Will man gegen einen Steuerbescheid Einspruch einlegen, sind einige Dinge zu beachten. Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid gehört zu den wichtigsten Rechtsbehelfsmöglichkeiten im Steuerrecht. Eine sachliche Überprüfung des Steuerbescheids im Rahmen des Einspruchsverfahrens erfolgt jedoch nur, wenn der Einspruch statthaft ist und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt wurde. Das Einspruchsverfahren ist dann erfolgreich, wenn der Einspruch gegen den Steuerbescheid sowohl zulässig als auch begründet ist.
Inhalt:
- Änderung des Steuerbescheids beantragen
- Fristwahrender Einspruch gegen Steuerbescheid
- Zulässigkeit des Einspruchs
- Sachliche Überprüfung des Steuerbescheids (Begründetheit)
- Besondere Einspruchsverfahren
- Muster für den Einspruch gegen einen Steuerbescheid
1. Änderung des Steuerbescheids beantragen
Beruht der Fehler des Steuerbescheids offensichtlich auf einem Eingabe- oder Rechenfehler des Finanzamts, ist anstelle eines Einspruch gegen den Steuerbescheid auch ein einfacher Antrag auf Änderung gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a AO bzw. Korrektur des Fehlers gem. §§ 129 ff, 172 ff AO möglich.
2. Fristwahrender Einspruch gegen einen Steuerbescheid
Ein fristwahrender Einspruch gegen einen Steuerbescheid (Muster) ist zu empfehlen, wenn der Steuerbescheid von der Steuererklärung abweicht, die Rechtmäßigkeit der Abweichung aber innerhalb der Einspruchsfrist nicht mehr geklärt werden kann. Das gleiche gilt, wenn vor der Begründung des Einspruchs noch eine Beratung oder eine Besprechung mit dem Steuerberater oder einem Rechtsanwalt notwendig ist.
3. Zulässigkeit des Einspruchs
Eine sachliche Überprüfung des Steuerbescheids erfolgt nur nach positiver Feststellung der Zulässigkeit des Einspruchs nach den Vorschriften der §§ 357 Abs. 2, 367 Abs. 1 AO. Liegt eine der Voraussetzungen der Zulässigkeit nicht vor, wird der Einspruch gem. § 358 AO als unzulässig verworfen, ohne dass eine sachliche Überprüfung begonnen hat. Folgende Fragen sind hierfür zu klären:
- Ist der Einspruch statthaft?
- Stammt der Einspruch gegen den Steuerbescheid vom Betroffenen selbst?
- Ist der Einspruch in der richtigen Form eingelegt?
- Ist der Einspruch inhaltlich vollständig und eindeutig?
- Wurde die Einspruchsfrist eingehalten?
- Kann der Einspruchsführer selbst Einspruch einlegen?
- Ist die Einlegung des Einspruch noch möglich?
a) Ist der Einspruch statthaft?
Ein Einspruch ist nur gegen einen in § 347 Abs. 1 S. 1 AO bezeichneten Verwaltungsakt statthaft, aber auch im Falle der Untätigkeit des Finanzamts (§ 347 Abs. 1 S. 2 AO). Dagegen ist der Einspruch gem. § 348 AO nicht statthaft gegen eine Einspruchsentscheidung oder bei Nichtentscheidung über einen bereits eingelegten Einspruch.
b) Einspruchsbefugnis
Nach § 350 AO ist nur derjenige zur Einlegung eines Einspruchs befugt, wer geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder dessen Unterlassung beschwert zu sein. Das sind regelmäßig die Personen,
- für die der Steuerbescheid bestimmt ist oder
- die sonst davon betroffen sind.
c) Ordnungsgemäße Form des Einspruchs
Der Einspruch muss gem. § 357 Abs. 1 AO schriftlich (auch möglich per Fax) oder direkt beim zuständigen Finanzamt zur Niederschrift eingelegt werden. Diesbezüglich ist es ausreichend, wenn sich aus dem Schreiben des Einspruchsführers der Wille zur Einlegung eines Einspruchs gegen einen Steuerbescheid ergibt und aus dem Schreiben ersichtlich wird, wer Einspruchsführer ist. Nicht ausreichend ist dagegen eine (fern)mündliche Erklärung im Rahmen eines Telefonats mit dem Bearbeiter beim Finanzamt, selbst dann nicht, wenn dieser hierzu einen Aktenvermerk anfertigt.
d) Notwendiger Inhalt des Einspruchs
Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid muss mindestens den Einspruchsführer korrekt bezeichnen, also denjenigen, der den Einspruch einlegen will. Ferner soll in dem Einspruchsschreiben auch
- der Steuerbescheid bezeichnet werden, gegen den sich der Einspruch richtet und
- inwieweit dieser angefochten und seine Aufhebung beantragt wird (§ 357 Abs. 3 AO).
Tatsachen zur Begründung und Beweismittel sollen ebenfalls angeführt werden, wobei diese auch in einem gesonderten Schreiben nachgereicht werden können.
d) Einspruchsfrist
Der Einspruch gegen einen Steuerbescheid muss gem. § 355 Abs. 1 AO
- innerhalb eines Monats
- nach dessen Bekanntgabe
eingelegt werden. Die Einspruchsfrist beginnt also mit wirksamer Bekanntgabe des Steuerbescheids durch das Finanzamt. Eine wirksame Bekanntgabe setzt gem. § 124 Abs. 1 AO voraus, dass der Verwaltungsakt demjenigen bekannt gegeben wird, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist.
Bekanntgabemängel liegen häufig dann vor, wenn das Finanzamt eine schriftliche Zustellungsvollmacht des Steuerberaters oder Rechtsanwalts nicht beachtet und den Bescheid lediglich dem Steuerpflichtigen selbst bekannt gibt. In diesen Fällen beginnt die Einspruchsfrist mangels wirksamer Bekanntgabe zunächst nicht zu laufen. Die Wirkungen der Bekanntgabe treten allerdings dann ein, wenn dem Zustellungsbevollmächtigten der Bescheid ausgehändigt wird, § 9 VwZG.
Ferner beginnt die Einspruchsfrist gem. § 356 Abs. 1 AO nur dann zu laufen, wenn dem Verwaltungsakt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war. Voraussetzung hierfür ist, dass der Betroffene über
- die Möglichkeit eines Einspruchs,
- das für den Einspruch zuständige Finanzamt,
- den Sitz des Finanzamts und
- die Einspruchsfrist
schriftlich belehrt worden ist. Enthält der Steuerbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung oder ist diese unvollständig, ist der Einspruch nach § 356 Abs. 2 AO grundsätzlich noch innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe des Steuerbescheids zulässig, es sei denn
- die Einlegung des Einspruchs war infolge höherer Gewalt unmöglich oder
- es ist eine schriftliche Belehrung dahingehend erfolgt, dass die Möglichkeit eines Einspruchs nicht gegeben ist.
Die Einspruchsfrist ist gem. § 357 Abs. 2 AO nur dann gewahrt, wenn der Einspruch innerhalb der Frist beim zuständigen Finanzamt eingeht. Für die Berechnung der Einspruchsfrist gelten gem. §§ 365 Abs. 1 i.V.m. 108 Abs. 1 AO die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 187 ff BGB entsprechend. Wichtig hierbei ist, daß der Tag der Bekanntgabe bei der Berechnung der Einspruchsfrist nicht mitgerechnet wird, da die Bekanntgabe das Ereignis ist, das für den Beginn der Einspruchsfrist maßgebend ist.
Bei der Berechnung der Einspruchsfrist ist ferner zu unterscheiden, ob die Zustellung des Steuerbescheids
- mit einfachem Brief oder
- mit Postzustellungsurkunde
erfolgt ist. Ist die Zustellung mit einfachem Brief erfolgt, gilt der Bescheid gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, es sei denn der Bescheid ist nicht oder tatsächlich zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen („3-Tage-Regel“). Ist die Zustellung mit Postzustellungsurkunde erfolgt, gilt der Bescheid an dem Tag der Übergabe oder der Ersatzzustellung durch den Postzusteller als bekannt gegeben.
Die Einspruchsfrist endet gem. § 188 BGB mit Ablauf des Tages, welcher durch seine Benennung dem Tage entspricht, in den das Ereignis der Bekanntgabe fällt.
Ist die Bekanntgabe des Steuerbescheids beispielsweise am 29.1. erfolgt, fällt das Fristende auf den 29.2.! Fehlt dieser Tag in dem Monat des Fristablaufs, endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages des betreffenden Monats, also z.B. am 28.02. Fällt das Ende der Frist auf
- einen Sonntag,
- einen gesetzlichen Feiertag oder
- einen Sonnabend,
so endet die Frist gem. § 108 Abs. 3 AO erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages.
Wurde die Einspruchsfrist versäumt, wird der Einspruch nach § 358 Abs. 2 AO grundsätzlich als unzulässig verworfen, ohne dass die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids im Übrigen überprüft wird. Da die Einspruchsfrist eine gesetzliche Ausschlussfrist ist, kann diese auch nach § 109 Abs. 1 AO nicht verlängert werden.
Wurde die Einspruchsfrist schuldlos versäumt, kann nach § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden (Muster Einspruch gegen Steuerbescheid verbunden mit Antrag auf Wiedereinsetzung). Ein etwaiges Verschulden des Steuerberaters an der Nichteinhaltung der Einspruchsfrist wird dem Steuerpflichtigen gem. § 110 Abs. 1 S. 2 AO zugerechnet. Besteht ein Kausalzusammenhang zwischen fehlender Begründung oder Anhörung und der Fristversäumnis kann Wiedereinsetzung auch nach § 126 Abs. 3 AO beantragt werden.
Der Einspruch gegen die Untätigkeit einer Behörde (ein sog. Untätigkeitseinspruch gem. §§ 347 Abs. 1 S. 2, 355 Abs. 2 AO) ist unbefristet möglich. Der Einspruch ist bei der Behörde einzulegen, bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist, § 357 Abs. 2 AO.
e) Beteiligungs- und Handlungsfähigkeit
Zu den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen gehören auch die Beteiligungsfähigkeit nach § 78 AO sowie die Handlungsfähigkeit nach § 79 AO, die in der Praxis jedoch keine große Rolle spielen.
f) Kein Verzicht oder Rücknahme eines Einspruchs
Die Zulässigkeit eines Einspruchs ist schließlich davon abhängig, dass auf die Einlegung des Einspruchs nicht zuvor verzichtet wurde (§ 354 AO) und ein vorheriger Einspruch nicht zurückgenommen wurde (§ 362 AO).
4. Sachliche Überprüfung des Steuerbescheids (Begründetheit)
Erfüllt der Einspruch gegen den Steuerbescheid die vorgenannten Zulässigkeitsvoraussetzungen, erfolgt eine sachliche Überprüfung gem. § 367 Abs. 2 AO (= Begründetheit des Einspruchs). Das Finanzamt hat den angefochtenen Verwaltungsakt hierbei gem. §§ 367 Abs. 2 S. 1, 88 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 365 AO
- in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie
- in vollem Umfang auf seine Rechtmäßigkeit
zu überprüfen. Es besteht keine Bindung an die vom Einspruchsführer gestellten Anträge oder an die vorgebrachten Erwägungen. Im Einspruchsverfahren ist also auch eine Änderung des Steuerbescheids zum Nachteil des Betroffenen möglich (Verböserung gem. § 367 Abs. 2 AO), jedoch nur nach vorherigem Hinweis gegenüber dem Einspruchsführer. Eine Begrenzung des Prüfungsrahmens kann sich aus der Person des Einspruchsführers, aus dessen Beschwer oder einer zulässigen Teilanfechtung des Verwaltungsakts ergeben.
Erfolgte der Einspruch ohne Begründung, ist eine Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht anhand der Aktenlage ausreichend. Nur bei Zweifeln hinsichtlich tatsächlicher oder rechtlicher Umstände ist der Einspruchsführer nach §§ 365 Abs. 1 i.V.m. 88, 90 AO zur Mitwirkung anzuhalten.
5. Besondere Einspruchsverfahren
Es gibt diverse Einspruchsverfahren, die in der Praxis immer wieder auftreten und besonderen Regeln unterliegen. Einige dieser besonderen Fälle möchte ich hier darstellen, da sie in der Praxis eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.
a) Einspruch gegen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen
Schaffen Sie es zeitlich oder aus anderen Gründen nicht, die Steuererklärung rechtzeitig zu erstellen und beim Finanzamt einzureichen, erlässt das Finanzamt einen sog. Schätzungsbescheid. Darin werden die Besteuerungsgrundlagen nach Schätzung durch das Finanzamt festgesetzt, meistens verbunden mit einem Sicherheitszuschlag. In der Regel ergeben sich aufgrund der Schätzung deutlich höhere Steuern, als tatsächlich zu zahlen wären. In diesem Fall ist ein Einspruch gegen den Schätzungsbescheid innerhalb der Einspruchsfrist empfehlenswert. Bedenken Sie aber, dass Sie den Einspruch alsbald mit Vorlage der entsprechenden Steuererklärung begründen müssen. Für einen solchen Einspruch gegen eine Schätzungsbescheid ist dieses Musterschreiben nützlich.
6. Muster für den Einspruch gegen einen Steuerbescheid
Muster Einspruch gegen Steuerbescheid (allgemein)
Muster Fristwahrender Einspruch gegen Steuerbescheid
Muster Einspruch gegen Schätzung
Muster Einspruch gegen Umsatzsteuerschätzung
Muster Einspruch gegen Steuerbescheid und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand