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Rechtsnachfolge beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft

Im Hinblick auf die Rechtsnachfolge beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft sind neben den erbrechtlichen Bestimmungen auch die Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag zu berücksichtigen. Liegen solche nicht vor, können die gesetzlichen Regelungen des Gesellschaftsrechts zu überraschenden Ergebnissen führen. Beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft treffen die oft unterschiedlichen Interessen des Erblassers und der verbleibenden Gesellschafter aufeinander. Während im Erbrecht der Grundsatz der Testierfreiheit besteht, kommt es im Gesellschaftsrecht zunächst auf die Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag an, ob und welche Erben beim Tod des Gesellschafters als Unternehmensnachfolger zugelassen sind. Unternehmertestament und Gesellschaftsvertrag müssen daher immer aufeinander abgestimmt werden, um dem Willen des Erblassers auch im Gesellschaftsrecht Geltung zu verschaffen.

Inhalt:
  1. Testierfreiheit versus Gesellschaftsrecht
  2. Gesetzliche Rechtsnachfolge bei Personengesellschaften
  3. Fortsetzungsklausel im Falle der GbR
  4. Einfache erbrechtliche Nachfolgeklausel
  5. Qualifizierte erbrechtliche Nachfolgeklausel
  6. Gesellschaftsvertragliche Eintrittsklausel
  7. Gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel

1.Testierfreiheit versus Gesellschaftsrecht

Die Testierfreiheit ist Teil der in Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Privatautonomie natürlicher Personen. Gesellschafter einer Personengesellschaft können die Vermögensnachfolge für den Fall des eigenen Todes mit einer Verfügung von Todes wegen grundsätzlich frei bestimmen.

Demgegenüber ergeben sich aus dem Gesellschaftsrecht diverse gesetzliche Regelungen, die gegenüber dem Erbrecht Vorrang genießen und den Willen des Erblassers unterlaufen können. Gleiches gilt für die vertraglichen Vereinbarungen der Gesellschafter im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages.

Aus diesen Gründen ist insbesondere bei einer Personengesellschaft immer darauf achten, dass die Gestaltung der Erbfolge mittels Testament oder Erbvertrag mit den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften oder Vereinbarungen abgestimmt wird.

2. Gesetzliche Rechtsnachfolge bei Personengesellschaften

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird gem. § 727 Abs. 1 BGB durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst und liquidiert, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt. Bezüglich des Gesellschaftsvermögens erfolgt nach § 730 BGB die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern. Der entsprechende Anteil des verstorbenen Gesellschafters am Auseinandersetzungsguthaben steht den Erben zur gesamten Hand zu. Wie § 727 Abs. 1 BGB klar zu erkennen gibt, können die Gesellschafter einer GbR für den Tod eines Gesellschafters eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung treffen und z.B. die Gesellschaft mit den Erben fortsetzen (Fortsetzungsklausel).

Bei der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) führt der Tod eines Gesellschafters nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zum Aussscheiden des verstorbenen Gesellschafters (§§ 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB). Sofern die Gesellschafter nicht etwas anderes vereinbart haben, wächst der Gesellschaftsanteil den überlebenden Gesellschaftern an (§ 738 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 2 HGB). Die verbleibenden Gesellschafter setzen die Gesellschaft fort, während die Erben eine Abfindung erhalten (§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 2 HGB).

Bei der Kommanditgesellschaft (KG) ist zu unterscheiden zwischen dem Tod des Komplementärs und dem Tod eines Kommanditisten. Der Tod des Komplementärs führt wie bei der OHG zu dessen Ausscheiden (§§ 131 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. 161 Abs. 2 HGB). Demgegenüber gehen die Gesellschaftsanteile eines Kommanditisten bei dessen Tod im Wege der Sondernachfolge auf die Erben über (§ 177 HGB). Der Gesellschaftsanteil des verstorbenen Kommanditisten wird entsprechend der jeweiligen Erbquoten auf die gesetzlichen oder testamentarischen Erben aufgeteilt.

3. Fortsetzungsklausel im Falle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird gem. § 727 Abs. 1 BGB durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt. Die Gesellschafter einer GbR können also abweichend von der gesetzlichen Regelung im Rahmen des Gesellschaftsvertrages vereinbaren, dass die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters fortgesetzt wird (= Fortsetzungsklausel).

Durch die vertragliche Abbedingung der gesetzlich angeordneten Auflösung und Liquidation des Gesellschaftsvermögens verhindern die Gesellschafter eine unerwünschte Zerschlagung der Gesellschaft unter Aufdeckung stiller Rerserven im Gesellschaftsvermögen.

Mit dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters der GbR geht das Gesamthandsvermögen auf den verbliebenen Gesellschafter im Wege der Anwachsung gem. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB ohne Liquidation über. Die GbR wird damit sofort vollbeendet (vgl. z.B. Urteil des BFH vom 13.10.2016, IV R 33/13).

4. Einfache erbrechtliche Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag

Bei den Personengesellschaften sind die gesetzlichen Regelungen und die Fortsetzungsklausel nicht geeignet, für den Tod des Gesellschafters bzw. Komplementärs eine Unternehmensnachfolge durch die eingesetzten Erben zu bewirken.

Eine Fortsetzung der Gesellschaft durch die überlebenden Gesellschafter muss bei der OHG und KG nicht gesondert vereinbart werden, da sich dies schon aus dem Gesetz ergibt (§§ 131 Abs. 3 Nr. 1, 161 Abs. 2 HGB). Wollen die Gesellschafter aber die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters bewirken, ist die Verwendung einer einfachen erbrechtlichen Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag notwendig.

Diese einfache, erbrechtliche Nachfolgeklausel bewirkt zweierlei: Die Gesellschaft wird durch den Tod des Gesellschafters nicht aufgelöst (Fortsetzungswirkung) und die Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils wird hergestellt (Vererblichkeitswirkung). Der Eintritt der Erben in die Personengesellschaft erfolgt jedoch nicht als Erbengemeinschaft, sondern jeweils einzeln entsprechend der jeweiligen Erbquote.

Wer Unternehmensnachfolger wird, können die Gesellschafter jeweils selbst mittels Testament bestimmen (Vorrang des Erbrechts vor dem Gesellschaftsrecht). Liegt keine Verfügung von Todes vor, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, was im Falle der Personengesellschaften in den seltensten Fällen zu vernünftigen Ergebnissen führt.

Der Nachteil der einfachen, erbrechtlichen Nachfolgeklausel besteht darin, dass für die Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages nicht vorhersehbar ist, wer beim Tod des Gesellschafters in die Gesellschaft eintritt. Darüber hinaus besteht insbesondere in den Fällen der gesetzlichen Erbfolge die Gefahr, dass mehrere Erben mit teils unterschiedlichen Interessen in die Gesellschaft aufzunehmen sind. Diesbezüglich ist es daher ratsam, durch weitere Regelungen im Gesellschaftsvertrag sicherzustellen, dass nur einer der Erben oder einzelne Erben Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt wird.

5. Qualifizierte erbrechtliche Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag

Im Gegensatz zur einfachen erbrechtlichen Nachfolgeklausel wird mittels einer qualifizierten Nachfolgeklausel schon im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft nur bestimmte (qualifizierte) Erben Rechtsnachfolger werden können. Dies kann geschehen durch namentliche Benennung des Nachfolgers oder Bestimmung eindeutiger, qualifizierter Merkmale des Nachfolgers.

Etwas eleganter ist die Lösung, den Kreis der zugelassenen Rechtsnachfolger im Gesellschaftsvertrag nur nach allgemeinen Kriterien zu bestimmen und dem Erblasser oder den überlebenden Gesellschaftern ein Bestimmungsrecht einzuräumen (Bestimmbarkeit des Rechtsnachfolgers). In diesem Fall müssen die Gesellschafter jedoch mittels Verfügung von Todes wegen dafür sorgen, dass der gewünschte Nachfolger auch tatsächlich Erbe oder zumindest Vermächtnisnehmer wird.

Weiterhin ist zu beachten, dass der Unternehmensnachfolger zum Wertausgleich verpflichtet ist, wenn der Anteil an der Gesellschaft das wesentliche Vermögen des Erblassers ausmacht. Liegt neben dem Gesellschaftsanteil werthaltiges Sonderbetriebsvermögen vor, müssen Gesellschaftsvertrag und Testament genau aufeinander abgestimmt werden.

6. Eintrittsklausel beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft

Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages können die Gesellschafter abweichend von den bisherigen Varianten auch ein Eintrittsrecht vereinbaren.

Nach dem Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft erhält hier

  • einer der überlebenden Gesellschafter,
  • einer der Erben oder
  • ein Dritter

einen Anspruch auf Aufnahme in die Gesellschaft.

Bis dahin wird die Gesellschaft mit den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt, während der verstorbene Gesellschafter mit seinem Tod ausscheidet, verbunden mit einem Abfindungsanspruch der Erben.

Als weitere Variante hierzu können die Gesellschafter auch ein sog. Bestimmungsrecht vereinbaren: Hiermit wird durch den Gesellschafter selbst, durch die überlebenden Gesellschafter oder die Erben bestimmt, wer in die Gesellschaft eintritt. Der Eintrittsberechtigte muss sich (ggf. innerhalb einer bestimmten Frist) entscheiden, ob er das Eintrittsrecht beansprucht oder nicht. Rechtlich handelt es sich um einen Vertrag zwischen den Gesellschaftern zu Gunsten eines Dritten, auf den die Bestimmungen der §§ 328 ff. BGB anzuwenden sind. Besondere Beachtung ist dem Abfindungsanspruch der Erben zu widmen, der ggf. dem eintrittsberechtigten Erben zuzuwenden ist.

7. Nachfolgeklausel beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft

Bei der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel tritt der bestimmte Rechtsnachfolger mit dem Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft automatisch in die Stellung des verstorbenen Gesellschafters ein. Dies geschieht abweichend von der erbrechtlichen Nachfolgeklausel außerhalb der Erbfolge allein auf Basis des Gesellschaftsvertrages. Rechtlich handelt es sich um eine Schenkung des Gesellschaftsanteils unter Lebenden, aufschiebend bedingt durch den Tod des Gesellschafter, verbunden mit der Zustimmung der anderen Gesellschafter.

Da der Erwerb des Gesellschaftsanteils außerhalb der Erbfolge stattfindet, haben die Erben keinen Anspruch auf Wertausgleich gegen den Unternehmensnachfolger. Ferner haben die Erben auch keinen Abfindungsanspruch gegen die überlebenden Gesellschafter, da mit dieser Variante keine Anwachsung des Gesellschaftsanteils verbunden ist. In Betracht kommen jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen lebzeitiger Schenkung (§ 2325 BGB) oder erbrechtliche Ausgleichsansprüche gemäß §§ 2050 ff. BGB.

Rechtsnachfolge beim Tod des Gesellschafters einer Personengesellschaft