse vorzunehmen. Diese Prüfung erfolgt anhand des Gesellschaftsvertrages.

5. Besonderheiten bei Kommanditisten der GmbH & Co. KG

Bei der GmbH & Co. KG sind einige Besonderheiten zu beachten, die sich auch aus den verschiedenen Varianten der GmbH & Co. KG ergeben. Diesbezüglich verweise ich auf meinen Artikel zur Sozialversicherungspflicht mittelbar beteiligter Geschäftsführer, den ich anlässlich der Urteile des BSG vom 07.07.2020 und 08.07.2020 geschrieben habe.

6. Prüfung der Sozialversicherungspflicht im Einzelfall

Eine Prüfung der Sozialversicherungspflicht eines Kommanditisten in Verbindung mit einer Gestaltungsberatung zur Risikominimierung ist gut investiertes Geld. Im Vergleich zu den potenziellen Nachforderungen seitens der Sozialversicherungsträger bei Feststellung einer Sozialversicherungspflicht erscheinen die Beratungskosten marginal.

Für eine umfassende rechtliche Bewertung der Sozialversicherungspflicht der Kommanditisten genügt eine eingehende Analyse folgender Dokumente und Verträge durch einen spezialisierten Rechtsanwalt:

  • Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft;
  • Aktuelle Gesellschafterliste;
  • Anstellungsvertrag mit den Kommanditisten;
  • Bei einer GmbH & Co. KG zusätzlich die Satzung der Komplementär-GmbH und die dazugehörige, aktuelle Gesellschafterliste.

Sollten Sie in bestimmten rechtlichen Fragestellungen Unterstützung benötigen, können Sie über das bereitgestellte Kontaktformular mit mir in Verbindung treten. Hierbei kann es sich beispielsweise um folgende Bereiche handeln:

  • Juristische Beratung zum Gesellschaftsvertrag bei Gründung einer Kommanditgesellschaft oder GmbH & Co. KG;
  • Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Kommanditisten bei einer bereits bestehenden Gesellschaft.

In den meisten Fällen lässt sich der sozialversicherungsrechtliche Status eines Kommanditisten oder eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Komplementär-GmbH innerhalb von ein bis zwei Stunden klären. Im Anschluss daran entwickle ich für Sie maßgeschneiderte Strategien und Handlungsempfehlungen, um eine eventuell bestehende Sozialversicherungspflicht rechtssicher zu beenden.

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