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Selbständig als Freiberufler in Deutschland

Wer sich in Deutschland als Freiberufler selbständig macht, genießt eine Menge Vorteile gegenüber dem Gewerbebetrieb, muss aber auch einige Besonderheiten beachten. Sehr häufig betreffen die typischen Fragen die Finanzierung der Existenzgründung, die Vermeidung einer Scheinselbständigkeit und die typischen Formalitäten zu Beginn der selbständigen Tätigkeit.

Die Zahl der vollwertigen Existenzgründung haben in Deutschland in den letzten Jahren immer weiter abgenommen, während der Anteil der Freiberufler stetig gestiegen ist. Dies lässt darauf schließen, dass eine selbständige Tätigkeit in den freien Berufen nach wie vor sehr beliebt ist.

Eine Existenzgründung als Freiberufler ist nur in den Katalogberufen gem. § 18 Abs. 1 EStG und in den anerkannten ähnlichen Berufen möglich. Eine abschließende Aufzählung aller freien Berufe gibt es allerdings nicht, da der Katalog der anerkannten ähnlichen Berufe immer wieder erweitert wird. Davon abzugrenzen sind die Tätigkeiten, die nicht als freie Berufe anerkannt sind und daher den gewerblichen Tätigkeiten zuzuordnen sind.

Inhalt:

  1. Definition und allgemeine Grundsätze
  2. Vorteile und Besonderheiten für Freiberufler
  3. Finanzierung der Existenzgründung als Freiberufler
  4. Freier Mitarbeiter oder scheinselbständig
  5. Grundsätze der Berufsausübung
  6. Wichtige Versicherungen für Freiberufler
  7. Katalogberufe gem. § 18 Abs. 1 EStG
  8. Heilberufe
  9. Rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe
  10. Technische und naturwissenschaftliche Berufe
  11. Künstlerische, publizistische und pädagogische Berufe
  12. Anerkannte „ähnliche Berufe“
  13. Nicht als freie Berufe anerkannte Tätigkeiten

1. Wer ist Freiberufler: Definition und allgemeine Grundsätze

Abgesehen von der Liste der ausdrücklich genannten Katalogberufe in § 18 Abs. 1 EStG gibt es bis heute keine abschließende Aufzählung aller freien Berufe. Deshalb stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob die beabsichtigte Tätigkeit in der Zukunft tatsächlich unter die freien Berufe fällt.

Es gibt keine gesetzlich definierten Regeln, um die freien Berufe von gewerblichen Tätigkeiten zu unterscheiden. Der Begriff Freiberufler ist nach Auffassung des BVerfG soziologischer Natur, nicht eindeutig abgrenzbar und unterliegt einem stetigen Wandel. Es ist daher nicht zu erwarten, dass es irgendwann eine abschließende Aufzählung aller freien Berufe geben wird. 

Hilfreich für die Abgrenzung ist die Definition der freien Berufe, die der Gesetzgeber in § 1 Abs. 2 des PartnerschaftsG aufgenommen hat:

Die freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.

§ 1 Abs. 2 PartnerschaftsG

Vor der tatsächlichen Existenzgründung als Freiberufler lautet daher die wichtigste Frage: „Wer ist Freiberufler? Ist meine beabsichtigte Tätigkeit freiberuflich oder gewerblich?“

Die Antwort ist wesentlich für viele weitere Fragen im Verlauf der Existenzgründung in Deutschland und bedarf daher einer sorgfältigen Analyse, sofern es sich nicht um einen der klassischen Katalogberufe gem. § 18 EStG oder einen der anerkannten ähnlichenen Berufe handelt. Primär handelt es sich auch um eine steuerrechtliche Entscheidung.

2. Vorteile und Besonderheiten für Freiberufler

Für Freiberufler ergeben sich im Falle der Existenzgründung in Deutschland einige Vorteile und Besonderheiten, die in der nachfolgenden Übersicht stichwortartig zusammengefasst werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Besondere Berufszulassung erforderlich;
  • Pflichtmitgliedschaft in Berufskammern;
  • Besondere Berufspflichten;
  • Gewerbesteuerfreiheit;
  • Vereinfachte Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG;
  • Vereinfachte Buchführung;
  • Ermäßigte Umsatzsteuer für einzelne Berufe;
  • Pauschalbeträge für Betriebsausgaben;
  • Möglichkeit zur Zusammenarbeit in einer Partnerschaftsgesellschaft (Partnerschaft);
  • Sonderformen der Alterssicherung durch Versorgungswerke;
  • Rentenversicherungspficht.

Eine wichtige Besonderheit betrifft die Anmeldung des Beginns der selbständigen Tätigkeit beim zuständigen Finanzamt.

3. Finanzierung der Existenzgründung als Freiberufler

Erfolgt die Existenzgründung als Freiberufler aus der Arbeitslosigkeit, kann das Arbeitsamt eine finanzielle Förderung mit dem Gründungszuschuss gem. § 57 SGB III gewähren.

Seit 2006 erfolgt die Förderung der Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit mit dem Gründungszuschuss gem. § 57 SGB III. In den letzten Jahren war in Deutschland ein Rückgang vollwertiger Existenzgründungen zu beobachten, aber die Anzahl der Gründer aus der Arbeitslosigkeit hat dennoch zugenommen, insbesondere der Anteil der Freiberufler an den vollwertigen Existenzgründungen ist gestiegen.

4. Freier Mitarbeiter oder scheinselbständig

Selbständigkeit ist ein Oberbegriff mit den Untergruppen „Gewerbebetrieb“ und „Freiberufler“. Die Prüfung der Selbständigkeit ist daher sowohl für Freiberufler als auch für gewerbliche Einzelunternehmer relevant. Beide Gruppen müssen darauf achten, dass sie als freie Mitarbeiter in einem Unternehmen tatsächlich die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit erfüllen, um eine Scheinselbständigkeit zu vermeiden.

Eine selbständige Tätigkeit zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Eigenverantwortlichkeit;
  • Nachhaltigkeit;
  • Teilnahme am Markt;
  • Gewinnerzielungsabsicht.

In diesem Sinne ist eine selbständige Tätigkeit von einer Gewinnabsicht getragen und auf ständige Wiederholung ausgerichtet. Ferner muss sich die selbständige Tätigkeit in Form einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nach außen zeigen. Dies ist dann der Fall, wenn der selbständige Unternehmer sein Leistungsangebot am Markt gegen Entgelt und für Dritte erkennbar anbietet. Im Rahmen der Gewinnerzielungsabsicht geht es um die Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der reinen Liebhaberei, die nicht auf die Erzielung eines Einnahmenüberschusses gerichtet ist.

Gerade bei Freiberuflern besteht das Risiko, daß diese als freie Mitarbeiter in einem Unternehmen nur vermeintlich selbständig tätig sind und stattdessen eine Scheinselbständigkeit zu bejahen ist. Daher müssen vor allem freie Mitarbeiter darauf achten, dass sie auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung agieren, ein wirtschaftliches Risiko ihrer Tätigkeit tragen und nicht in die Arbeitsorganisation eines anderen Unternehmens eingegliedert sind.

Im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung schuldet man dagegen seine Arbeitskraft einem Dienstherrn, ist an dessen Weisungen gebunden und meist in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert (§ 1 Abs. 2 LStDV).

Ob jemand wirklich selbständig tätig oder abhängig beschäftigt ist, sei es als Freiberufler oder als gewerblicher Einzelunternehmer, lässt sich anhand einer Checkliste nur mit einiger Erfahrung beurteilen. Bleiben Zweifel, ist eine rechtliche Beratung durch einen Rechtsanwalt empfehlenswert.

Lassen sich diese Abgrenzungsmerkmale nicht eindeutig und klar bejahen, wird das Thema der Scheinselbständigkeit aktuell.

5. Grundsätze der Berufsausübung

Berufstypische und gesetzlich normierte Grundsätze der Berufsausübung prägen die Tätigkeiten der Freiberufler. Je nach Art des Berufsbildes haben diese ihre Besonderheiten und sind in besonderen gesetzlichen Regelungen normiert und definiert. Allen Freiberuflern ist gemeinsam, dass sie ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich und gewissenhaft auszuüben haben. In der Regel werden Freiberufler auch zu besonderer Verschwiegenheit verpflichtet.

Der Grundsatz der Unabhängigkeit im Verhältnis zwischen Freiberufler und Kunde, Patient oder Mandant verpflichtet den Freiberufler dazu, dass er sich stets die Freiheit erhält, das Verlangen nach ungesetzlichem oder berufswidrigem Verhalten abzulehnen. Ferner hat sich ein Freiberufler stets seine Unabhängigkeit auch gegenüber seinen eigenen Mitarbeitern zu bewahren, insbesondere keine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen Freiberufler und Mitarbeiter zuzulassen. Unabhängigkeit setzt stets geordnete wirtschaftliche Verhältnisse voraus. Insbesondere beratende Freiberufler (Rechtsanwalt, Steuerberater) haben im Sinne der Unabhängigkeit darauf zu achten, dass sich durch ein Beratungsverhältnis zu Mandanten keine Gefahr der Interessenkollision ergibt.

Freiberufler über ihre berufliche Tätigkeit stets eigenverantwortlich aus und übernehmen demzufolge die volle Verantwortung für alle beruflichen Handlungen. Der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit beinhaltet, dass sich der Freiberufler stets sein eigenes Urteil bildet und daraus seine Konsequenzen zieht. Mitarbeiter und Hilfskräfte sind mit besonderer Sorgfalt auszuwählen und in ihrer Tätigkeit zu überwachen. Der Freiberufler trägt daher stets die Verantwortung dafür, was in seinem Praxisumfeld geschieht.

Freiberufler sind stets zur gewissenhaften Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten verpflichtet. In erster Linie geht es hierbei darum, wie der Freiberufler seine Tätigkeit erbringt. Hierzu gehört zunächst die sorgfältige Wahrung der Interessen bzw. der Gesundheit des Auftraggebers im Rahmen des Auftrages. Ferner gehört hierzu, dass der Freiberufler stets die gesetzlichen und berufsrechtlichen Vorschriften und Standesregeln beachtet. Der Grundsatz der Gewissenhaftigkeit findet seine Ausprägung in der Verpflichtung zu zuverlässiger, gründlicher und pünktlicher Berufsausübung. Ferner gehört hier auch eine sorgfältige Organisation der Kanzlei oder der Praxis dazu.

Grundsätzlich ergibt sich die Pflicht des Freiberufler zur Verschwiegenheit schon aus dem Auftrag des Kunden, Patienten oder Mandanten. Diese Pflicht zur Verschwiegenheit wird auch durch ein besonderes Auskunftsverweigerungsrecht bzw. Zeugnisverweigerungsrecht gestärkt. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Verschwiegenheit ist in der Regel durch das Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt.

6. Wichtige Versicherungen für Freiberufler

Zu den wichtigsten Versicherungen für Freiberufler gehören neben der Kranken- und Pflegeversicherung eine Berufshaftpflichtversicherung, die insbesondere in den beratenden Berufen durch eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung zu ergänzen ist. Darüber hinaus ist in vielen Fällen eine Berufsunfähigkeitsversicherung und eine freiwillige Arbeitslosenversicherung empfehlenswert.

7. Katalogberufe

In § 18 Abs. 1 EStG befindet sich eine steuerrechtliche Aufzählung sog. Katalogberufe, welche aber die Zahl der freien Berufe nicht abschließend aufzählt, sondern durch den Verweis auf ähnliche Berufe eine offene Natur hat.

Mit einem Blick in die gesetzliche Regelung stellt man fest, dass die Katalogberufe wie folgt in mehrere Gruppen eingeteilt sind:

Es gelten folgende Anforderungen, damit eine nicht kategorisierte Tätigkeit als freier Beruf anerkannt wird. Der ähnliche Beruf muss den Katalogberufen in allen wesentlichen Punkten entsprechen, d. h. er muss die Wesensmerkmale eines konkreten Katalogberufs zumindest nahezu vollständig enthalten.

Dazu gehören insbesondere folgende Merkmale:

  • leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit auf Grund eigener Fachkenntnisse;
  • eigene Erbringung berufstypischer Leistungen in ausreichenden Umfang;
  • vergleichbare Ausbildung oder eine für die Ausübung vergleichbare amtliche Erlaubnis.

Sind die genannten Kriterien bei der entsprechenden Tätigkeit nicht erfüllt, liegt in der Regel eine gewerbliche Tätigkeit vor.

8. Heilberufe

Zu den freien Heilberufen gehören folgende Berufe: Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme, Heilmasseur, Diplom- Psychologe, Psychotherapeut, Krankenpfleger, Logopäde, Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut, Ergotherapeut.

9. Rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe

Zu den freien rechtsberatenden, steuerberatenden und wirtschaftsberatenden Berufen gehören folgende Berufe: Rechtsanwalt, Rechtsbeistand, Notar, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Unternehmensberater, Wirtschaftsberater, Werbeberater, Verkaufsförderer und –trainer, EDV-Berater, Marktforscher.

10. Technische und naturwissenschaftliche Berufe

Zu den freien technischen und naturwissenschaftlichen Berufen gehören folgende Berufe: Architekt, Beratende Ingenieure, Erfinder, Technischer Sachverständiger, Handelschemiker, Lotse, Umweltgutachter, Vermessungsingenieur, Markscheider, Baustatiker, Kfz- Sachverständiger, Gartenarchitekt.

11. Künstlerische, publizistische und pädagogische Berufe

Zu den freien künstlerischen, publizistischen und pädagogischen Berufen gehören folgende Berufe: Schriftsteller, Journalist, Bildberichterstatter, Bildhauer, Dolmetscher, Übersetzer, Lehrer, Erzieher und Pädagogen, Fahrlehrer, Musiker, Bildende Künstler, Desginer, Illustrator, Kameramann, Layouter, Modeschöpfer, Synchronsprecher, Tontechniker, Drehbuchautor, Visagist, Werbefotograf, Zauberer.

Im Übrigen werden von der Finanzverwaltung ohne weitere Nachprüfung Tätigkeiten im Bereich der bildenden Künste anerkannt, wenn der Künstler eine abgeschlossene Ausbildung an einer Kunsthochschule, einer Akademie für bildende Künste, einer Werkschule oder einer Werkkunstschule nachweisen kann.

12. Anerkannte „ähnliche Berufe“

Zu den anerkannten ähnlichen Berufen gehören z.B. folgende Berufe: Altenpfleger, Audio-Psycho-Phonologe, Auslandsgeschäftsberater, Bildberichterstatter, Geburtsvorbereiterin, Podologe, Medizinische Fußpfleger oder Software-Entwickler.

13. Nicht als freie Berufe anerkannte Tätigkeiten

Folgende Tätigkeiten sind nicht als freie Berufe im Sinne des § 18 Abs. 1 EStG anerkannt und gelten daher als gewerbliche Tätigkeiten.

a) Zu den gewerblichen Tätigkeiten im medizinischen Bereich gehören folgende Berufe: Fußpfleger, Fußreflexzonenmasseur, Heileurythmisten, Hypnosetherapeut, Krankenschwester (mit hauswirtschaftlicher Betreuung), Sprachheilpädagogin.

b) Zu den gewerblichen Tätigkeiten im beratenden Bereich gehören folgende Berufe: Anlageberater, PR-Berater, Versicherungsberater, Zollberater, Planungsberater, Projektmanager, Stundenbuchhalterin, Personalberater.

c) Gewerbliche Tätigkeiten im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich umfassen folgende Berufe: Bauleiter, Elektro-Anlagenplaner, Konstrukteuer, Schiffsachverständiger, Datenschutzbeauftragter.

d) Zu den gewerblichen Tätigkeiten im künstlerischen, publizistischen und pädagogischen Bereich gehören folgende Berufe: Büttenredner, Filmhersteller, Fotograf, Fotomodell, Klavierstimmer, Kunsthandwerker, Kunstrestaurator, Orgelbaumeister, Schauspieler.

e) Die Liste der sonstigen gewerblichen Tätigkeiten ist offen und betrifft beispielhaft folgende Berufe: Erziehungs- und Familienhelfer, Pilot, Stuntman und Stuntfrau.