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Verluste aus Kapitalvermögen

Verluste aus Kapitalvermögen entstehen, wenn die Erlöse aus der Veräußerung von Kapitalanlagen niedriger sind als die entsprechenden Anschaffungskosten für deren Erwerb. Eine besondere Rolle spielt der Totalverlust bei Kapitalanlagen, z.B. wegen Uneinbringlichkeit infolge der Insolvenz des Schuldners. Bei der Berücksichtigung von Verlusten aus Kapitalvermögen im Rahmen der Einkommensteuer muss man grundlegend unterscheiden, ob es sich Kapitalanlagen im Privatvermögen handelt oder um Einnahmen bzw. Verluste aus Kapitalvermögen, die den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Tätigkeit oder Vermietung und Verpachtung zuzuordnen sind.

Inhalt:

  1. Verluste aus Kapitalvermögen
  2. Veräußerung von Kapitalanlagen
  3. Verlustausgleich bei Kapitalanlagen im Privatvermögen
  4. Verlustausgleich bei Kapitalanlagen im Betriebsvermögen
  5. Verluste aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften
  6. Verluste aus stiller Beteiligung oder partiarischen Darlehen

1. Verluste aus Kapitalvermögen

Verluste aus Kapitalvermögen entstehen, wenn die Summe der Anschaffungskosten zuzüglich der Anschaffungsnebenkosten größer ist als die Summe der Erlöse aus der Veräußerung dieser Kapitalanlagen abzüglich der Veräußerungskosten (z.B. Provisionen, Makler- oder Bankgebühren). Zu den Anschaffungsnebenkosten zählen insbesondere anfallende Spesen, Provisionen oder Bankgebühren. Auch Kosten für die Beratung und Bewertung von Kapitalanlagen (z.B. Beteiligungen an einer GmbH) zählen zu den Anschaffungsnebenkosten.

Beispiel:

Der selbständige Unternehmensberater Anton Huber kaufte am 15.01.2020 500 Aktien der Wirecard AG bei einem Kurs in Höhe von EUR 120,00. Am 23.06.2020 verkauft er alle Aktien bei einem Kurs von EUR 15,00. Sein Verlust beträgt ohne Berücksichtigung der Anschaffungsnebenkosten und Veräußerungskosten EUR 52.500,00. Diesen will er im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2020 geltend machen. Im Szenario 1 hat Anton Huber in 2020 keine weiteren Einkünfte aus Kapitalvermögen. Im Szenario 2 hat Anton Huber aus dem Verkauf anderer Aktien einen Gewinn in Höhe von EUR 15.000,00 realisiert. In 2020 hat er einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 125.000,00.

Die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Kapitalvermögen ist im wesentlichen davon abhängig, ob es sich um Verluste aus Kapitalanlagen im Privatvermögen handelt oder um Verluste aus Kapitalvermögen, die den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Tätigkeit oder Vermietung und Verpachtung zuzuordnen sind.

2. Veräußerung von Kapitalanlagen

Eine Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG ist die entgeltliche Übertragung des (zumindest wirtschaftlichen) Eigentums auf einen Dritten (vgl. nur BFH-Urteil vom 12.05.2015, IX R 57/13; BFH-Senatsurteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15). Eine entgeltliche Anteilsübertragung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn wertlose Anteile zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung (BFH-Urteil vom 1.10.2014, IX R 13/13; BFH-Urteil vom 12.05.2015, IX R 57/13) oder gegen einen lediglich symbolischen Kaufpreis (BFH-Urteil vom 6.04.2011, IX R 61/10) übertragen werden.

Die Erfüllung des Tatbestands der Veräußerung gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG ist daher insbesondere weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig (entgegen BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85, Rz 59).

Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert (vgl. BFH-Urteil vom 25.08.2009, IX R 55/07, BFH/NV 2010, 387, Rz 13). Dadurch macht der Steuerpflichtige lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, missbraucht diese aber nicht.

BFH-Urteil v. 12.06.2018, VIII R 32/16, BStBl 2019 II S. 221 (bejaht durch BMF-Schreiben vom 10.5.2019, BStBl 2019 I S. 464)

Zu den Erlösen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen zählen auch Schadensersatzleistungen für Verluste, die wegen einer Falschberatung angefallen sind (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 83).

Als Veräußerung gilt auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft.

In zeitlicher Hinsicht ist bei der Ermittlung der Verluste aus Kapitalanlagen der Zeitpunkt von Bedeutung, in dem der schuldrechtliche Vertrag abgeschlossen wird.

Im Falle von Kapitalanlagen in Fremdwährungen sind die Erlöse aus der Veräußerung im Veräußerungszeitpunkt sowie die Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung in Euro umzurechnen.

3. Verlustverrechnung bei Kapitalanlagen im Privatvermögen

Bei Verlusten aus Kapitalanlagen im Privatvermögen sieht die gesetzliche Regelung in § 20 Abs. 6 EStG eine Verlustverrechnung mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen (Verlustausgleich) vor. Es sind die folgenden beiden Gruppen zu unterscheiden:

  1. Aktien und
  2. andere Kapitalanlagen.

Kapitalvermögen, das nach dem 01.01.2009 erworben wurde

Verluste aus Kapitalvermögen, das nach dem 01.01.2009 erworben wurde und dem Privatvermögen zuzuordnen ist, dürfen gem. § 20 Abs. 6 S. 1 EStG nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Darüber hinaus ist ein horizontaler Verlustausgleich mit positiven Einkünften aus anderen Kapitalanlagen gem. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG ausgeschlossen.

Beispiel:

Anton Huber kann seinen Verlust aus der Veräußerung der Wirecard-Aktien nicht mit den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit verrechnen.

Umgekehrt gilt dies jedoch nicht. Positive Einkünfte aus Kapitalvermögen kann man im Rahmen der Einkommensteuererklärung mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten verrechnen, wobei hierfür eine Wahlveranlagung gemäß § 32d Abs. 6 EStG mit Abgabe der Anlage KAP erforderlich ist.

Verluste aus der Veräußerung von Aktien

Verluste aus der Veräußerung von Aktien, die nach dem 01.01.2009 erworben wurden und dem Privatvermögen zuzuordnen sind, dürfen gem. § 20 Abs. 6 S. 4 EStG nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien im gleichen Jahr oder in den folgenden Jahren verrechnet werden.

Update: Seit 01.01.2020 ist die Verlustverrechnung auf einen Betrag in Höhe von EUR 10.000,00 begrenzt (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG).

Eine Verlustverrechnung mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen, insbesondere Zinsen und Dividenden, ist insoweit ausgeschlossen. Dies gilt jedoch nicht für Gewinne aus der Veräußerung von Aktien, die man uneingeschränkt mit Verlusten aus Kapitalvermögen verrechnen darf.

Dementsprechend bilden Banken für jede natürliche Person mit Konten und Depot im Privatvermögen zwei sog. Verlustverrechnungstöpfe, wobei

  • einer für Verluste aus Kapitalvermögen bestimmt ist und
  • einer für Verluste aus der Veräußerung von Aktien.

Beispiel:

Im o.g. Szenario 2 kann Anton Huber seinen Verlust aus der Veräußerung der Wirecard-Aktien mit den Gewinnen aus der Veräußerung anderer Akien verrechnen.

Allerdings ist die Verlustverrechnung seit 01.01.2020 auf einen Betrag in Höhe von EUR 10.000,00 begrenzt (§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG).

Bankinterne Verrechnung von Verlusten

Soweit die Sparkonten und das Depot nur bei einer Bank geführt werden, klappt das unter Berücksichtigung der zeitlichen Entstehung auch mit der bankinternen Verrechnung von Verlusten mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 212 ff.). Anderenfalls ist eine Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen nur über die Steuererklärung möglich, wobei man hierfür von den entsprechenden Banken eine Steuerbescheinigung bzw. Verlustbescheinigung anfordern muss.

Verlustvortrag bei Verlusten aus Kapitalvermögen

Soweit ein Verlustausgleich bankintern nicht möglich ist, kann der verbleibende Verlust auf das folgende Jahr vorgetragen und mit zukünftigen Zinsen, Dividenden oder Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden (= bankinterner Verlustübertrag  gem. § 43a Abs. 3 Satz 3 EStG). Stattdessen kann man bei der Bank aber auch eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust beantragen, um diesen im Rahmen der Steuererklärung mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen bei anderen Banken zu verrechnen (= Wahlveranlagung). Die entsprechenden Bescheinigungen sind bis zum 15.12. des laufenden Jahres zu beantragen, jeweils getrennt für Verluste aus der Veräußerung von Aktien und anderen Kapitalanlagen.

Soweit man die Verluste aus Kapitalvermögen im laufenden Jahr weder bankintern noch im Rahmen der Steuererklärung mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgleichen kann, erfolgt ein Verlustvortrag innerhalb dieser Einkunftsart.

Eine Verlustverrechnung mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ist grundsätzlich ebenso unzulässig wie ein Verlustrücktrag auf den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Ausnahmen bestätigen die Regel. Der Verlustvortrag ist gem. § 20 Abs. 6 EStG zeitlich unbegrenzt und betragsmäßig unbeschränkt.

4. Verlustausgleich bei Kapitalanlagen im Betriebsvermögen

Soweit Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 EStG zu den Einkünften aus

  • Land- und Forstwirtschaft,
  • Gewerbebetrieb,
  • selbständiger Arbeit oder
  • Vermietung und Verpachtung

gehören, sind sie gem. § 20 Abs. 8 EStG vorrangig diesen Einkünften zuzurechnen. Infolgedessen gelten für Verluste aus solchen Kapitalanlagen auch abweichende Regelungen.

Die von den Banken einbehaltene Kapitalertragsteuer hat insoweit keine Abgeltungswirkung. Vielmehr müssen die Einkünfte aus Kapitalvermögen den entsprechenden Einkunftsarten zugeordnet und mit dem individuellen Steuersatz versteuert werden, wobei die einbehaltene Kapitalertragsteuer angerechnet wird. Verluste aus solchen Kapitalanlagen können nur im Rahmen der Steuererklärung verrechnet werden, in diesem Fall jedoch auch mit Gewinnen bzw. Überschüssen aus anderen Einkunftsarten. Im Falle eines verbleibenden Verlusts ist sowohl ein Verlustrücktrag als auch ein unbeschränkter Verlustvortrag zulässig.

5. Verluste aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften

Bei Verlusten aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen (insbesondere im Falle einer GmbH) besteht die Möglichkeit einer Veranlagungsoption, wenn

  • die Beteiligung am Stammkapital der GmbH eine Quote von mindestens 25 % erreicht oder
  • die Beteiligung eine Quote von mindestens 1 % des Stammkapitals der GmbH erreicht und eine berufliche Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft besteht.

In diesen Fällen kann im Rahmen der Steuererklärung beantragt werden, dass die Gewinnausschüttung nach den Grundsätzen des Teileinkünfteverfahrens lediglich mit 60% berücksichtigt wird, wobei angefallene Aufwendungen (insbesondere Kreditzinsen) ebenfalls mit 60%  abgezogen werden können. Es ist jedoch zu beachten, dass dieser Antrag grundsätzlich für 5 Jahre gilt, wobei er jederzeit widerrufen werden kann, womit dann die Abgeltungssteuer von 25% wieder zur Anwendung kommt.

Gehört die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zu einem Betriebsvermögen, ist immer das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, wonach nur 60% der Erträge zu versteuern sind, im Gegensatz aber auch nur 60% der Aufwendungen steuermindernd berücksichtigt werden.

6. Verluste aus stiller Beteiligung oder partiarischen Darlehen

Im Falle einer typisch stillen Gesellschaft (z.B. bei einer stillen Beteiligung an einer GmbH) gehören die laufende Verluste des stillen Gesellschafters nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, soweit die stille Beteiligung nicht einem Betriebsvermögen zuzuordnen ist.

Der Verlustausgleich ist jedoch gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. 15a EStG auf den Betrag der geleisteten stillen Einlage beschränkt. Übersteigen die laufenden Verluste den Betrag der geleisteten stillen Einlage und entsteht oder erhöht sich dadurch ein negatives Kapitalkonto, kann der entsprechende Verlust nur mit späteren Gewinnen aus der stillen Gesellschaft verrechnet werden.

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