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Was Geschäftsführer über die Insolvenzantragspflicht wissen müssen

Die Insolvenzantragspflicht gem. § 15a InsO ist ein zentrales Element des Insolvenzrechts in Deutschland, das insbesondere für Geschäftsführer von GmbHs und ähnlichen Gesellschaftsformen relevant ist. Im Gegensatz zu Einzelunternehmen und Gesellschaften mit natürlichen Personen als persönlich haftende Gesellschafter besteht für GmbH-Geschäftsführer bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der GmbH eine Insolvenzantragspflicht. Diese gesetzliche Verpflichtung folgt aus der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen insbesondere zum Schutz der Gläubiger.

Die Insolvenzantragspflicht wird beim Vorliegen der Insolvenzgründe Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ausgelöst. Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn die GmbH nicht mehr in der Lage ist, innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen die fälligen Verbindlichkeiten vollständig zu tilgen. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und eine Fortführung des Unternehmens unwahrscheinlich ist.

GmbH-Geschäftsführer sind verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Eine verspätete, unterlassene oder „nicht richtig“ gestellte Antragstellung kann zu einer Haftung wegen Pflichtverletzung nach § 15a InsO führen. Diese Haftung trifft auch den Gesellschafter bei Führungslosigkeit der Gesellschaft.

Inhalt:

  1. Die Rolle des Geschäftsführers in einer GmbH
  2. Was bedeutet Insolvenzantragspflicht?
  3. Voraussetzungen der Insolvenzantragspflicht
  4. Drei-Wochen-Frist gem. § 15a Abs. 1 InsO
  5. Persönliche Haftung bei Verstößen gegen die Insolvenzantragspflicht
  6. Strafbarkeit von Verletzungen der Insolvenzantragspflicht
  7. Fazit und Schlussfolgerungen
  8. Weiterführende Ratgeber und Checklisten

1. Die Rolle der Geschäftsführer in Krisenzeiten

Die Geschäftsführer einer GmbH tragen eine besondere Verantwortung für die Gesellschaft. Sie sind nicht nur für die Leitung des Unternehmens und das operative Geschäft zuständig, sondern auch für die Aufrechterhaltung der finanziellen Stabilität, insbesondere in Krisenzeiten, die durch Trendbrüche, Änderungen beim Kundenverhalten, Konjunkturabstürze oder Finanzkrisen ausgelöst werden können. Unternehmenskrisen zeigen sich oft frühzeitig, was den Geschäftsführern die Möglichkeit gibt, rechtzeitig Lösungen zu finden und Auswege aus der Krise zu erarbeiten. Zeit ist beim Krisenmanagement ein entscheidender Faktor. Eine frühzeitige und schnelle Reaktion kann häufig eine Insolvenz verhindern. Daher ist es wichtig, auf die ersten Anzeichen einer Unternehmenskrise zu achten und die zugrunde liegenden Ursachen zu untersuchen.

Insgesamt erfordert die Rolle des Geschäftsführers in einer Krisensituation der GmbH ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, analytischem Verstand und Weitsicht. Der Geschäftsführer muss in der Lage sein, die Interessen des Unternehmens, der Mitarbeiter und der Gläubiger in Einklang zu bringen und dabei stets die rechtlichen Rahmenbedingungen im Blick zu behalten. Insbesondere in dieser Phase gehört es zu den Kernaufgaben der Geschäftsführer, die finanzielle Situation des Unternehmens genau zu analysieren und ständig neu zu bewerten. Dies beinhaltet die Überprüfung der Liquidität, der Rentabilität und der Solvenz des Unternehmens. Der Geschäftsführer muss in der Lage sein, die finanzielle Lage des Unternehmens realistisch einzuschätzen und geeignete Maßnahmen zur Krisenbewältigung einzuleiten.

Leider ist es nicht immer möglich, eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft abzuwenden. In manchen Fällen versagt das Krisenmanagement oder es kommt zu spät. Liegt eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH, sind die Geschäftsführer gesetzlich verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Dies muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, erfolgen. Eine verspätete oder unterlassene Antragstellung kann zu einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers führen.

2. Was bedeutet Insolvenzantragspflicht?

Die Insolvenzantragspflicht ist in § 15a InsO geregelt. Demnach sind die gesetzlichen Vertreter oder Abwickler einer juristischen Person verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Der Insolvenzantrag muss spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung gestellt werden. Im Falle der Führungslosigkeit einer GmbH besteht auch für die Gesellschafter eine Insolvenzantragspflicht.

Die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO tritt ein, wenn einer der beiden Insolvenzgründe gegeben ist. Eine Zahlungsunfähigkeit ist zu bejahen, wenn das Unternehmen innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen nicht mehr in der Lage ist, die fälligen Verbindlichkeiten vollständig zu tilgen. Überschuldung liegt vor, wenn das Gesellschaftsvermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und eine Unternehmensfortführung unwahrscheinlich ist.

Die Insolvenzantragspflicht trifft in erster Linie die Geschäftsführer einer GmbH. Wird einer der beiden Insolvenzgründe festgestellt und besteht keine Aussicht auf Beseitigung, müssen sie unverzüglich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Die Frist zur Antragstellung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Insolvenzgründe objektiv erkennbar sind (Insolvenzreife). Allerdings wird von den Geschäftsführern im Rahmen des Krisenmanagements erwartet, den wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens laufend zu überwachen, um die Insolvenzreife frühzeitig zu erkennen.

Die Insolvenzantragspflicht entfällt mit Wegfall des Insolvenzgrundes. Ein bereits gestellter Antrag erledigt sich, sofern nicht bereits über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden wurde. Die Antragspflicht der Geschäftsführers entfällt oder erledigt sich jedoch nicht dadurch, dass bereits ein Gläubiger den Insolvenzantrag gestellt hat.

Die verspätete, unterlassene oder „nicht richtige“ Antragstellung kann zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführer führen. Dies kann sowohl eine Haftung wegen Masseschmälerung als auch eine Haftung wegen Insolvenzverschleppung gegenüber den Gläubigern nach sich ziehen. Zudem können Verstöße gegen die Insolvenzantragspflicht strafrechtliche Konsequenzen haben.

3. Voraussetzungen der Insolvenzantragspflicht

Die Insolvenzantragspflicht ist eine gesetzliche Verpflichtung, deren Voraussetzungen in § 15a InsO festgelegt sind. Sie entsteht, wenn eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet ist. In solchen Fällen sind die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler der Gesellschaft verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.

3.1. Zahlungsunfähigkeit

Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit wird in § 17 Abs. 2 InsO gesetzlich definiert. Ein Schuldner ist hiernach zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Eine Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Eine solche Situation gilt jedoch nur dann als Zahlungsunfähigkeit, wenn sie sich voraussichtlich nicht innerhalb eines kurzen Zeitraums beheben lässt. Dieser Zeitraum beträgt etwa zwei bis drei Wochen. Hiervon abzugrenzen ist eine Zahlungsunwilligkeit und eine vorübergehende Zahlungsstockung, die anzunehmen ist, wenn der Schuldner zwar im Moment nicht zahlen kann, aber die fehlenden liquiden Mittel kurzfristig erhält bzw. beschaffen kann.

Die Abgrenzung zwischen der endgültigen Zahlungsunfähigkeit und einer Zahlungsstockung muss nach dem Urteil des BGH vom 24.05.2005 (IX ZR 123/04) allein aufgrund objektiver Umstände vorgenommen werden:

Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.

Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, daß die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.

Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.

BGH, Urteil vom 24.05.2005, IX ZR 123/04

Geringe Liquiditätslücken begründen nach der Rechtsprechung des BGH noch keine Zahlungsunfähigkeit. Eine Zahlungsunfähigkeit ist erst dann gegeben, wenn länger als 3 Wochen eine Deckungslücke von 10 % oder mehr zwischen den vorhandenen liquiden Mitteln und den fälligen Gesamtverbindlichkeiten besteht. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Richtwert, also nicht um eine starren Schwellenwert.

Wird der Richtwert oder der Zeitraum überschritten, muss der Geschäftsführer einen sog. Finanz- und Liquiditätsplan erstellen oder erstellen lassen, aus dem sich die voraussichtliche Entwicklung der Liquidität in den nächsten 3 Wochen ergibt. Hier können auch alle sonstigen Möglichkeiten zur Generierung zusätzlicher liquider Mittel eingestellt werden, z.B. Veräußerung von Forderungen oder Anlagevermögen, Fremdkapital- oder Eigenkapitalmaßnahmen.

3.2. Überschuldung

Die Überschuldung als Insolvenzgrund ist in § 19 InsO definiert. Nach § 19 Abs. 1 InsO ist ein Schuldner überschuldet, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Eine Überschuldung i.S.d. § 19 Abs. 2 InsO ist also nur dann gegeben, wenn keine positive Fortführungsprognose besteht.

Die Prüfung der Überschuldung erfolgt in zwei Stufen:

  1. In der ersten Stufe wird eine Überschuldungsbilanz aufgestellt, in der das Vermögen den bestehenden Verbindlichkeiten gegenübergestellt wird. Ergibt diese Bilanz einen Fehlbetrag, so ist die zweite Stufe zu prüfen.
  2. In der zweiten Stufe wird geprüft, ob die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist (positive Fortführungsprognose). Ist dies der Fall, liegt trotz des Fehlbetrages in der Bilanz keine Überschuldung i.S.d. § 19 InsO vor.

Zunächst ist also klarzustellen, dass die bilanzielle Überschuldung einer GmbH nicht automatisch zu einer Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne führt. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ein Fehlbetrag in der Handels- oder Steuerbilanz der GmbH lediglich Indizwirkung hat, da hier – anders als in der Überschuldungsbilanz – keine stillen Reserven ausgewiesen werden.

Allerdings ist der Ausweis eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages in der Handels- oder Steuerbilanz ein unverkennbares Indiz für eine Überschuldung der Gesellschaft. Spätestens jetzt ist eine sog. Überschuldungsprüfung durchzuführen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Anhaltspunkte für eine Krise in den meisten Fällen schon viel früher erkennbar sind, insbesondere bei dauerhaften Liquiditätsproblemen oder anhaltenden Verlusten in den betriebswirtschaftlichen Auswertungen bzw. Zwischenabschlüssen.

Sinn und Zweck der Überschuldungsprüfung ist die Festzustellung, ob die Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist oder letztere durch eine positive Fortführungsprognose aufgehoben wird (§ 19 InsO). Diese Überschuldungsprüfung beginnt mit der Frage, ob eine positive Fortbestehensprognose besteht. Hierfür muß zwingend der Wille zur Fortführung des Unternehmens gegeben sein. Ferner wird vorausgesetzt, dass im laufenden und im folgenden Geschäftsjahr die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Ist eine positive Fortführungsprognose zu bejahen, entfällt die Insolvenzantragspflicht wegen einer rechnerischen Überschuldung.

Bedeutung der positiven Fortführungsprognose

Die Bedeutung der positiven Fortführungsprognose hat im Laufe der Zeit deutlich zugenommen, weil die Geschäftsführer einer rechnerisch überschuldeten GmbH auf eine Überschuldungsbilanz verzichten können, sofern für die Gesellschaft eine positive Fortführungsprognose besteht. Eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung der GmbH liegt erst dann vor, wenn auch die Fortführungsprognose negativ ausfällt oder die Geschäftsführer eine solche erst gar nicht geprüft haben.

Angesichts dieser hohen Bedeutung der positiven Fortführungsprognose stellt sich jedoch die Frage, wer eine solche Prüfung vornehmen kann und nach welchen Kriterien diese erfolgen muss. In dieser Hinsicht hat der BGH in seinem Urteil vom 14.05.2007 (II ZR 48/06) folgende Ausführungen gemacht:

Von dem organschaftlichen Vertreter wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit. Er handelt daher fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die für die Insolvenzantragspflicht erforderlichen Kenntnisse verschafft . Dabei muss sich der organschaftliche Vertreter, sollte er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügen, ggf. extern beraten lassen. Dafür reicht selbstverständlich eine schlichte Anfrage bei einer von dem organschaftlichen Vertreter für fachkundig gehaltenen Person nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass sich das Vertretungsorgan unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt.

Bei einer neu gegründeten Aktiengesellschaft (Start-Up), die in der Anlaufphase in aller Regel nur Schulden produziert und von Förderdarlehen abhängig ist, ist eine ständige, intensive Prüfung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens in besonderem Maße erforderlich. Dem genügt nach Aufdeckung einer bilanziellen Überschuldung ein gesonderte Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers, den Jahresabschluss daraufhin zu überprüfen, ob die Gesellschaft nicht nur rechnerisch überschuldet, sondern insolvenzreif war und ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Die Sachkompetenz und Fachkunde eines Wirtschaftsprüfers für eine solche Prüfung steht außer Frage, solange keine Anhaltspunkte für ein Gefälligkeitsgutachten vorliegen.

Führt diese Prüfung des Wirtschaftsprüfer zu der fachkundigen und für den organschaftlichen Vertreter bei der gebotenen Plausibilitätskontrolle nachvollziehbaren Feststellung, dass die Gesellschaft weder im Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses noch im Prüfungszeitpunkt im insolvenzrechtlichen Sinn überschuldet und sogar die Zahlungsfähigkeit jedenfalls bis zum Jahresende – selbst ohne Zuführung neuen Fremdkapitals – gesichert war, muss der Vorstand – gemessen an der von ihm geforderten Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters – keinen Insolvenzantrag stellen. Es wäre nicht zu rechtfertigen, einem organschaftlichen Vertreter abzuverlangen, unabhängigen, fachkundigen Rat zur Klärung des Bestehens eines Insolvenzgrunds einzuholen und es ihm gleichwohl als schuldhaften Verstoß gegen seine Sorgfaltspflichten anzulasten, wenn er sich – trotz fehlender eigener ausreichender Sachkunde – dem fachkundigen Rat entsprechend verhält.

BGH, Urteil vom 14.05.2007 (II ZR 48/06)

4. Drei-Wochen-Frist gem. § 15a Abs. 1 InsO

Gemäß § 15a Abs. 1 InsO sind Geschäftsführer einer GmbH dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Der Insolvenzantrag muss unverzüglich gestellt werden, sobald einer der genannten Insolvenzgründe festgestellt wird und keine Aussicht auf dessen Beseitigung besteht.

Der Geschäftsführer darf die Drei-Wochen-Frist zur Prüfung und Beseitigung des Insolvenzgrunds nur dann ausschöpfen, wenn der Insolvenzgrund nur vorübergehend vorliegt oder die Möglichkeit der Beseitigung besteht. Demgegenüber darf der Drei-Wochen-Zeitraum nicht ausgeschöpft werden, wenn ein Insolvenzgrund bereits unumkehrbar feststeht. Die Frist endet jedoch spätestens mit Ablauf der drei Wochen. Bis dahin muss entweder der Insolvenzantrag gestellt oder der Insolvenzgrund nachhaltig beseitigt sein.

Die Frist beginnt mit der Insolvenzreife gemäß § 15a Abs. 1 InsO, wobei es nach der Rechtsprechung des BGH ausreichend ist, dass die Insolvenzreife nach objektiv zu ermittelnden Kriterien erkennbar war.

Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer erkennt, dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen. Er handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob eine Insolvenzantragspflicht besteht. Dabei muss sich der Geschäftsführer gegebenenfalls fachkundig beraten lassen, sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt.

BGH, Urteil vom 27.03.2012 (II ZR 171/10)

Die Drei-Wochen-Frist gemäß § 15a Abs. 1 InsO ist eine Höchstfrist und kann nicht einmal mit Zustimmung aller Gesellschafter oder aller Gläubiger verlängert werden, es sei denn es handelt sich im Einzelfall um eine rechtliche oder zumindest faktische Stundung oder ein Stillhalteabkommen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Drei-Wochen-Frist eine entscheidende Rolle in der Insolvenzordnung spielt. Sie dient dazu, die Geschäftsführer im Falle der Insolvenz zum sofortigen Handeln zu verpflichten und somit insbesondere Gläubiger vor weiteren finanziellen Schäden zu schützen. Nur in begründeten Ausnahmefällen können Geschäftsführer die Drei-Wochen-Frist ausschöpfen, die mit der objektiven Erkennbarkeit des Insolvenzgrundes beginnt und spätestens nach drei Wochen endet. Dann muss entweder der Insolvenzantrag gestellt oder der Insolvenzgrund nachhaltig beseitigt sein. Eine Verlängerung dieser Frist ist nicht möglich, auch nicht mit Zustimmung aller Gesellschafter oder Gläubiger.

5. Persönliche Haftung bei Verstößen gegen Insolvenzantragspflicht

Verstöße gegen die Insolvenzantragspflicht können zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführer führen, da dies eine Pflichtverletzung nach § 15a InsO darstellt. Ein solcher Verstoß ist zu bejahen, wenn der Geschäftsführer den Insolvenzantrag pflichtwidrig unterlässt oder verspätet bzw. fehlerhaft beim zuständigen Amtsgericht einreicht.

In solchen Fällen kann der Geschäftsführer in mehrfacher Hinsicht haftbar gemacht werden. Erstens kann er wegen Masseschmälerung gemäß § 64 S. 1 GmbHG haften. Dies bezieht sich auf das Zahlungsverbot nach Eintritt der Insolvenzreife. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer für Zahlungen haftet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung getätigt werden und die Masse der Gläubiger schmälern. Zweitens kann der Geschäftsführer wegen Insolvenzverschleppung gegenüber den Gläubigern haften. Dies ergibt sich aus § 15a Abs. 1 InsO i.V.m. § 823 BGB. Eine Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn der Geschäftsführer trotz Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung keinen Insolvenzantrag stellt.

6. Strafbarkeit von Verletzungen der Insolvenzantragspflicht

Darüber hinaus kann eine verspätete, unterlassene oder fehlerhaft gestellte Antragstellung strafrechtliche Konsequenzen haben und als Insolvenzverschleppung gemäß § 15a InsO strafbar sein.

7. Fazit und Schlussfolgerungen

Die Insolvenzantragspflicht ist ein zentrales Element des Insolvenzrechts in Deutschland und dient in erster Linie dem Schutz der Gläubiger. Sie stellt hohe Anforderungen an die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften, insbesondere in Krisenzeiten.

Die Insolvenzantragspflicht tritt ein, sobald eine Kapitalgesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Die Geschäftsführung muss in solchen Situationen ohne schuldhaftes Zögern handeln und spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen. In diesem Zusammenhang ist eindrucklich darauf hinzuweisen, dass es nicht auf eine positive Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ankommt, sondern auf die Erkennbarkeit aufgrund der objektiven Umstände, zu denen allgemeine Zahlungsschwierigkeiten, vermehrte Mahnungen oder Kontopfändungen gehören.

Die verspätete, unterlassene oder fehlerhafte Antragstellung kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. Geschäftsführer können sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich haftbar gemacht werden, insbesondere für die Minderung der Insolvenzmasse trotz Zahlungsverbots nach Eintritt der Insolvenzreife.

8. Weiterführende Ratgeber und Checklisten

Mit den nachfolgenden Checklisten und Ratgebern können Sie sich einen schnellen Überblick verschaffen, wie Sie auf eine wirtschaftliche Krise oder eine Insolvenz der GmbH reagieren können oder müssen.

Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund:

  • Erkennen der Krise und optimales Krisenmanagement
  • Rechtzeitige Information der Gesellschafter
  • Haftung Ihres Steuerberaters
  • Möglichkeiten der Amtsniederlegung während einer Krise
  • Was ist mit noch nicht erbrachten Einlagen der Gesellschafter
  • Einsicht der Gläubiger in die Geschäftsunterlagen
  • Ungekündigte Darlehen der Gesellschafter an die GmbH

Ratgeber und Checklisten

Muster und Vorlagen

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