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BFH zu Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung gem. § 7g EStG bei Betriebsaufgabe

Mit Urteil vom 28.07.2021 hat der BFH eine interessante Entscheidung zu Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung gem. § 7g EStG getroffen, insbesondere zur Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen gem. § 7g Abs. 4 S. 1 i.V.m. Abs. 6 Nr. 2 EStG im Falle der Betriebsaufgabe.

BFH zu Investitionsabzugsbeitrag und Sonderabschreibung gem. § 7g EStG bei Betriebsaufgabe

Wollen Unternehmer einen Investitionsabzugsbetrag und eine Sonderabschreibung im Sinne des § 7g EStG gewinnmindernd in Anspruch nehmen, müssen sie neben anderen Voraussetzungen das Wirtschaftsgut gem. § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich nutzen.

Offen war bislang die Frage, wie im Falle der Betriebsaufgabe nach der Anschaffung oder Herstellung des entsprechenden Wirtschaftsguts mit dem gebildeten Investitionsabzugsbetrag und der beanspruchten Sonderabschreibung umzugehen ist.

Im Leitsatz des BFH-Urteils vom 28.07.2021 (X R 30/19) heißt es dazu:

Für die Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 S. 1, Abs. 6 Nr. 2 EStG genügt es in Fällen, in denen der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr bzw. einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum nach dem Wirtschaftsjahr seiner Anschaffung oder Herstellung, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (gegen BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl I 2013, 1493, Rz 36, 37, 58).

BFH, Urteil vom 28.07.2021, X R 30/19

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2014 ein gewerbliches Einzelunternehmen, dessen Gewinn sie durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Das Betriebsstättenfinanzamt stellte den Gewinn gesondert fest, weil die Klägerin in einem anderen Bundesland wohnte. In der Gewinnermittlung für 2012 hatte die Klägerin einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 14.400 € als Betriebsausgabe abgezogen. Dabei handelte es sich um 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten eines PKW. Im Mai 2014 erwarb die Klägerin den PKW mit Anschaffungskosten in Höhe von von 33.334,03 €. Am 15.07.2015 gab sie ihren Betrieb allerdings auf. Das Finanzamt vertrat daraufhin die Auffassung, dass der Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 4 S. 1 EStG rückwirkend rückgängig zu machen sei, weil der Betrieb vor dem Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung folgenden Wirtschaftsjahres aufgegeben worden sei. Den Einspruch der Klägerin gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2012 wies das FA unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 20.11.2013 (BStBl I 2013, 1493, Rz 36, 37, 58) zurück.

Der Nutzungszeitraum müsse nach Ablauf des Jahres der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts stets weitere zwölf Monate umfassen. Andernfalls wäre es möglich, dass der Investitionsabzugsbetrag dem Unternehmer verbliebe, wenn er das Wirtschaftsgut am 30.12. anschaffe und den Betrieb am 02.01. des Folgejahres aufgebe. Dieses Ergebnis könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein und würde den Förderzweck des § 7g EStG verfehlen.

Ausschließlich betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts

Nach § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG können die in § 7g Abs. 5 EStG vorgesehenen Sonderabschreibungen nur in Anspruch genommen werden, wenn das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Steuerpflichtigen ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Diesbezüglich vertrat das FA die Auffassung, dass die Nutzungsvoraussetzung nur dann erfüllt ist, wenn das Wirtschaftsgut für ein volles Kalenderjahr bzw. einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum nach dem Wirtschaftsjahr seiner Anschaffung oder Herstellung ausschließlich betrieblich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird. In der Streitsache war diese Nutzungsvoraussetzung nach Ansicht des FA daher nicht erfüllt, da die Klägerin den Pkw im Wirtschaftsjahr 2015 bis zur Betriebsaufgabe am 15.07.2015 nur 6 1/2 Monate betrieblich nutzte.

Hierzu stellt der BFH fest:

Zu Recht hat das FG die Auffassung vertreten, dass es für die Erfüllung dieser Nutzungsvoraussetzung in Fällen, in denen der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird, genügt, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr bzw. einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum nach dem Wirtschaftsjahr seiner Anschaffung oder Herstellung, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

BFH, Urteil vom 28.07.2021, X R 30/19

Der BFH verweist zur Begründung auf die Regelung in § 8b EStDV, wonach der dortige Begriff des Wirtschaftsjahres auch im Rahmen des § 7g Abs. 6 Nr. 2 EStG maßgebend ist.

Die zu § 7g EStG a.F. ergangene Rechtsprechung gilt hinsichtlich der Heranziehung des § 8b EStDV unverändert auch für den Investitionsabzugsbetrag fort. Die Rechtsauffassung des Senats, wonach Rumpfwirtschaftsjahre i.S. des § 8b Satz 2 EStDV auch für Zwecke des § 7g EStG als volle Wirtschaftsjahre anzusehen sind, entspricht auch der Auffassung eines Teils der Literatur.

BFH zu Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung gem. § 7g EStG bei Betriebsaufgabe