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Öl, Sicherheit und Macht: Allianz zwischen USA und Saudi-Arabien

Öl, Sicherheit und Macht bilden die Basis der Allianz zwischen dem Königreich Saudi-Arabien und den USA, die in den 1930er-Jahren begann. Historisch gesehen ist das Königreich Saudi-Arabien neben Israel einer der wichtigsten strategischen Partner im Nahen Osten, vor allem aufgrund der enormen Ölreserven. Den Grundstein für die umfassende Partnerschaft im Bereich der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik bildete das außergewöhnliche Treffen zwischen US-Präsident Franklin D. Roosevelt und König Abdulaziz Ibn Saud im Jahr 1945 an Bord des Kriegsschiffs USS Quincy im Suezkanal.

Die Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien gehören zu den wichtigsten, nachhaltigsten bilateralen Verbindungen Amerikas im Nahen Osten. Sie sind aber auch komplexer Natur, die in der Geschichte mehrfach auf die Probe gestellt wurde insbesondere während der arabisch-israelischen Konflikte und des Irakkriegs. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York City, der zweite Irakkrieg, die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 sowie Meinungsverschiedenheiten im Umgang mit dem Iran haben beide Seiten wiederholt zu einer Neubewertung der Allianz aufgefordert.

Der Einstieg Chinas bei Saudi Aramco, die Verstärkung seiner Präsenz im Nahen Osten und der Verkauf von saudischem Öl an China in chinesischen Yuan (Renminbi) statt in US-Dollar könnten die strategische Allianz zwischen den USA und Saudi-Arabien weiter auf die Probe stellen.

Inhalt:

  1. Ausgangslage nach dem Ersten Weltkrieg
  2. Territoriale Konflikte zwischen Großbritannien und Ibn Saud
  3. Ibn Saud und der Weg zum Königreich Saudi Arabien
  4. Ausrufung des Königreichs Saudi-Arabien 1932
  5. Einladung des US-Millionärs Charles R. Crane 1932
  6. Erste Kontakte mit Standard Oil of California (SOCAL)
  7. Gründung der California Arabian Standard Oil Company (CASOC)
  8. Erste Ölbohrungen in Saudi-Arabien im Jahr 1936
  9. Erweiterung des Konzessionsgebiets in Saudi-Arabien
  10. Absatzschwierigkeiten während des Zweiten Weltkriegs
  11. Aus CASOC wird Arabian American Oil Company (Aramco)
  12. Treffen zwischen US-Präsident Roosevelt und König Ibn Saud
  13. Europas Dilemma nach dem Zweiten Weltkrieg
  14. Expansion und neue Absatzmärkte für Aramco
  15. Sicherheits- und Verteidigungspakt während des Kalten Krieges
  16. US-Schieferölrevolution 2010 bis 2020
  17. Justice Against Sponsors of Terrorism Act (JASTA)
  18. Gründung der OPEC+ 2016 und andere Partnerschaften
Saudi Arabia Map

1. Ausgangslage nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Aufteilung des Osmanischen Reichs während der Sanremo-Konferenz war die politische Landschaft im Nahen Osten stark verändert und umstritten. Im Sykes-Picot-Abkommen von 1916 hatten Großbritannien und Frankreich den Nahen Osten einschließlich der Gebiete auf der Arabischen Halbinsel schon während des Krieges in Einflusssphären aufgeteilt. Großbritannien sollte die Kontrolle über Kuwait und den Irak erhalten.

Bereits zuvor hatte Großbritannien 1915 im Vertrag von Darin mit Abd al-Aziz ibn Saud (1875 bis 09.11.1953), dem damaligen Emir von Nejd und Hasa, ein Bündnis im Kampf gegen das Osmanische Reich beschlossen, das die faktische Unabhängigkeit seines Herrschaftsgebiets nach dem Krieg festlegte und die Beduinen unter seiner Führung zum Kampf gegen die Osmanen verpflichtete. Obwohl Ibn Saud und seine Kämpfer mit Unterstützung des britischen Offiziers T. E. Lawrence große Erfolge gegen das Osmanische Reiche erzielten, hielt Großbritannien nach Kriegsende und dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs seine vertraglichen Zusagen nicht ein. 

Stattdessen ignorierten die Briten die Vereinbarungen mit Ibn Saud und suchten ihre eigenen Interessen in der Region zu sichern, ohne die versprochene Unabhängigkeit des Territoriums zu gewährleisten. Im Gegenzug begannen Ibn Sauds Anhänger mit grenzüberschreitenden Angriffen und Raubzügen auf die britisch kontrollierten Territorien des Iraks und Kuwaits. Unter seiner Führung entwickelten sich die nomadischen Stämme zu einer zunehmenden Bedrohung für die Briten und ihre territorialen Ansprüche im Nahen Osten. Mit den militärischen Erfolgen und seiner erfolgreichen Führung der strenggläubigen Ichwan-Kämpfer entwickelte sich Ibn Saud sogar zu einer Legende.

2. Territoriale Konflikte zwischen Großbritannien und Ibn Saud

Im Dezember 1922 führte die zunehmende Unsicherheit in der Region zu einem Treffen in Uqair, um die territorialen Streitigkeiten zwischen den einstigen Verbündeten im Kampf gegen das Osmanische Reich zu klären und stabile Grenzen zu ziehen. Das Treffen leitete Percy Cox, der britische Hochkommissar im Irak. Ihm gegenüber standen Ibn Saud sowie Major John More, der britische Vertreter in Kuwait. Ziel war es, eine Lösung für die andauernden Grenzkonflikte zu finden.

Am 2. Dezember 1922 unterzeichneten die Beteiligten das sogenannte Uqair-Protokoll, das die Grenzen zwischen dem britischen Mandatsgebiet Irak, dem Sultanat von Nejd und Hasa sowie dem Scheichtum Kuwait festlegte. Ein entscheidender Punkt des Abkommens war die Einrichtung einer saudi-irakischen und einer saudi-kuwaitischen Neutralzone, die als Puffer dienen sollten, um weitere Konflikte zu vermeiden.

Das Scheichtum Kuwait hatte bei den Verhandlungen keine Stimme und verlor zwei Drittel seines Territoriums sowie die strategisch wichtige Hafenstadt Manifa, was dort zu großer Unzufriedenheit führte. Das Protokoll von Uqair war eine temporäre Lösung, indem die Pufferzonen zur Stabilisierung der Region beitrugen. Es war aber auch ein Zeichen für die zunehmende Macht von Ibn Saud auf der arabischen Halbinsel.

3. Ibn Saud und der Weg zum Königreich Saudi Arabien

Nach Unterzeichnung des Uqair-Protokolls setzten Ibn Saud und seine Ichwan-Kämpfer ihre Eroberungszüge auf der Arabischen Halbinsel fort, insbesondere gegen den Haschemiten-König Hussein ibn Ali im Hedschas. Mit dem Sieg über die Haschemiten im September 1924 übernahm Ibn Saud das fruchtbare Gebiet des Hedschas mit den heiligen Städten Mekka und Medina im Westen der Arabischen Halbinsel und beendete deren 700-jährige Herrschaft über die heiligen Stätten des Islam. Am 10. Januar 1926 proklamierte sich Ibn Saud in der Großen Moschee von Mekka zum König von Hedschas und Nadschd und weitete seine Herrschaft auf Asir im Süden der Halbinsel aus.

Am 20. Mai 1927 unterzeichneten Sir Gilbert Clayton im Namen des Vereinigten Königreichs und Prinz Faisal bin Abdulaziz im Namen des Königreichs Hedschas und Nejd den Vertrag von Dschidda, der die Unabhängigkeit und Souveränität des Königreichs Hedschas und Nejd anerkannte. Damit festigte er die internationale Legitimität der rechtmäßigen Herrschaft des Ibn Saud über die heiligen Stätten des Islam. Im Gegenzug verpflichtete sich dieser, seine Kämpfer davon abzuhalten, benachbarte britisch kontrollierte Gebiete anzugreifen. Diese Vereinbarung markierte einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der arabischen Halbinsel und legte den Grundstein für die Unabhängigkeit und die Souveränität des späteren Königreichs Saudi-Arabien.

Die Einigung mit den Briten stieß jedoch auf den Widerstand seiner strenggläubigen Ichwan-Kämpfer, die ihr Herrschaftsgebiet weiter nach Norden ausbreiten wollten. Ibn Saud stellte sich gegen die Ichwan und erklärte, ein Krieg gegen die Briten sei militärisch aussichtslos. 1929 schlug er die Revolte der abtrünnigen Ichwan mit britischen Maschinengewehren und Panzerwagen nieder. Trotzdem errichtete er einen wahhabitischen Staat mit islamischer Rechtsordnung.

4. Einladung des US-Millionärs Charles R. Crane 1931

Auf Einladung von Ibn Saud besuchte der US-Millionär Charles R. Crane aus Chicago 1931 die Arabische Halbinsel im Nahen Osten. Als ehemaliger Botschafter und bekannter Philanthrop war er in der amerikanischen Politik und Wirtschaft gut vernetzt und hoch angesehen. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie und hatte ein persönliches Interesse an der arabischen Welt. Der Herrscher über den Wüstenstaat erhoffte sich von dem Besucher nicht nur Investitionen und moderne Technik, sondern auch Verbindungen zu den höchsten Ebenen der amerikanischen Politik und Wirtschaft, um sein Land zu modernisieren und einen Gegenpol zur britischen Dominanz im Nahen Posten zu etablieren.

Der Besuch des Millionärs sollte das Schicksal des Königreichs Saudi-Arabien tatsächlich verändern, jedoch anders als anfangs gedacht. Crane reiste nicht alleine an, sondern brachte den erfahrenen Bergbauingenieur Karl S. Twitchell mit nach Dschidda, einen angesehenen Experten im Bereich der Geologie. Dank seiner Expertise konnten die Besucher aus den USA das Vertrauen von Ibn Saud gewinnen und eine Erlaubnis zur Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen erringen. Twitchell begann mit der Erkundung des Landes nach Wasserreservoirs, aber seine geologischen Studien sollten sich in eine ganz andere Richtung entwickeln.

Seine Berichte über die geologischen Verhältnisse erregten die Aufmerksamkeit eines großen amerikanischen Ölunternehmens hinsichtlich des Potenzials für eine weitaus bedeutendere Ressource: Öl. Seine Erkenntnisse führten letztlich dazu, dass Standard Oil of California (Socal) begann, ernsthaft in die Erkundung und Entwicklung der saudischen Ölressourcen zu investieren. Crane’s Rolle war somit nicht nur die eines Vermittlers, sondern auch die eines Wegbereiters für die Beziehungen mit den amerikanischen Ölunternehmen und die wirtschaftliche Entwicklung Saudi-Arabiens.

5. Ausrufung des Königreichs Saudi-Arabien 1932

Damit konnte er seine Macht auf der Arabischen Halbinsel weiter konsolidieren, bevor er am 23. September 1932 das heutige Königreich Saudi-Arabien ausrief, das zu diesem Zeitpunkt allerdings noch bitterarm war und hauptsächlich von den Einnahmen der Pilger auf dem Weg nach Mekka und Medina lebte. Abd al-Aziz ibn Saud wird Staatsoberhaupt und Regierungschef in Personalunion. Nahezu alle wichtigen Positionen im Staat werden mit Prinzen aus dem Hause Saud besetzt, um die Loyalität und Kontrolle innerhalb der Herrscherfamilie zu sichern. Die Scharia, das islamische Recht, bildet die Basis der Rechtsordnung. Ideologische Grundlage des neu gegründeten Staates ist der Wahhabismus, eine puritanische Reformbewegung des Islam, die im 18. Jahrhundert von Muhammad ibn Abd al-Wahhab gegründet wurde. Er betont die Rückkehr zu den ursprünglichen Lehren des Islam und eine strikte Auslegung der Scharia.

6. Erste Kontakte mit Standard Oil of California (SOCAL)

Nachdem der Neuseeländer Frank Holmes im Juni 1932 auf der Insel Bahrain auf Öl gestoßen war, verfolgten auch König Ibn Saud und sein britischer Berater Harry St. John Bridger Philby diese Entwicklung aufmerksam. Philby, ein ehemaliger britischer Offizier während des Ersten Weltkriegs, war inzwischen einer der engsten Vertrauen und Berater von Ibn Saud, nachdem er schon 1927 den Vertrag von Dschidda mit Großbritannien in die Wege geleitet hatte.

Philby, der sich intensiv für die wirtschaftliche Entwicklung Saudi-Arabiens einsetzte und die potenziellen Chancen einer kommerziellen Ölförderung früh erkannte, empfahl dem König, eine Konzession für den östlichen Teil des Königreichs an das US-Ölunternehmen Standard Oil of California (SOCAL) zu erteilen. Dies geschah in der Erwartung, dass ähnliche Ölvorkommen wie auf Bahrain auch in Saudi-Arabien entdeckt werden könnten und amerikanische Ölunternehmer keine geopolitischen Ziele verfolgten.

Die dann im Jahr 1933 erteilte Konzession hatte eine Laufzeit von 60 Jahren und umfasste rund 930.000 Quadratkilometer, ein riesiges Gebiet, das von der Küste des Persischen Golfs bis tief ins Landesinnere reichte.

7. Gründung der California Arabian Standard Oil Company (CASOC)

Für die Unterzeichnung des Konzessionsvertrages mit dem Königreich Saudi-Arabien gründete SOCAL zusammen mit der Texas Oil Company die California Arabian Standard Oil Company (CASOC), aus der 1944 die Saudi Arabian Oil Company (Saudi Aramco) hervorging. Die Saudis bezweckten damit, die britische Dominanz im Nahen Osten zu verringern und sich gleichzeitig wertvolle technologische sowie finanzielle Expertise aus den USA zu sichern. Für die Amerikaner war die Konzession in Saudi-Arabien die Eintrittskarte in den Nahen Osten, eine Region, die angesichts ihrer immensen Ölreserven eine herausragende Bedeutung einnehmen sollte.

Die Gründung der California Arabian Standard Oil Company (CASOC) erfolgte im Mai 1933, um auf Basis der Konzession die potenziellen Ölressourcen im Osten des Königreichs Saudi-Arabien zu erkunden und zu entwickeln. Die Konzession hatte eine Laufzeit von 60 Jahren und umfasste etwa 930.000 Quadratkilometer, hauptsächlich in der Hasa-Region entlang der Küste des Persischen Golfs.

8. Erste Ölbohrungen in Saudi-Arabien im Jahr 1936

In dem ursprünglichen Konzessionsabkommen mit Saudi-Arabien sollten die Erkundungsarbeiten bis September 1933 beginnen und nach umfangreichen geologischen Erkundungen konnten 1936 die ersten Bohrungen nach Öl beginnen. Die frühen Ergebnisse waren jedoch entmutigend. Die Erwartungen hatten sich nicht erfüllt und die Führungskräfte von CASOC standen mitten in der Weltwirtschaftskrise und einer Massenarbeitslosigkeit vor der Frage, die Bohrungen in der Wüste Saudi-Arabiens zu stoppen oder fortzusetzen. Der Chefgeologe von SOCAL, Max Steineke, konnte sie jedoch überzeugen, die Erkundungen und Bohrungen fortzusetzen.

Im Mai 1938 gelang schließlich der Durchbruch am Bohrloch Nummer 7 im Ölfeld von Dammam. Mit einer Förderrate von fast 1.600 Barrel Rohöl pro Tag begann das Öl aus dem Bohrloch zu sprudeln, und auch die folgenden Tage bestätigten einen bedeutenden Ölfund. Diese Entdeckung veränderte das Schicksal Saudi-Arabiens grundlegend, genauso wie es Frank Holmes vermutet hatte. Nur wenige Monate später wird die eine Pipeline vom Ölfeld Dammam bis zum Hafen Ras Tanura eröffnet, die den Transport des Öls erleichterte und Saudi-Arabien als wichtigen Akteur auf dem globalen Ölmarkt etablierte.

Mit der kommerziellen Erdölförderung steigt König Ibn Saud zu einem der reichsten Herrscher der islamischen Welt auf. Die Staatseinnahmen steigen trotz des 2. Weltkriegs rasant von 7 Millionen im Jahr 1939 auf über 200 Millionen US-Dollar im Jahr 1953. Das Bohrloch Dammam 7 produzierte noch 44 Jahre lang mehrere Tausend Barrel Öl pro Tag, bevor es 1982 geschlossen wurde. Es war der Grundstein für den sagenhaften Reichtum des Landes, der sich bereits damals andeutete.

9. Erweiterung des Konzessionsgebiets in Saudi-Arabien

Nach dieser Entdeckung folgte ein Ansturm verschiedener Parteien nach Saudi-Arabien, um eine Ölkonzession zu erwerben, darunter auch Vertreter aus Deutschland und Japan. Auch IPC war vor Ort mit Angeboten. Doch König Ibn Saud entschied sich, ein Ergänzungsabkommen mit der California Arabian Standard Oil Co. abzuschließen, das eine deutliche Erweiterung des Konzessionsgebiets beinhaltete und am 31. Mai 1939 unterzeichnet wurde. Im Gegenzug stimmte die California Arabian Standard Oil Co. zu, dem Königshaus 140.000 englische Pfund in Gold zu zahlen. Zusätzlich sollte das Unternehmen eine jährliche Miete von 20.000 englischen Pfund in Gold zahlen, solange in dem „zusätzlichen Gebiet“ Öl in kommerziellen Mengen entdeckt wird. Die Laufzeit der Konzession wurde ab 1939 um 60 Jahre verlängert.

Nach der ersten Entdeckung von Öl in Saudi-Arabien wurden die Erkundungen und Bohrungen fortgesetzt, und bis Ende 1941 konnte drei weitere wichtige Ölfelder entdeckt werden. Das Rohöl wurde vorübergehend zu einer Raffinerie auf Bahrein transportiert, während ein Verlade-Terminal, Lageranlagen und eine Raffinerie in Ras Tanura (am Persischen Golf) sowie eine Pipeline von den Förderfeldern gebaut wurden.

10. Absatzschwierigkeiten während des Zweiten Weltkriegs

Auch nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gingen die Erkundungs- und Entwicklungsarbeiten weiter, um zweifelsfrei die Existenz großer Ölreserven im Konzessionsgebiet nachzuweisen. In den folgenden Monaten deutete sich jedoch bereits das Problem an, einen Absatzmarkt für die großen Mengen an Öl aus den Fördergebieten zu finden. Daher wandte sich die CASOC, die spätere Saudi Aramco, mit einem Angebot an die US-Regierung, Erdölprodukte zu reduzierten Preisen zu verkaufen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt würden. Im Wesentlichen war es ein dreigliedriges Angebot: Der König von Saudi-Arabien erhält jährlich 6 Millionen US-Dollar für 5 Jahre im Voraus; die US-Regierung erhält Heizöl, Benzin und Diesel zu Sonderpreisen und CASOC bekommt einen Absatzmarkt für das produzierte Öl. Eine Vereinbarung kam jedoch nicht zustande, weil das Angebot zusätzlich an die Bedingung geknüpft war, dass die Produkte nach Afrika und Asien verschifft werden.

11. Aus CASOC wird Arabian American Oil Company (Aramco)

Die Umbenennung der California Arabian Standard Oil Company (CASOC) in Aramco im Jahr 1944 markierte einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte der Erdölindustrie und in den Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Staaten. Mit der Entdeckung großer Ölfelder änderte sich auch die Bedeutung der CASOC, die 1933 als Tochtergesellschaft der Standard Oil of California (SOCAL) und der Texas Oil Company gegründet wurde.

Die Entdeckung von Öl in Saudi-Arabien kam zu einer kritischen Zeit. Der Zweite Weltkrieg bahnte sich an, und die Alliierten, insbesondere die Vereinigten Staaten, benötigten dringend stabile Ölquellen. Die Umbenennung in Aramco betonte die Zusammenarbeit und die zunehmend engen Beziehungen zwischen den Ingenieuren und Managern aus den USA und ihren Partnern und Mitarbeitern in Saudi Arabien. Auch der Kontakt mit der Regierung intensivierte sich, wobei das Öl eine zentrale Rolle bei der Modernisierung des Landes spielen sollte. Aus den Öleinnahmen konnte Infrastruktur in Form von Schulen, Krankenhäusern und Straßen gebaut werden. Gesellschaft begann sich rasch zu transformieren. Die Umbenennung in Aramco symbolisierte daher nicht nur eine formelle Namensänderung, sondern auch den Beginn einer strategischen Partnerschaft zwischen Saudi-Arabien und den USA, die weit über die wirtschaftliche Dimension hinausging.

12. Treffen zwischen US-Präsident Roosevelt und König Ibn Saud

Das historische Treffen zwischen US-Präsident Franklin D. Roosevelt und König Abdulaziz Ibn Saud am 14. Februar 1945 an Bord der USS Quincy, einem Kriegsschiff der US Navy, markierte den offiziellen Beginn einer strategischen Partnerschaft zwischen den Vereinigten Staaten und dem Königreich Saudi-Arabien. Die außergewöhnliche Zusammenkunft an Bord eines US-Kriegsschiffs im Suezkanal erfolgte in einer kritischen Phase des Zweiten Weltkriegs, als die Alliierten kurz vor dem Sieg über die Achsenmächte standen. Roosevelt war auf dem Rückweg von der Jalta-Konferenz, wo er mit Winston Churchill und Joseph Stalin die Nachkriegsordnung besprochen hatte. Roosevelt war offenbar nicht gewillt, den Fehler seiner Vorgänger zu wiederholen und das Schicksal des Nahen Osten den Briten und Franzosen zu überlassen. Er war der erste US-Präsident, der mit dem saudischen König persönliche Gespräche führte.

Naval History & Heritage Command, Public domain, via Wikimedia Commons

Einer der Architekten des Treffens war Colonel William A. Eddy, ehemaliger Marineoffizier und Gesandter der USA in Saudi-Arabien, der das Vertrauen des saudischen Königs gewonnen hatte und als Vermittler fungierte. Präsident Roosevelt und König Ibn Saud verbrachten mehrere Stunden zusammen und diskutierten eine Reihe von Themen, darunter die geopolitische Situation nach dem Krieg, die Notwendigkeit einer stabilen Energieversorgung und die politische Zukunft des Nahen Ostens. Ein heikles Thema war die Frage der Errichtung eines Jüdischen Staates und die Einwanderung von Juden nach Palästina.

Obwohl das Treffen informeller Natur war und keine formellen Abkommen unterzeichnet wurden, legte es den Grundstein für eine langfristige strategische Partnerschaft zwischen den USA und Saudi-Arabien. Roosevelt sicherte Ibn Saud amerikanische Unterstützung für die Sicherheit und Stabilität Saudi-Arabiens zu, während Ibn Saud das Versprechen gab, die USA als bevorzugten Partner im Ölbusiness zu betrachten.

13. Europas Dilemma nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand Europa vor gewaltigen Herausforderungen: Stabilisierung des Friedens und der wirtschaftlichen Erholung sowie der Wiederaufbau der zerstörten Städte und Infrastruktur. Eine zentrale Rolle spielte hierbei der von den USA initiierte Marshall-Plan und eine sichere Energieversorgung, insbesondere die Versorgung mit Öl, das zur wichtigsten Energiequelle für industrielle und wirtschaftliche Aktivitäten avancierte. Diese Abhängigkeit von Öl brachte Europa in ein unfreiwilliges Dilemma, da es auf Ölimporte angewiesen war, aus dem Nahen Osten angewiesen war und gleichzeitig die Unterstützung der USA benötigte, um eine stabile Versorgung sicherzustellen.

Mit dem Beginn des Kalten Krieges wurde eine sichere Ölversorgung zu einer Frage der nationalen Sicherheit der USA. Die geopolitische Lage des Kalten Krieges verstärkte die Komplexität der Situation. Die USA wollten verhindern, dass Europa wirtschaftlich oder politisch in die Abhängigkeit der Sowjetunion geriet. Daher förderten sie die Entwicklung und den Zugang zu Ölquellen im Nahen Osten. Diese Region war jedoch politisch instabil, geprägt von regionalen Konflikten und Spannungen. Die USA hatten keine bedeutende militärische Präsenz im Nahen Osten, was die Sicherstellung einer stabilen Ölversorgung erschwerte.

Die Länder des Nahen Ostens, wie Saudi-Arabien, Iran, Irak und Kuwait, verfügten über große Ölreserven, waren jedoch politisch oft instabil. Diese Instabilität konnte die Ölversorgung jederzeit gefährden. Ereignisse wie die Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie durch Premierminister Mohammad Mossadegh und die Suez-Krise von 1956 verdeutlichten die Volatilität der Region. Die USA und Großbritannien unterstützten daher teilweise umstrittene politische Interventionen, um den Zugang zu Öl sicherzustellen.

Um die Energieversorgung zu stabilisieren, schlossen europäische Länder langfristige Lieferverträge mit Nahost-Lieferanten und amerikanischen Ölgesellschaften ab. Gleichzeitig investierten amerikanische und europäische Unternehmen in die Ölindustrie des Nahen Ostens, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen und die Abhängigkeit von sowjetischem Öl zu vermeiden. Die Gründung der NATO und die Integration Europas in die westliche Wirtschaftssphäre schufen zusätzliche Sicherheit und politische Stabilität.

14. Expansion und neue Absatzmärkte für Aramco

Aramco blieb nicht lange im alleinigen Besitz von Standard of California und Texas Oil Company. Kurz nach dem Ende des Krieges erwarben Jersey Standard 30 % und Socony-Vacuum 10% der Aktien, wobei die formellen Abtretungsvereinbarungen am 12. März 1947 unterzeichnet wurden. Die Aufnahme weiterer Partner war eine strategische Entscheidung, um den Absatzmarkt für die riesigen Mengen an Öl insbesondere nach Asien zu erweitern und die Tantiemen an den König von Saudi-Arabien auf mehrere Schultern zu verteilen, ohne die Preise am Weltmarkt zu gefährden. Zudem benötigte Aramco zusätzliches Kapital, um die geplante Pipeline von den Fördergebieten ans Mittelmeer zu bauen.

15. Sicherheitspakt während des Kalten Krieges

Die Präsenz Großbritanniens im Irak und in Jordanien sowie die Nähe der britischen Streitkräfte zu den Haschemiten, den traditionellen Rivalen des Saudischen Königshauses im Nahen Osten, veranlassten Ibn Saud 1951, mit den USA einen Verteidigungspakt zu schließen, der eine langfristige Pacht des Dhahran Airfield – heute bekannt als King Abdulaziz Air Base – in der östlichen Provinz Saudi-Arabiens nahe der Küste am Persischen Golf einschloss. Die Errichtung der Luftwaffenbasis in der Nähe der großen Ölfelder südwestlich der Stadt Dammam hatte schon während des Zweiten Weltkriegs begonnen.

Während des Kalten Krieges war das Dhahran Airfield ein zentraler Stützpunkt des US-Militärs in Saudi-Arabien und diente als Basis für die Stationierung von Flugzeugen und für logistische Operationen, was sowohl zur Sicherung des Königreichs diente als auch die strategischen Interessen der USA in der Region unterstützte. Allerdings stieß die Präsenz des US-Militärs bei König Saud, dem Sohn und Nachfolger nach dem Tod von Ibn Saud im November 1953, auf zunehmende Skepsis. Der Grund waren die Bemühungen der Eisenhower-Administration, mit Großbritannien, Irak, Iran, Türkei und Pakistan ein Bündnis gegen die Sowjetunion zu bilden. Bei König Saud erweckte dieses Arrangement mit den regionalen Rivalen und Feinden des Königreichs Saudi-Arabien zunehmend den Wunsch, die Allianz mit den USA zu lösen oder zumindest auf ein Minimum herunterzufahren, insbesondere während der Suez-Krise 1956.

Zudem belastete auch Amerikas Verbindung zu Israel zunehmend die Beziehung zum Königshaus Saud. Vor allem in den Phasen arabisch-israelischer Konflikte spürten die Saudis den Druck anderer arabischer Nationen, die Freundschaft mit Amerika zu überdenken. Für Amerikaner waren diese Episoden ein „wiederkehrender Albtraum“, der im Öl-Embargo von 1973 bis 1974 einen ersten Höhepunkt fand.

15. Bau der Trans-Arabian-Pipeline (Tapline)

Die Planung und der Bau der Trans-Arabian Pipeline (Tapline) in den Jahren 1947 bis 1950 war ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das den Transport von Rohöl vom Ölfeld in Abqaiq zum Mittelmeerhafen Sidon im Libanon ermöglichte. Die Tapline wurde von der Arabian American Oil Company (Aramco) gebaut und war ein Schlüsselprojekt, um die wachsende Nachfrage nach Erdöl in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu bedienen.

16. Beginn der Verstaatlichung von Aramco

In den 1970er-Jahren begann die saudi-arabische Regierung, Anteile an Aramco zu erwerben, ein Prozess, der schließlich zur vollständigen Verstaatlichung des Unternehmens führte. 1988 wurde das Unternehmen offiziell in Saudi Aramco umbenannt. Heute ist Saudi Aramco dasgrößte Erdölunternehmen der Welt und ein entscheidender Akteur auf den globalen Energiemärkten

17. Saudi-US-Pakt von 1974 – Grundstein des Petro-Dollar-Systems

In den 1970er-Jahren durchlief die Weltwirtschaft tiefgreifende Veränderungen, maßgeblich beeinflusst durch die Ölpolitik der OPEC während und nach dem Jom-Kippur-Krieg. Die arabischen Mitgliedsländer der OPEC hatten ein Ölembargo gegen Länder verhängt, die Israel im Konflikt unterstützt hatten, darunter die USA und mehrere andere Industrienationen. Dies führte zu einem drastischen Anstieg der Ölpreise und einer Verknappung des Angebots, was zu einer globalen Energiekrise führte. Die betroffenen westlichen Industrienationen sahen sich mit schweren wirtschaftlichen Schäden konfrontiert, ausgelöst durch hohe Inflationsraten und eine globale Rezession. Gleichzeitig führten die steigenden Ölpreise zu erheblichen Zahlungsbilanzüberschüssen und zunehmenden Devisenreserven bei den OPEC-Mitgliedsländern, allen voran bei Saudi-Arabien. Es bestand die Befürchtung der Regierungen der USA, Europas und Japans, dass die Weltwirtschaft zusätzlich belastet wird durch eine Währungskrise der westlichen Industrienationen.

Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der hohen Ölpreise abzumildern, schlug Peter G. Peterson, Vorsitzender der Investmentbank Lehman Brothers, erstmals am 6. September 1973 dem House Committee on Foreign Affairs vor, Investitionen aus den OPEC-Ländern in Aktien und Anleihen anzuziehen, um die Defizite in der Zahlungsbilanz der westlichen Länder auszugleichen. In diesem Zusammenhang prägte er den Begriff „Petrodollar“ und forderte Investitionen in einer Größenordnung von 10 bis 15 Milliarden Dollar aus den erdölproduzierenden Ländern. Im Gegenzug sollten diese westliche Expertise in Finanzen, Management und Technologie erhalten.

Am 5. April 1974 verkündeten die Regierungen der USA und Saudi-Arabiens eine solche Vereinbarung, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu vertiefen. Im Kern beinhaltete das Abkommen die Zusage der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und militärische Unterstützung im Gegenzug für die Zusage Saudi-Arabiens, Öl ausschließlich in US-Dollar zu handeln. Im Juli 1974 flog Finanzminister William Simon nach Jeddah, um die Details mit Prinz Fand Ibn Abdel Aziz auszuarbeiten. Hierbei konnte Simon die Saudis überzeugen, einen Teil ihrer Petrodollars in US-Staatsanleihen zu investieren (Petrodollar-Recycling), allerdings unter der Bedingung der Anonymität. Das Abkommen trug dazu bei, den US-Dollar und die globalen Finanzmärkte zu stabilisieren.

18. Ölpreiskrieg zwischen USA und Saudi-Arabien

In den 2000er-Jahren kannten die Ölpreise nur eine Richtung: nach oben. Während der Wirtschafts- und Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2009 stürzten die Preise jedoch von einem Höchststand von etwa 147 US-Dollar pro Barrel im Juli 2008 auf einen Tiefststand von etwa 30 US-Dollar pro Barrel im Dezember 2008 ab. In den Jahren danach konnten sich die Ölpreise von 2010 bis 2014 wieder erholen und pendelten sich zwischen 80 und 110 US-Dollar pro Barrel ein. Gründe hierfür waren eine wirtschaftliche Erholung vieler Volkswirtschaften nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise und Sanktionen gegen den Iran, aber auch die Produktionskürzungen in den OPEC-Mitgliedsländern, allen voran in Saudi-Arabien.

Allerdings löste die Entscheidung Saudi-Arabiens und der OPEC in 2014, ihre Ölproduktion trotz eines Überangebots auf dem Markt infolge der zunehmenden Schieferölproduktion in Amerika, nicht mehr zu drosseln, einen eklatanten Preisrutsch aus. Das Ziel war, mit der Beibehaltung einer hohen Ölproduktion die Preise niedrig halten, um die kostenintensive Schieferölproduktion in den USA unrentabel zu machen. Die historisch gewachsene Öl-Allianz zwischen Saudi-Arabien und den USA wollten ihre Marktanteile verteidigen und den wachsenden Einfluss der Schieferölproduktion in den USA eindämmen. Das Ergebnis war ein signifikantes Überangebot auf dem Markt, was die Ölpreise von über 100 USD pro Barrel Mitte 2014 auf rund 30 USD pro Barrel Anfang 2015 sinken ließ.

Statista Infografik – US Shale Oil Revolution

Die Infografik „The American Shale Revolution“ veranschaulicht die dramatischen Veränderungen in der US-amerikanischen Öl- und Gasproduktion seit 2010. Dank des Einsatzes von Fracking und horizontalem Bohren erlebte allein die Ölproduktion in den USA von 2010 bis 2020 einen beispiellosen Anstieg und machte die USA zu einem der weltweit führenden Ölproduzenten. Dies führte zu enormen Veränderungen auf dem globalen Energiemarkt, welche sich auch auf die Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien belastend auswirkten.

17. Justice Against Sponsors of Terrorism Act (JASTA)

18. Gründung der OPEC+ 2016 und andere Partnerschaften

09/2016 Putin & MBS Agreement. Im Jahr 2016 bildeten Saudi-Arabien und Russland die OPEC+, eine erweiterte Gruppe von Ölproduzenten, die Mitglieder der OPEC und andere bedeutende Ölproduzenten wie Russland umfasst. Diese Zusammenarbeit zielte darauf ab, die Ölproduktion zu koordinieren und die Ölpreise zu stabilisieren.

2017: Saudi-Arabien und Russland führten gemeinsam Produktionskürzungen durch, um das Überangebot auf dem Ölmarkt zu reduzieren und die Preise zu stützen. Diese Maßnahmen zeigten die Bereitschaft beider Länder, enger zusammenzuarbeiten, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu wahren.

10/2017 Saudi-König zu Besuch in Russland

2018: Saudi-Arabien und Russland unterzeichneten mehrere Abkommen zur Vertiefung ihrer wirtschaftlichen Beziehungen, einschließlich Investitionen in Energieprojekte und andere strategische Sektoren. Dies stärkte die bilateralen Beziehungen und schuf eine Grundlage für langfristige Zusammenarbeit.

2019: Gemeinsame Energieprojekte: Beide Länder investierten in gemeinsame Energieprojekte, darunter Raffinerien und petrochemische Anlagen. Diese Projekte unterstreichen das gegenseitige Vertrauen und die Absicht, die wirtschaftlichen Beziehungen weiter auszubauen.

Öl, Sicherheit und Macht: Allianz zwischen USA und Saudi-Arabien
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