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Der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden eines Kommanditisten in der Erbschaftssteuer

Ist der Abfindungsanspruch eines Kommanditisten wegen Ausscheidens aus der KG bei dessen Tod höher als der Buchwert des KG-Anteils, der durch Anwachsung auf die fortsetzenden Gesellschafter übergeht, wird lt. Urteil des BFH vom 08.06.2021 kein negativer Wert des Erwerbs als Schenkung auf den Todesfall bei dem fortsetzenden Gesellschafter berücksichtigt. Dies gilt auch für den Fall, dass der fortsetzende Gesellschafter zugleich Erbe des ausgeschiedenen Gesellschafters ist.

Der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden eines Kommanditisten

Ein Abfindungsanspruch, den ein Kommanditist bei seinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft (KG) durch Tod gegen die Gesellschaft erlangt, die von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird, kann bei dessen Erben einen Erwerb von Todes wegen gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen.

Fortsetzungsklausel im KG-Vertrag

Ist im Gesellschaftsvertrag der KG entsprechend § 736 Abs. 1 BGB geregelt, dass die Personengesellschaft beim Tod eines Gesellschafters unter den übrigen Gesellschaftern mit der Folge einer Anwachsung gem. § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB fortbestehen soll (Fortsetzungsklausel), wächst ihnen der Anteil des verstorbenen Gesellschafters am Gesamthandsvermögen auf gesellschaftsvertraglicher und nicht auf erbrechtlicher Grundlage im Privatvermögen zu. Der Anteil des verstorbenen Kommanditisten fällt nicht in dessen Nachlass; ein Erwerb von Todes wegen nach § 3 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB findet diesbezüglich nicht statt.

Abfindungsanspruch weichender Erben bei Anwachsung

Der Abfindungsanspruch des verstorbenen Kommanditisten gehört hingegen zum erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb von Todes wegen, sei es nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG. Das gilt insbesondere dann, wenn die Vererblichkeit des Kommanditanteils nach § 177 HGB im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen und durch einen Abfindungsanspruch ersetzt wird. Es handelt sich um eine Kapitalforderung gegen die Gesellschaft gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG, die im Rahmen der Erbschaftssteuererklärung mit dem Nennwert anzusetzen ist.

Der Abfindungsanspruch gehört nicht zum Betriebsvermögen, sondern zum Privatvermögen der Erben. Die Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters haben im Wege der Erbfolge zu keiner Zeit einen Anteil am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft erworben. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die Erben zugleich die fortsetzenden Gesellschafter der KG sind.

Der Anteil des verstorbenen Gesellschafters am Gesamthandsvermögen der KG wächst den Erben in ihrer Eigenschaft als fortsetzende Gesellschafter auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zu. Den Abfindungsanspruch gegen die KG erwerben sie hingegen in ihrer Eigenschaft als Erben des verstorbenen Gesellschafters und Erblassers.

BFH, Urteil vom 08.06.2021, II R 2/19

Ein solcher Abfindungsanspruch ist am Todestag (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) als private Forderung zu bewerten (vgl. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG). Er gehört nicht automatisch zum Sonderbetriebsvermögen der KG (vgl. § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 2 BewG). Forderungen eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft können zwar grundsätzlich zum Sonderbetriebsvermögen gehören, aber beim Abfindungsanspruch der weichenden Erben des verstorbenen Gesellschafters ist das nicht der Fall.

Schenkung auf den Todesfall im Falle der Anwachsung

Bei den fortsetzenden Gesellschaftern der KG, denen der Anteil des verstorbenen Gesellschafters anwächst, können zudem die Voraussetzungen eines Erwerbs durch Schenkung auf den Todesfall gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG i.V.m. § 2301 BGB erfüllt sein.

Erfolgt der Übergang des Anteils eines Gesellschafters einer Personen- oder Kapitalgesellschaft bei dessen Tod auf die anderen Gesellschafter im Rahmen der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Anwachsung infolge dessen Todes, handelt es sich um eine Schenkung auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG, soweit der Wert dieses Anteils zum Zeitpunkt des Todes etwaige Abfindungsansprüche Dritter übersteigt (vgl. BFH-Urteil vom 11.05.2005 – II R 40/02, BFH/NV 2005, 1568, unter II.1.b).

Ist allerdings der Abfindungsanspruch weichender Erben höher als der Wert des Anteils, wird kein negativer Wert des Erwerbs berücksichtigt. Dies gilt auch für den Fall, dass die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des ausgeschiedenen Gesellschafters sind.

BFH, Urteil vom 08.06.2021, II R 2/19

Der Ansatz eines negativen Erwerbs ist auch nicht deshalb geboten, weil die fortsetzenden Gesellschafter zugleich Erben des verstorbenen Gesellschafters sind. Auch in diesen Fällen entspräche es nicht der Zielsetzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG, einen negativen Erwerb zu berücksichtigen, der mit anderen positiven Erwerben von Todes wegen zu verrechnen wäre und zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer der Erben führte. Der Gesetzgeber wollte objektive Bereicherungen, die sich außerhalb des Erbrechts auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage vollziehen, der Besteuerung unterwerfen und so eine Besteuerungslücke schließen. Diese Überlegung steht in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob der Mitgesellschafter zudem Erbe des ausgeschiedenen Gesellschafters wurde. Dem Gesetzgeber kam es erkennbar nicht auf die Erbenstellung an.

Der Abfindungsanspruch bei Ausscheiden eines Kommanditisten in der Erbschaftssteuer
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