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Abgeltungssteuer

Seit 2009 unterliegen private Einkünfte aus Kapitalvermögen der Kapitalertragsteuer in Form einer Abgeltungssteuer, die von der auszahlenden Stelle einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Der Anwendungsbereich der Abgeltungssteuer erfasst sämtliche laufende Einkünfte aus privatem Kapitalvermögen, insbesondere Zinsen und Dividenden an Aktionäre und Gesellschafter, aber auch Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und GmbH-Geschäftsanteilen.

Inhalt:

  1. Allgemeines zur Abgeltungssteuer
  2. Bemessungsgrundlage der Abgeltungssteuer
  3. Höhe der Abgeltungssteuer
  4. Ausnahmen von der Abgeltungssteuer
  5. Sparerpauschbetrag
  6. Werbungskosten
  7. Negative Kapitaleinnahmen
  8. Besteuerung der Dividenden und Gewinnausschüttung der GmbH
  9. Abgeltungssteuer bei Auszahlung der Kapitallebensversicherung
  10. Zinsen aus Gesellschafterdarlehen
  11. Prüfung der Verfassungswidrigkeit der Abgeltungssteuer

1. Allgemeines zur Abgeltungssteuer

Die zentrale Vorschrift der besonderen Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 32d EStG. Hiernach werden Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich nicht mehr wie andere Einkünfte im Rahmen der Einkommensermittlung erfasst und nach dem individuellen Steuertarif besteuert.

Stattdessen ist seit dem 01.01.2009 die Einkommensteuer auf sämtliche Einnahmen aus Kapitalvermögen im Privatbereich grundsätzlich mit dem Abzug der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer abgegolten (Abgeltungssteuer). Hierzu zählen insbesondere Zinsen aus Guthaben bei Banken und Kreditinstituten, Dividenden an Aktionäre oder Inhaber von Fonds oder Zertifikaten sowie realisierte Kursgewinne. Hinzukommen unter Umständen der Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer.

Die Einkommensteuer in Form der abgeltenden Kapitalertragsteuer wird insbesondere von den Banken, Kreditinstituten und Versicherungen „direkt an der Quelle“ einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Die Abgeltungswirkung gilt unabhängig vom individuellen Einkommensteuersatz des Empfängers, der die entsprechenden Kapitaleinkünfte nicht mehr in der privaten Einkommensteuererklärung angeben muss, auch wenn der persönliche Einkommensteuersatz über 25 % liegt (§ 25 Abs. 1 EStG).

Der Abzug von Abgeltungssteuer lässt sich insbesondere bei Banken und Kreditinstituten durch Erteilung eines Freistellungsauftrages bis zur Höhe des Sparerpauschbetrages vermeiden. Natürliche Personen, deren zu versteuerndes Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags bleibt, können bei ihrem Finanzamt eine Nichtveranlagungs­be­schei­ni­gung beantragen, um eine Abgeltungssteuer über den Sparerfreibetrag hinaus zu vermeiden.

Werbungskosten wie Darlehenszinsen, Kontoführungs- oder Depotgebühren, Fachliteratur, Kosten der Vermögensverwaltung sind über den Sparerpauschbetrag hinaus nach § 20 Abs. 9 EStG grundsätzlich nicht mehr abzugsfähig. Es gibt allerdings Ausnahmen.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung können Empfänger von Kapitalerträgen eine Günstigerprüfung beantragen und zu viel gezahlte Abgeltungssteuer vom Finanzamt zurückfordern. Eine günstigere Besteuerung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der persönliche Einkommensteuersatz unterhalb den besonderen Steuertarifs für Kapitalerträge liegt.

2. Bemessungsgrundlage der Abgeltungssteuer

Die Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Abgeltungssteuer ist der Überschuss der Kapitalerträge über den Sparerpauschbetrag. Der Abzug von tatsächlichen Werbungskosten ist nicht mehr möglich.

Im Falle der Veräußerung von Aktie oder GmbH-Anteilen entspricht die Bemessungsgrundlage dem Veräußerungsgewinn, der sich aus der Differenz des Veräußerungserlöses abzüglich der Anschaffungskosten ergibt.

3. Höhe der Abgeltungssteuer

Die Einkommensteuer in Form der abgeltenden Kapitalertragsteuer beträgt 25 % und zwar unabhängig vom individuellen Einkommensteuersatz des Empfängers der Einnahmen (§§ 43 Abs. 1, 43a Abs. 1 EStG). Zusätzlich zur Kapitalertragsteuer wird unter Umständen der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % berechnet. Damit erhöht sich die Abgeltungsteuer ggf. auf 26,38 %.

Neben der Kapitalertragsteuer und dem Solidaritätszuschlgan fällt ggf. auch Kirchensteuer an, sofern der Empfänger der Einnahmen einer Religionsgemeinschaft angehört und somit kirchensteuerpflichtig ist. Bei der Berechnung der Kapitalertrag ist allerdings die auf die Kapitalerträge anfallende Kirchensteuer abzuziehen, um den Sonderausgabenabzug für gezahlte Kirchensteuer pauschal zu berücksichtigen. Auf die entsprechend verminderte Einkommensteuer wird dann die Kirchensteuer mit dem jeweiligen Kirchensteuersatz von 8 % oder 9 % berechnet.

Bei ausländischen Kapitalerträgen, die mit ausländischer Quellensteuer belastet sind, erfolgt eine Anrechnung auf die Abgeltungsteuer.

4. Ausnahmen von der Abgeltungssteuer

Für bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen besteht eine Veranlagungspflicht im Rahmen der Einkommensteuererklärung, d.h. diese Einnahmen müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben werden. Je nach Art der Kapitaleinkünfte werden sie mit dem pauschalen Steuersatz für Kapitalerträge in Höhe von 25 % oder mit dem individuellen Steuersatz besteuert.

Der pauschale Steuersatz für Kapitalerträge in Höhe von 25 % kommt bei solchen Einnahmen zur Anwendung, bei denen eine Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer unterblieben ist. Die zu zahlende Einkommensteuer erhöht sich um die entsprechende Abgeltungssteuer auf diese Einnahmen.

Beispiele:

  • Zinseinnahmen aus einem Darlehen an Privatpersonen oder Unternehmen, die keine Banken sind;
  • Gewinne aus der Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen, die nicht unter § 17 EStG fallen;
  • Zinsen auf Steuererstattungen vom Finanzamt;

Der individuelle Einkommensteuersatz kommt zur Anwendung bei Kapitalerträgen, die nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, sondern zu anderen Einkunftsarten. Dies ist dann der Fall, wenn die Einkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang mit anderen Einkunften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden (§ 20 Abs. 8 EStG).

Beispiele:

  • Gewinne aus Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, an deren Grund- oder Stammkapital der Empfänger innerhalb der letzten fünf Jahre mit mindestens 1 % beteiligt war (Aktien, GmbH-Anteile);
  • Gewinnanteile aus einer stillen Beteiligung;
  • Kapitalerträge im Zusammenhang mit Darlehensverträgen mit nahestehenden Personen, wenn diese bei dem Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen;
  • Zinsen aus einem Gesellschafterdarlehen.

Darüberhinaus hat der Gesetzgeber ein sog. Veranlagungswahlrecht geschaffen, um dem Empfänger von Einnahmen aus Kapitalvermögen im Einzelfall insbesondere die Möglichkeit zu eröffnen, einen noch nicht voll ausgenutzten Sparerpauschbetrag geltend zu machen, einen Verlustvortrag zu nutzen oder ausländische Quellensteuer anzurechnen.

Daneben können Empfänger für alle Kapitalerträge stets eine Günstigerprüfung beantragen und zu viel gezahlte Abgeltungssteuer vom Finanzamt zurückfordern. Eine günstigere Besteuerung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der persönliche Einkommensteuersatz unterhalb den besonderen Steuertarifs für Kapitalerträge liegt.

5. Sparerpauschbetrag

Der frühere Sparerfreibetrag und der Werbungskosten-Pauschbetrag wurden zu einem Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro für Ledige bzw. 1.602 Euro für Verheiratete zusammengefasst (Stand 31.05.2022). Mit dem Sparerpauschbetrag sind alle Werbungskosten im Zusammenhang mit den Kapitalerträgen abgegolten. Er wird allerdings nur berücksichtigt, wenn nach Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen positiven Einkünfte verbleiben.

6. Werbungskosten

Werbungskosten wie Darlehenszinsen, Kontoführungs- oder Depotgebühren, Fachliteratur, Kosten der Vermögensverwaltung sind über den Sparerpauschbetrag hinaus nach § 20 Abs. 9 EStG grundsätzlich nicht mehr abzugsfähig. Es gibt allerdings Ausnahmen.

7. Negative Kapitaleinnahmen

Negative Kapitaleinnahmen sind anders zu beurteilen als Werbungskosten und können von den positiven Kapitalerträgen abgezogen werden. Sie können sogar zu negativen Einünften aus Kapitalvermögen führen.

8. Besteuerung der Dividenden und Gewinnausschüttung der GmbH

Eine Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter unterliegt seit 2009 der Abgeltungssteuer, sofern sich die entsprechende Beteiligung am Stammkapital der GmbH im Privatvermögen des Empfängers befindet.

Bei der Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen im Privatvermögen gehört der Veräußerungsgewinn gem. § 17 Abs. 1 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Verkäufer innerhalb der letzten 5 Jahre zumindest mit 1% am Stammkapital der GmbH unmittelbar oder mittelbar beteiligt war, was wohl in den meisten Fällen der Fall ist. Nach § 3 Nr. 40 c) EStG wird der Veräußerungserlös zu 40% steuerfrei gestellt. Allerdings bleiben bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns auch die Veräußerungskosten sowie die Anschaffungskosten nur zu 60% abzugsfähig. Ferner ist gem. § 17 Abs. 3 EStG ein Freibetrag zu berücksichtigen.

Die Abgeltungssteuer gem. § 32d Abs. 1 EStG kommt bei der Gewinnausschüttung der GmbH nur dann zur Anwendung, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung des Empfängers am Stammkapital der GmbH innerhalb der letzten 5 Jahre unter 1% lag.

9. Abgeltungssteuer bei Auszahlung der Kapitallebensversicherung

10. Zinsen aus Gesellschafterdarlehen

Die von der Gesellschaft zu zahlenden Zinsen auf die Darlehensschuld stellen bei der GmbH grundsätzlich Betriebsausgaben dar, wobei die Beschränkungen der Zinsschranke gem. § 8a KStG zu beachten sind. Beim Gesellschafter handelt es sich in Höhe der gezahlten Zinsen um steuerpflichtige Zinseinkünfte, wobei durch den BFH nunmehr höchstrichterlich entschieden wurde, dass diese mit dem individuellen Einkommensteuertarif zu versteuern sind, wenn es sich um einen Gesellschafter handelt, der zu mindestens 10% am Stammkapital der GmbH beteiligt ist.

In seinem Urteil vom 29.04.2014 hat der VIII. Senat des BFH entschieden,

dass die Anwendung des gesonderten Steuertarifs von 25% für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 EStG (= Abgeltungssteuer) ausgeschlossen ist, wenn es sich um Kapitalerträge eines solchen Gesellschafters handelt, der zu mindestens 10 % am Stammkapital der GmbH beteiligt ist.

In dem vom BFH entschiedenen Fall handelte es sich um den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer, der seiner GmbH ein festverzinsliches Darlehen gewährt hatte. Das Finanzamt besteuerte die hieraus erzielten Zinseinnahmen mit der tariflichen Einkommensteuer des Gesellschafters, die vor dem Hintergrund einer regelmäßig hohen Vergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers sicher weit über 25% lag.

11. Prüfung der Verfassungswidrigkeit der Abgeltungssteuer

Das FG Niedersachsen ist der Ansicht, dass die Vorschriften über die Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 1 i.V.m. § 43 Abs. 5 EStG mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist. Mit Beschluss vom 18.03.2022 (7 K 120/21) hat es das BVerfG mit der Überprüfung der Vorschriften im Hinblick auf deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz vorgelegt. In dem Beschluss vom 18.03.2022 führt das FG Niedersachsen aus, dass die Anwendung der Abgeltungsteuer zu einer Ungleichbehandlung zwischen Beziehern privater Kapitaleinkünfte und den übrigen Steuerpflichtigen führe. Während die Bezieher von Kapitaleinkünften nach § 32d Abs. 1 EStG in Verbindung mit § 43 Abs. 5 EStG mit einem besonderen Steuersatz von 25 % abgeltend belastet werden, unterliegen die übrigen Steuerpflichtigen gemäß § 32a EStG einem Steuersatz von bis zu 45 %.

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