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Vorgeschichte zur Gründung der Turkish Petroleum Company

Die Vorgeschichte zur Gründung der Turkish Petroleum Company (TPC) beginnt im frühen 20. Jahrhundert und markiert die Endphase des Osmanischen Reichs. Sie ist geprägt von bedeutenden historischen Ereignissen und langjährigen Verhandlungen zwischen den Großmächten des Deutschen Kaiserreichs unter Kaiser Wilhelm II. und Großbritannien, die um den Zugang zu den reichen Ölvorkommen im heutigen Irak konkurrierten.

Der Ausgangspunkt dieser spannenden Geschichte ist die Erteilung einer Konzession an die Deutsche Bank als Teil eines ehrgeizigen Projekts zur Finanzierung und zum Bau einer Bahnstrecke von Istanbul (damals noch Konstantinopel) nach Bagdad, der heutigen Hauptstadt des Iraks. Diese Bahnverbindung, bekannt als Bagdadbahn, sollte nicht nur den Transport von Gütern und Menschen erleichtern, sondern auch den strategischen Zugang zu den wertvollen Rohstoffvorkommen der Region sichern.

Ein Bericht des britischen Geschäftsmanns C. Gulbenkian über vielversprechende Ölvorkommen im heutigen Irak (damals Mesopotamien und Teil des Osmanischen Reichs) intensivierte auch das Interesse Großbritanniens an der Region. Trotz intensiver Verhandlungen mit dem Sultan konnte jedoch weder Kaiser Wilhelm II. noch Großbritannien eine umfassende Ölkonzession erringen. Letztendlich war es die Jungtürkische Revolution, die den entscheidenden Durchbruch brachte und zur Gründung der National Bank of Turkey und der Turkish Petroleum Company führte, die dann eine zentrale Rolle in der Entwicklung der globalen Ölindustrie spielte.

Inhalt:

  1. Die Konzession der Deutschen Bank AG
  2. Gulbenkian berichtet über Ölvorkommen im heutigen Irak
  3. Deutsche Bank AG verliert Konzession
  4. Deutsche Anatolische Eisenbahn-Gesellschaft
  5. William Knox D’Arcy verhandelt mit Sultan über Ölkonzession
  6. Zwei Großmächte streiten um Ölkonzession im heutigen Irak
  7. Jungtürkische Revolution
  8. Gründung der National Bank of Turkey
  9. Gründung der Turkish Petroleum Company
  10. Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914
  11. Konfiszierung des Anteils der Deutschen Bank AG
  12. San-Remo-Abkommen im April 1920

1. Die Konzession der Deutschen Bank AG

Die Vorgeschichte zur Gründung der Turkish Petroleum Company (TPC) beginnt um das Jahr 1890. Zu diesem Zeitpunkt erhielt die Deutsche Bank AG von Regierungsvertretern des Sultans Abdul Hamid erstmals eine Konzession, die im Zusammenhang mit der Finanzierung und dem Bau der Eisenbahnstrecke von Konya nach Bagdad stand. Diese Konzession umfasste auch Bergbaurechte, die sich auf beiden Seiten der geplanten Eisenbahnstrecke in einer Breite von 20 Kilometern erstreckten.

Die sogenannte Bagdadbahn war von großer Bedeutung für die geopolitischen Interessen und die Wirtschaft des Deutschen Kaiserreichs. Das Projekt sollte das Wahrzeichen einer strategischen Partnerschaft zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich werden. Es sollte nicht nur den Transport von Menschen und Gütern erleichtern, sondern auch den Zugang zu den reichen Rohstoffvorkommen im heutigen Irak ermöglichen.

2. Gulbenkian berichtet über Ölvorkommen im heutigen Irak

Allerdings wurden die geschäftlichen Interessen der Deutschen Bank AG durch einen Bericht von C. S. Gulbenkian, einem Ölunternehmer aus Armenien, über Ölvorkommen im damaligen Mesopotamien (heutiger Irak) gestört. Gulbenkians Bericht erregte vor allem die Aufmerksamkeit des Sultans, der die wirtschaftliche und strategische Bedeutung der Ölvorkommen neu bewertete. Die Aussicht auf Ölvorkommen veranlasste ihn 1904 sogar dazu, das Eigentum an den aussichtsreichsten Landflächen auf die sogenannte Liste Civile zu übertragen, was im Wesentlichen einer Übertragung ins Privatvermögen des Sultans entsprach.

3. Deutsche Bank AG verliert Konzession

Diese Eigentumsverlagerung hatte erhebliche Auswirkungen auf die Konzession der Deutschen Bank AG, da diese ursprünglich von der Regierung des Sultans gewährt worden war. Allerdings hatte diese nun keinen Einfluss mehr auf das Land, das sich jetzt im Privatvermögen des Sultans befand. Trotz dieser Hindernisse gelang es der deutschen Seite, die Regierungsvertreter des Sultans davon zu überzeugen, dass die Bergbaurechte ein wesentliches Element für die Finanzierung und den Bau der Eisenbahnstrecke waren. Immerhin versicherte die Regierung in einem Brief, dass die Deutsche Bank AG bei der Verteilung der Bergbaurechte eine bevorzugte Behandlung erhält. Dies war zwar weder eine vertragliche Vereinbarung noch eine vollständige Lösung für die Probleme infolge der Eigentumsverlagerung. Zumindest bestand aber die begründete Hoffnung, dass die Bergbaurechte entlang der Bahnstrecke nicht vollständig an andere Parteien vergeben werden.

4. Deutsche Anatolische Eisenbahn-Gesellschaft

Nachdem sich Kaiser Wilhelm II. persönlich in Konstantinopel in die Verhandlungen mit dem Sultan eingeschaltet hatte, erhielt die deutsche Anatolische Eisenbahn-Gesellschaft im Jahr 1904 eine Konzession. Dieses Mal war es eine Konzession von den Ministern der Liste Civile, die erneut die Bergbaurechte auf beiden Seiten der geplanten Bahnstrecke beinhaltete. Allerdings sollte die Konzession gemäß einer Klausel in dem Vertrag ungültig werden, wenn bestimmte Entwicklungsarbeiten nicht innerhalb eines festgelegten Zeitraums durchgeführt würden.

5. William Knox D’Arcy verhandelt mit Sultan über Ölkonzession

Etwa zur gleichen Zeit hatten auch Vertreter des britischen Unternehmers William Knox D’Arcy mit dem Sultan über eine Konzession im heutigen Irak verhandelt. Nachdem D’Arcy im Jahr 1901 eine 60-jährige Ölkonzession vom Persischen Schah erhalten hatte, war er bestrebt, seine Suche nach Öl auf das Gebiet des Osmanischen Reichs auszudehnen. Mehr als ein formloses Versprechen konnte D’Arcy dem Sultan jedoch nicht entlocken. Die nachhaltigen Bemühungen von D’Arcy um eine Ölkonzession waren für den Sultan jedoch ausreichend, den Vertrag mit der deutschen Anatolischen Eisenbahn-Gesellschaft wieder aufzuheben.

6. Zwei Großmächte streiten um Ölkonzession im heutigen Irak

In den Jahren 1904 bis 1912 folgten von beiden Seiten viele Versuche, dem Sultan eine Konzession abzuringen. William Knox D’Arcy hatte im Jahr 1908 alle seinen Ölkonzessionen auf die Anglo-Persian Oil Company übertragen.

7. Jungtürkische Revolution

Im Frühjahr 1909 fegte die Jungtürkische Revolution Sultan Abdul Hamid II. aus der Macht und leitete eine neue Ära politischer Reformen und der Modernisierung im Osmanischen Reich ein. Die neue Regierung der Jungtürken war pro-britisch eingestellt und suchte aktiv nach Wegen, britisches Kapital anzuziehen, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranzutreiben. Hierbei spielte wieder der einflussreiche Unternehmer Calouste Gulbenkian eine entscheidende Rolle, indem er als Vermittler und Berater der neuen Regierung fungierte.

8. Gründung der National Bank of Turkey

Um britische Investitionen in der Türkei zu fördern und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Osmanischen Reich und Großbritannien zu stärken, wurde auf Anraten von Gulbenkian im Jahr 1909 die National Bank of Turkey (NBT) gegründet. Obwohl die NBT offiziell als türkische Institution firmierte, handelte es sich tatsächlich um eine Geschäftsbank, deren Kapital offiziell größtenteils von folgenden prominenten britischen Finanziers und Geschäftsleuten stammte:

  • Sir Ernest Cassel: ein bedeutender britischer Financier und enger Freund von König Edward VII., der bereits umfangreiche Investitionen im Nahen Osten und in der Türkei getätigt hatte.
  • Lord Revelstoke: ein prominenter britischer Bankier und Partner bei Baring Brothers & Co., einer der führenden Investmentbanken der damaligen Zeit.
  • Sir Alexander Henderson: ein einflussreicher britischer Geschäftsmann und Politiker, der in zahlreichen internationalen Geschäftsprojekten involviert war.

Es ist jedoch zu vermuten, dass die offiziellen Anteilseigner nur als Treuhänder für größere Interessengruppen und die wahren Anteilseigner agierten, die umfassende strategische wirtschaftliche und geopolitische Interessen im Nahen Osten verfolgten. Deren Beteiligung an der NBT war Teil eines größeren Plans, die Präsenz und den Einfluss Großbritanniens im Osmanischen Reich zu stärken, insbesondere im Hinblick auf die wertvollen Ölreserven in der Region.

Ein zentraler Schritt in dieser Strategie war die Gründung der Turkish Petroleum Company (TPC), bei der erneut Calouste Gulbenkian und die National Bank of Turkey die Schlüsselrollen spielten. Die Jungtürkische Regierung unterstützte diese Initiativen, da sie hoffte, auf diese Weise dringend notwendiges ausländisches Kapital und Expertise zur wirtschaftlichen Modernisierung des Landes anzuziehen.

9. Gründung der Turkish Petroleum Company

Calouste Gulbenkian wurde zum Direktor der National Bank of Turkey und ernannt und in den Exekutivausschuss einberufen. Seine Stimme hatte somit hohes Gewicht bei den anstehenden Entscheidungen. Offenbar war er davon überzeugt, dass eine zufriedenstellende Lösung hinsichtlich der konkurrierenden Ansprüche zweier Großmächte nur durch eine einvernehmliche Vereinbarung erreicht werden konnte. Dementsprechend verhandelte er im Namen und in Vertretung der National Bank of Turkey eine Vereinbarung mit der Deutschen Bank AG zur Gründung der Turkish Petroleum Company, an der neben der National Bank of Turkey als Hauptanteilseigner die Deutsche Bank AG sowie die Anglo-Saxon Petroleum Company mit 25% beteiligt wird.

So entstand am 31. Januar 1911 zunächst die African and Eastern Concessions Limited, die am 23. Oktober 1912 in Turkish Petroleum Company (TPC) umbenannt wurde. Die Anteile verteilten sich wie folgt: 50% für die National Bank of Turkey, 25% für die Deutsche Bank AG und 25% für die Anglo-Saxon Petroleum Company (eine Tochtergesellschaft von Royal Dutch-Shell). Ein zentrales Element der vertraglichen Vereinbarungen war die Verpflichtung der beteiligten Parteien, nicht mit der TPC um andere Ölkonzessionen zu konkurrieren und keine Konzessionen unabhängig von der Gesellschaft zu halten.

Durch diese Strukturierung der TPC wurde sichergestellt, dass sowohl die Interessen der britischen als auch der deutschen Seite berücksichtigt wurden. Mit der Beteiligung der Anglo-Saxon Petroleum Company (Tochter der Royal Dutch-Shell) sollten zusätzlich internationale Expertise im Ölgeschäft und finanzielle Ressourcen eingebracht werden, was die Position der TPC weiter stärkte. Gulbenkians strategisches Geschick und seine Fähigkeit, zwischen den konkurrierenden Großmächten zu vermitteln, waren entscheidend für die erfolgreiche Gründung der TPC.

10. Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914

Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 unterzeichneten Vertreter der britischen und der deutschen Regierung am 19. März 1914 ein Abkommen, durch das die Übertragung der Anteile der National Bank of Turkey an die Anglo-Persian Oil Company (APOC) geregelt wurde. Diese Vereinbarung zielte darauf ab, die wirtschaftlichen Interessen beider Länder zu stabilisieren und zu koordinieren.

Zudem erwarb die britische Regierung im Mai 1914 die Mehrheit an der Anglo-Persian Oil Company (APOC), was als strategischer Schritt zur Sicherung der britischen Ölversorgung und militärischen Macht angesehen wurde. In diesem Zusammenhang reklamierte die britische Regierung für sich auch das Recht, zwei Direktoren in die APOC zu entsenden und dadurch aktiv in die Geschäfte des Unternehmens einzugreifen. Dieser Schritt wurde jedoch als Verstoß gegen die ursprünglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Gründung der TPC diskutiert, da sich die Einflussmöglichkeiten innerhalb der TPC zugunsten Großbritanniens verschob. Die von der britischen Regierung entsandten Direktoren sollten zwar keinen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung der TPC haben, aber ihre Präsenz ermöglichte es jedoch, strategische Entscheidungen innerhalb der TPC durch ein Veto zu blockieren.

11. Konfiszierung des Anteils der Deutschen Bank AG

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 veränderte sich die Situation im Nahen Osten dramatisch. Der 25%-ige Anteil der Deutschen Bank AG an der Turkish Petroleum Company (TCP) wurde von den Alliierten konfisziert.

12. Sanremo-Ölabkommen im April 1920

Im Rahmen des Sanremo-Ölabkommens einigten sich die Vertreter der britischen und der französischen Regierung im April 1920 darauf, die Anteile der Deutschen Bank AG an der Turkish Petroleum Company an Frankreich zu übertragen.

Dieser Artikel ist Teil meines Projekts „Das große Spiel ums Öl“.

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