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Betriebsaufspaltung im Steuerrecht

Die Betriebsaufspaltung beschreibt die Aufteilung eines Betriebs in zwei eigenständige Unternehmen: Die sogenannte Besitzgesellschaft hält das wesentliche Anlagevermögen und überlässt dieses mittels Miet- oder Pachtvertrag der sogenannten Betriebsgesellschaft, die das operative Geschäft ausführt. Die Betriebsaufspaltung zeichnet sich im wesentlichen dadurch aus, dass die Vermietung bzw. Verpachtung des Anlagevermögens im Steuerrecht als gewerbliche Tätigkeit behandelt wird. Somit wird eine nach dem äußeren Erscheinungsbild lediglich vermögensverwaltende und insofern nicht gewerbliche Tätigkeit dennoch als solche behandelt.

Inhalt:

  1. Betriebsaufspaltung einfach erklärt
  2. Grundlagen der Betriebsaufspaltung im Steuerrecht
  3. Vorteile der Betriebsaufspaltung
  4. Die Betriebsaufspaltung im Steuerrecht
  5. Formen der Betriebsaufspaltung
  6. Voraussetzungen und Beginn einer Betriebsaufspaltung
  7. Sonderfälle der Betriebsaufspaltung
  8. Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung
  9. Beendigung der Betriebsaufspaltung
  10. Nachteile und Risiken der Betriebsaufspaltung

1. Betriebsaufspaltung einfach erklärt

Die Betriebsaufspaltung ist ein anerkanntes Konzept, bei dem ein Unternehmen in zwei separate, aber miteinander verbundene Unternehmen aufgeteilt wird: ein Besitzunternehmen und ein Betriebsunternehmen. Dem Besitzunternehmen gehört das wesentliche Anlagevermögen, meist Grundstücke, Maschinen oder Fahrzeuge. Es vermietet diese Vermögensgegenstände an das operative Betriebsunternehmen, das hierfür eine Miete an das Besitzunternehmen bezahlt.

Stellen Sie sich hierzu folgendes Beispiel vor: Sie wollen mit einem Partner in München eine Brauerei gründen. Zusammen gründen Sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die ein passendes Grundstück kauft, auf dem Sie das Brauereigebäude errichten wollen. Das wäre das Besitzunternehmen. Allerdings wollen Sie vermeiden, dass die wertvolle Immobilie in das Haftungsrisiko fällt, das sich aus dem Betrieb der Münchner Brauerei ergibt. Deshalb gründen Sie zusätzlich eine GmbH, die nur für den Betrieb der Brauerei zuständig ist und das Gebäude von dem Besitzunternehmen anmietet. Das wäre das Betriebsunternehmen.

Obwohl es sich bei der Vermietung der Immobilie eigentlich um eine vermögensverwaltende Tätigkeit handelt, führt die Betriebsaufspaltung unter gewissen Voraussetzungen dazu, dass die Vermietung in eine gewerbliche Tätigkeit unqualifiziert wird. Hieraus ergeben sich weitere wichtige steuerrechtliche Konsequenzen. Die Immobilie ist zwar getrennt von dem Haftungsrisiko aus dem Betrieb der Brauerei, aber sie ist dennoch Betriebsvermögen der Eigentümer, unabhängig davon, ob diese das wollen oder beabsichtigt haben. Auch ihre Anteile an der Betriebs-GmbH gehören zum Betriebsvermögen der GbR-Gesellschafter, was oft übersehen wird. Da das Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt, unterliegt es auch der Gewerbesteuer.

2. Grundlagen der Betriebsaufspaltung

Das Institut der Betriebsaufspaltung ist ein Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), für das es keine spezifische, gesetzliche Regelung gibt. Sind die vom BFH in unzähligen Urteilen definierten Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, ergeben sich hieraus weitreichende steuerrechtliche Konsequenzen, unabhängig davon, ob diese gewollt sind oder nicht. Eine der wesentlichen Rechtsfolgen besteht darin, dass eine ihrer Art nach vermietende oder verpachtende Tätigkeit der Eigentümer in eine gewerbliche Tätigkeit „umqualifiziert“ wird.

2.1. Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen

In der Praxis erfolgt die Begründung einer Betriebsaufspaltung zumeist aus haftungsrechtlichen Gründen in der Form, dass aus einem Einzelunternehmen (oder einer Personengesellschaft) die betriebliche Tätigkeit ausgegliedert und (zusammen mit dem Umlaufvermögen) auf eine neu gegründete oder eine bestehende Kapitalgesellschaft übertragen wird. Das bisherige Unternehmen behält das wesentliche Anlagevermögen und vermietet oder verpachtet dieses an das Betriebsunternehmen, das regelmäßig als GmbH agiert.

Die Betriebsaufspaltung ist daher in erster Linie als Instrument zu verstehen, mit dem man einen einheitlichen Betrieb aus haftungsrechtlichen Gründen in ein sogenanntes Besitzunternehmen und ein Betriebsunternehmen aufteilt. Dabei bleibt das wesentliche Anlagevermögen bei dem Besitzunternehmen, während das Betriebsunternehmen für die Produktion oder den Vertrieb zuständig ist. Die Verbindung beider Unternehmen erfolgt durch die Überlassung des betriebsnotwendigen Anlagevermögens, die in einem Miet- oder Pachtvertrag geregelt wird. Eine typische Form der Betriebsaufspaltung ist das Konstrukt, bei dem ein Einzelunternehmen bzw. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Besitzunternehmen fungiert, während der operative Betrieb in der Rechtsform einer GmbH (Betriebsgesellschaft) erfolgt.

2.2. Beispiel zur Begründung einer Betriebsaufspaltung

Der Zimmerer Alfons Schönhuber will sich mit einer eigenen Zimmerei selbständig machen. Zur Vorbereitung fragt er seinen Steuerberater, ob er das Haftungsrisiko aus dem Betrieb der Zimmerei minimieren kann. Der Steuerberater schlägt ihm vor, das Betriebsgebäude auf einem Grundstück neben dem Wohnhaus zu errichten, das den Ehegatten Schönhuber gemeinsam gehört. Die Zimmerei hingegen soll er in der Rechtsform einer GmbH betreiben, an die er das Betriebsgebäude vermietet. Allerdings ist zu vermeiden, dass hieraus eine klassische Betriebsaufspaltung entsteht.

2.3. Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Betriebsaufspaltung

Sobald die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gegeben sind, ist keine weitere Handlung oder gesonderte Erklärung gegenüber dem Finanzamt erforderlich. Daher kann es auch zu einer „ungewollten“ Betriebsaufspaltung kommen oder zu Fällen, in denen eine bestehende Betriebsaufspaltung unbeabsichtigt wieder beendet wird. Zudem gibt es auch Situationen, in denen eine vermeintlich bestehende Betriebsaufspaltung gar keine ist.

2.4. Risiken der Betriebsaufspaltung

Die Hauptrisiken einer Betriebsaufspaltung ergeben sich aus ihren Rechtsfolgen. Die an sich vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens wird in eine gewerbliche Tätigkeit (Gewerbebetrieb) umqualifiziert und steuerrechtlich als solche behandelt. Die Einkünfte des Besitzunternehmens unterliegen der Gewerbesteuerpflicht. Zudem wird das Anlagevermögen des Besitzunternehmens nicht länger als Privatvermögen betrachtet, sondern als steuerliches Betriebsvermögen der Eigentümer.

3. Vorteile der Betriebsaufspaltung

Das Institut der Betriebsaufspaltung entstand vor allem zur Minimierung der Haftungsrisiken aus dem Gewerbebetrieb. Aus der Kombination unterschiedlicher Rechtsformen für den Besitz und den Betrieb eines Unternehmens ergeben sich jedoch weitere zivil- und steuerrechtliche Vorteile, die eine Betriebsaufspaltung attraktiv erscheinen lassen.

3.1. Haftungsbeschränkung auf Betriebsgesellschaft

Der entscheidende Vorteil der Betriebsaufspaltung besteht darin, dass man das wertvolle Anlagevermögen vor dem Zugriff von Gläubigern aus dem Betrieb des Unternehmens schützt. Gerät die Betriebsgesellschaft in eine Krise, können Gläubiger grundsätzlich nicht auf das Vermögen der Inhaber bzw. Gesellschafter des Besitzunternehmens zugreifen. Das gilt auch im Falle einer Insolvenz der Betriebsgesellschaft.

Bei einer klassischen Betriebsaufspaltung mit einem Betriebsunternehmer in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, sei es eine GmbH oder UG haftungsbeschränkt, lässt sich die Haftungsrisiko aus dem Betrieb auf das Vermögen der Kapitalgesellschaft beschränkt, also im Wesentlichen auf das Stammkapital der GmbH oder der UG haftungsbeschränkt.

3.2. Vereinfachte Sanierung in der Krise

Gerät die Betriebsgesellschaft in eine Krise, bleibt das wesentliche Anlagevermögen unberührt. Dadurch gestaltet sich die Sanierung der Betriebsgesellschaft einfacher und schneller.

Greift die Krise auf die Besitzgesellschaft über, unterliegt diese bei einer klassischen Betriebsaufspaltung nicht den strengen insolvenzrechtlichen Bestimmungen.

3.3. Veränderungen auf der Ebene der Gesellschafter

Durch die Betriebsaufspaltung können frühzeitig wichtige Entscheidungen bezüglich der Beteiligung bestimmter Gesellschafter am Vermögen oder im operativen Geschäft getroffen werden. So können Kinder frühzeitig am Besitz beteiligt werden, ohne Einfluss auf den operativen Betrieb zu haben. Umgekehrt ist auch die frühzeitige Einbindung der Kinder in den Betrieb ohne Beteiligung am Besitz möglich. Ähnliches gilt für die Beteiligung von Investoren oder leitenden Mitarbeitern.

3.4. Umgehung der Offenlegungspflicht

Mit der Betriebsaufspaltung können die Vorschriften zur Rechnungslegung (Bilanz, GuV, Anhang, Lagebericht) und Offenlegung zumindest teilweise umgangen werden. Im Falle der klassischen Betriebsaufspaltung beschränkt sich die Pflicht zur Offenlegung der Bilanz auf die Betriebsgesellschaft. Da das werthaltige Anlagevermögen nicht zum Anlagevermögen des Betriebsunternehmens gehört, verringert sich dadurch die Bilanzsumme, die für die Einordnung als Kleinstkapitalgesellschaft, kleine, mittlere oder große Kapitalgesellschaft relevant ist.

3.5. Steuerliche Vorteile

Durch die Betriebsaufspaltung können die steuerlichen Vorteile einer Kapitalgesellschaft genutzt werden, während beim Besitzunternehmen gleichzeitig weiterhin der Gewerbesteuerfreibetrag in Anspruch genommen wird.

4. Das Institut der Betriebsaufspaltung im Steuerrecht

Das Institut der Betriebsaufspaltung im Steuerrecht wurde bereits vom Reichsfinanzhof (RFH) anerkannt und dann in vielen Einzelentscheidungen vom Bundesfinanzhof (BFH) weiterentwickelt.

Die Begründung einer Betriebsaufspaltung ist schon bei Existenzgründung möglich (siehe Beispiel oben), aber auch später durch die Aufspaltung des Unternehmens in ein Besitz- und Betriebsunternehmen. Im zweiten Fall wird die Betriebsaufspaltung dadurch begründet, dass aus einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft die betriebliche Tätigkeit ausgegliedert und (mit dem Umlaufvermögen) auf eine neu gegründete oder bestehende Kapitalgesellschaft übertragen wird.

Das bisherige (einheitliche) Unternehmen behält das wesentliche Anlagevermögen (in der Regel das bebaute Grundstück nebst Maschinen) und fungiert als Besitzunternehmen bzw. Besitzgesellschaft. Dieses wird fortan auf Basis eines Miet- oder Pachtvertrages an die Betriebsgesellschaft überlassen, die im Falle der klassischen Betriebsaufspaltung als UG haftungsbeschränkt oder GmbH agiert.

Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

Die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung bestehen hauptsächlich darin, dass die eigentlich vermögensverwaltende Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit „umqualifiziert“ wird. Daraus folgt, dass jenes an die Betriebsgesellschaft überlassene Anlagevermögen steuerliches Betriebsvermögen wird.

Hieraus ergibt sich die zentrale Herausforderung, eine ungewollte Beendigung der Betriebsaufspaltung zu verhindern. Es muss sichergestellt werden, dass das überlassene Anlagevermögen auch nach Einstellung der betrieblichen Tätigkeit durch die Betriebsgesellschaft weiterhin (steuerliches) Betriebsvermögen bleibt. Andernfalls erfolgt mit dem Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung eine zwingende Entnahme der überlassenen Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen des Inhabers bzw. der Gesellschafter der Besitzgesellschaft. Hieraus folgt, dass die stillen Reserven in dem Anlagevermögen zum Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsaufspaltung aufzudecken und zu versteuern sind.

5. Formen der Betriebsaufspaltung

Bei der Betriebsaufspaltung gibt es mehrere Konstellationen, die zu unterschiedlichen Formen geführt haben:

5.1. Echte Betriebsaufspaltung

Eine echte Betriebsaufspaltung entsteht, wenn ein bisher einheitliches Unternehmen in der Weise aufgespalten wird, dass neben dem bisherigen Unternehmen ein neues Unternehmen gegründet wird, das fortan (nur) den Betrieb auf Grundlage eines Miet- oder Pachtvertrages zumindest mit den wesentlichen Betriebsgrundlagen fortführt.

5.2. Unechte Betriebsaufspaltung

Eine unechte Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn neben einem bereits bestehenden Betriebsunternehmen ein Besitzunternehmen entsteht. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Gesellschafter einer GmbH ein bebautes Grundstück oder einen Fuhrpark erwerben und diese dann auf Basis eines Miet- oder Pachtvertrages der GmbH zur betrieblichen Nutzung überlassen. Hier entsteht die (unechte) Betriebsaufspaltung (häufig ungewollt und unbemerkt) erst durch die Vermietung oder Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen. Das gleiche gilt, wenn der oder die (beherrschenden) Gesellschafter wesentliche Betriebsgrundlagen auf Basis eines Miet- oder Pachtvertrages an eine GmbH zur Nutzung überlassen.

Beispiel: Der alleinige Gesellschafter der XY-GmbH vermietet einen Teil eines vormals fremdvermieteten oder eigengenutzten Grundstücks (z.B. ein Arbeitszimmer im eigenen Haus) an seine GmbH, die es für betriebliche Zwecke der Gesellschaft nutzt. Durch die Vermietung an die GmbH wird der überlassene Grundstücksteil in steuerliches Betriebsvermögen umqualifiziert.

5.3. Kapitalistische Betriebsaufspaltung

Von einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung spricht man, wenn beide Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt werden, zumeist in der Rechtsform einer GmbH.

5.4. Mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

Handelt es sich auch bei dem Betriebsunternehmen um eine Personengesellschaft (GbR, OHG oder KG), spricht man von einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung.

5.5. Unmittelbare und mittelbare Betriebsaufspaltung

Ferner ist zu unterscheiden zwischen einer unmittelbaren und mittelbaren Betriebsaufspaltung zu unterscheiden. Erstere liegt vor, wenn die gleichen Personen oder Personengruppen sowohl in dem Besitz- als auch in dem Betriebsunternehmen beherrschend sind und diese unmittelbar an beiden Unternehmen beteiligt sind.

Um eine mittelbare Betriebsaufspaltung handelt es sich dagegen, wenn zwischen dem Besitz- oder Betriebsunternehmen und den beherrschenden Personen oder Personengruppen noch eine Kapital- oder Personengesellschaft zwischengeschaltet ist.

6. Voraussetzungen und Beginn der Betriebsaufspaltung

Die echte Betriebsaufspaltung beginnt, wenn ein bisher einheitliches Unternehmen in ein Besitz- und Betriebsunternehmen aufgespalten wird, üblicherweise mit Beginn eines Miet- oder Pachtvertrages. Dasselbe gilt grundsätzlich für den Beginn der unechten Betriebsaufspaltung.

Zentrale Voraussetzung für die Entstehung und das Fortbestehen einer Betriebsaufspaltung ist ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen, der durch eine sachliche und personelle Verflechtung begründet wird.

Die sachliche Verflechtung entsteht, wenn ein Unternehmen wesentlichen Betriebsgrundlagen einem anderen gewerblichen Unternehmen zur Nutzung überlässt. Dies können bebaute Grundstücke, hochwertige Maschinen oder immaterielle Wirtschaftsgüter wie Markenrechte oder Patente sein, wobei die Überlassung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt kann.

Die personelle Verflechtung ist zu bejahen, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen beherrschen, indem sie in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Willen durchsetzen können. Dies hängt in erster Linie von den Stimmrechtsverhältnissen und Mehrheitserfordernissen in beiden Unternehmen ab.

6.1. Sachliche Verflechtung

Eine sachliche Verflechtung entsteht und besteht so lange fort, wie das Besitzunternehmen einem gewerblich tätigen Betriebsunternehmen Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt, die für das Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen darstellen. Dies ist der Fall, wenn zumindest ein wesentliches Wirtschaftsgut überlassen wird, ohne dass das Betriebsunternehmen seinen Betrieb nicht fortführen kann (BFH, Urteil vom 20.09.1973, IV R 41/69). Typische Beispiele sind bebaute Grundstücke, hochwertige Maschinen oder funktional wichtige Betriebs- und Geschäftsausstattung. Auch die Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter wie Markenrechte, Patente oder einen Kundenstamm ist ausreihend. Selbst ein einfaches Arbeitszimmer im Haus des Alleingesellschafters einer GmbH kann eine sachliche Verflechtung und damit eine Betriebsaufspaltung begründen (BFH, Urteil vom 13.7.2006, IV R 25/05).

Leitsatz: Wird ein Teil einer Immobilie von den Gesellschaftern der Betriebs-GmbH an diese als einziges Büro (Sitz der Geschäftsleitung) vermietet, so stellen die Räume auch dann eine wesentliche, die sachliche Verflechtung begründende Betriebsgrundlage dar, wenn sie nicht für Zwecke des Betriebsunternehmens besonders hergerichtet und gestaltet sind. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Gebäudeteil nicht die in § 8 EStDV genannten Grenzen unterschreitet.

BFH, Urteil vom 13.7.2006, IV R 25/05

Für die Entstehung einer sachlichen Verflechtung ist es unbedeutend, ob die Überlassung unentgeltlich oder entgeltlich auf Basis eines Miet- oder Pachtvertrages erfolgt.

Im Falle einer eigenbetrieblich genutzten Immobilie ist jedoch die Regelung in § 8 EStDV zu beachten, wonach diese nicht als Betriebsvermögen behandelt werden müssen, wenn ihr Wert nicht mehr als 1/5 des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 Euro beträgt.

6.2. Personelle Verflechtung

Eine personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen liegt vor, wenn hinter beiden eigenständigen Unternehmen eine Person oder Personengruppe steht, die bezüglich beider Unternehmen

  • einen „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen“ besitzt und
  • auch in der Lage ist, diesen in beiden Unternehmen durchzusetzen.

Ob ein einheitlicher Betätigungswille durchsetzbar ist, hängt grundsätzlich von den Stimmrechtsverhältnissen in beiden Unternehmen und den getroffenen Vereinbarungen zu Mehrheitserfordernissen ab.

Der häufigste Fall ist der, dass es sich bei dem Besitzunternehmen um ein Einzelunternehmen, eine Bruchteilsgemeinschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und bei dem Betriebsunternehmen um eine GmbH handelt. Welche Personen bei derartigen Gestaltungen – von dem Ausnahmefall einer faktischen Beherrschung abgesehen – die GmbH beherrschen, richtet sich nach der Mehrheit der Anteile und damit der Stimmen. Beherrschungsidentität liegt dann vor, wenn die Gesellschafter, die die GmbH beherrschen, bei dem Besitzunternehmen ebenfalls über die Mehrheit der Stimmen verfügen, sofern kraft Gesetzes (z. B. § 745 BGB) oder Vertrags (§ 709 Abs. 2 BGB) wenigstens für Geschäfte des täglichen Lebens das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist.

BFH, Urteil vom 01.02.1990, IV R 91/89, BFH/NV 1990, 562
BFH, Urteil vom 27.8.1992, IV R 13/91, BStBl. 1993 II S. 134

Problemlos ist die Durchsetzung des einheitlichen Betätigungswillens in den Fällen der sog. Einheits-Betriebsaufspaltung, in denen die Anteile an der Betriebsgesellschaft im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnis zum Gesellschaftsvermögen des Besitzunternehmens gehören.

Der klassische Fall ist der Besitzunternehmer, der jede einzelne Maßnahme der Geschäftsführung im Betriebsunternehmen unmittelbar durch seine Willensentscheidung bestimmen kann. Die Rechtsprechung bejaht einen solchen Fall aber auch dann, wenn der alleinige Inhaber oder die beherrschenden Gesellschafter des Besitzunternehmens zweifellos und unmittelbar in der Lage sind, die Entscheidungen im Betriebsunternehmen zu bestimmen.

Beispiele:

FallPersonAnteil am BesitzunternehmenAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
I.A100%55%Ja
B0%45%
II.A55%100%Ja
B45%0%
III.A100%50%Nein
B0%50%
Beispiele zur personellen Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen
6.3. Beteiligungsidentität

Zweifellos liegt ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille vor, wenn eine sogenannte Beteiligungsidentität besteht. Diese ist zu bejahen, wenn dieselben Personen an beiden Unternehmen zu gleichen Verhältnissen beteiligt sind.

Beispiel:

FallPersonAnteil am BesitzunternehmenAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
I.A50%50%Ja
B50%50%
Beispiel zur Beteiligungsidentität zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen

Weitere Beispiele zur Beteiligungsidentität vgl. unten.

6.4. Beherrschungsidentität

Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille kann auch bei ungleichen Beteiligungsverhältnissen bejaht werden, sofern eine Person oder Personengruppe sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen eine beherrschende Stellung innehat (Beherrschungsidentität). Oft ist die Beurteilung der Rechtslage bei sogenannten Mehrpersonen-Betriebsaufspaltungen nicht ohne Weiteres klar. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Anteile am Besitzunternehmen und/oder am Betriebsunternehmen mehreren (unterschiedlichen) Personen oder Personengruppen gehören.

Dabei sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:

  • Eine Person im Besitzunternehmen, aber mehrere Personen im Betriebsunternehmen.
  • Besitzunternehmen mit mehreren Personen, Betriebsunternehmen mit einer Person.
  • Besitz- und Betriebsunternehmen mit mehreren Personen.

Es ist entscheidend, ob die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen einen „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen“ haben. Dieser einheitliche geschäftliche Betätigungswille tritt am klarsten zutage, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind. Aber auch andere Umstände können zu einem „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen“ innerhalb der beiden Unternehmen führen. Es genügt, daß die Person oder die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. Darunter wird nicht etwa eine Beherrschung im Sinne des Aktienrechts verstanden, sondern die nach den tatsächlichen Verhältnissen bei beiden Unternehmen vorhandene Möglichkeit, einen einheitlichen Willen praktisch durchzusetzen.

BFH, Urteil vom 02.08.1972, IV 87/65, BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796
Beispiel zur Beherrschungsidentität mit mehreren Personen
FallPersonAnteil am BesitzunternehmenAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
I.A30%40%Ja
B40%20%
C20%0%
D10%10%
E0%30%
Beispiel zur Beherrschungsidentität mit mehreren Personen

Im vorstehenden Beispiel bilden A, B und D eine beherrschende Gruppe im Besitzunternehmen (Summe: 80%). Gleichzeitig ist diese Personengruppe auch im Betriebsunternehmen in der Lage, Entscheidungen zu bestimmen (Summe: 70%).

Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille wird dagegen verneint, wenn die Beteiligungen am Besitz- und am Betriebsunternehmen der Höhe nach extrem konträr voneinander abweichen. Die Zusammenfassung der Gesellschafter zu einer Gruppe wird hier ausgeschlossen, da man hier nicht ohne Weiteres von gleich gerichteten Interessen ausgehen kann (BFH, Urteil vom 02.08.1972 (IV R 87/65), BFHE 106,325).

Beispiel:

FallPersonAnteil am BesitzunternehmenAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
I.A5%95%Nein
B95%5%
Beispiel zur fehlenden Beherrschungsidentität bei zwei Personen

6.5. Beispiele zur Beteiligungs- und Beherrschungsidentität

Die folgende Übersicht mit weiteren Beispielen zur Beteiligungs- und Beherrschungsidentität bringt etwas mehr Klarheit in die typischen Konstellationen, die zu beachten sind. In den Fällen I. bis III. handelt es sich um Beispiele zur Beteiligungsidentität. Im Fall IV. handelt es sich um ein Beispiel zur Beherrschungsidentität.

FallPersonAnteil am BesitzunternehmenAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
I.A100%100%Ja
II.A50%50%Ja
B50%50%
III.A1/31/3Ja
B1/31/3
C1/31/3
IV.A60%40%Ja
B40%60%

Leitsatz zu Fall IV: Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille ist regelmäßig auch dann anzunehmen, wenn die einzigen Gesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise an beiden Unternehmen beteiligt sind, dass der eine Gesellschafter über die Mehrheit der Anteile am Besitzunternehmen verfügt, der andere dagegen über die Mehrheit der Anteile am Betriebsunternehmen.

Fall IV: BFH, Urteil vom 24.2.2000 (IV R 62/98), BStBl. 2000 II S. 417

6.6. Tatsächliche Interessengegensätze

Die Vermutung gleich gerichteter Interessen mehrerer Personen kann widerlegt werden, wenn tatsächliche Interessengegensätze tatsächlich erkennbar sind. Diese können unterschiedliche Ursachen haben.

7. Sonderfälle der Betriebsaufspaltung

Besondere Beachtung verdienen die Fälle, in denen der Gesellschaftsvertrag des Besitz- oder Betriebsunternehmens bei Entscheidungen Einstimmigkeit oder eine qualifizierte Mehrheit der abgegebenen Stimmen verlangt. Das Gleiche gilt für die Fälle, in denen eine Einstimmigkeit gesetzlich vorgeschrieben ist.

Beispiel: Die Gesellschafter des Besitzunternehmens haben vereinbart, dass für Gesellschafterbeschlüsse eine qualifizierte Mehrheit von 75% erforderlich ist.

FallPersonAnteil am BesitzunternehmenAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
I.A1/350%Nein
B1/350%
C1/30%
Beispiel zur fehlenden personellen Verflechtung in besonderen Fällen

Komplex sind auch die Fälle, in denen zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen weitere Gesellschaften zwischengeschaltet sind.

Beispiel:

Person bzw. GesellschaftAnteil am BesitzunternehmenAnteil an XY-GmbHAnteil am BetriebsunternehmenPersonelle Verflechtung
A100%100%0%Ja
XY-GmbH0%0%99%
B0%0%1%

Leitsatz: Den maßgeblichen Einfluß auf die Betriebsgesellschaft gewährt einem Gesellschafter auch eine mittelbare Beteiligung jedenfalls dann, wenn der Inhaber des Besitzunternehmens an einer Kapitalgesellschaft mit 99,95% der Anteile und diese Kapitalgesellschaft an der Betriebsgesellschaft mit 99% der Anteile beteiligt ist.

BFH, Urteil vom 14.08.1974, I R 136/70

8. Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

Die wesentliche Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung besteht darin, dass die grundsätzlich vermögensverwaltende Tätigkeit des Besitzunternehmens als gewerbliche Tätigkeit (Gewerbebetrieb) eingestuft und behandelt wird. Der Inhaber oder die Gesellschafter des Besitzunternehmens erzielen aus der Vermietung oder Verpachtung gewerbliche und gewerbesteuerpflichtige Einkünfte. Dies betrifft auch Personen, die ausschließlich am Besitzunternehmen beteiligt sind. Die Rechtsform des Besitzunternehmens spielt dabei keine Rolle.

Die vermieteten bzw. verpachteten Wirtschaftsgüter zählen zum steuerlichen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens bzw. der Besitzgesellschaft, unabhängig davon, ob der Inhaber oder die Gesellschafter dies wünschen oder beabsichtigt haben. Bei einer Betriebsgesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gehören auch die Anteile daran zum notwendigen Betriebsvermögen. Die Einlage erfolgt mit der Begründung der Betriebsaufspaltung zu den Anschaffungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 1b EStG).

Wenn das Besitzunternehmen ein Einzelunternehmen ist, gehören zum Betriebsvermögen alle Beziehungen, die ihren Ursprung im einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen innerhalb des Besitz- und Betriebsunternehmens haben.

Das Betriebsvermögen umfasst somit notwendigerweise folgende Wirtschaftsgüter:

  • Wirtschaftsgüter, die das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen zur Nutzung überlässt.
  • Anteile des Besitzunternehmers an der Betriebs-Kapitalgesellschaft.
  • (In der Regel) Darlehensforderungen des Besitzunternehmens oder des Besitzunternehmers gegenüber dem Betriebsunternehmen.

Da das Besitzunternehmen gewerbliche Einkünfte erzielt, unterliegt es auch der Gewerbesteuer.

9. Beendigung der Betriebsaufspaltung

Die Betriebsaufspaltung endet, sobald die Voraussetzungen für die sachliche oder personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen entfallen.

Die Beendigung der Betriebsaufspaltung kann daher auf verschiedene Weise eintreten. Dies kann insbesondere in den folgenden Fällen (beabsichtigt oder unbeabsichtigt) geschehen:

  • Veräußerung oder anderweitige Nutzung wesentlicher Betriebsgrundlagen.
  • Veräußerung, Übertragung oder Aufgabe des Betriebsunternehmens (bzw. Teilen davon).
  • Änderungen der Anteilsverhältnisse am Besitz- oder Betriebsunternehmen, z.B. durch Aufnahme neuer Gesellschafter oder infolge des Todes eines Gesellschafters.

Bei Beendigung der Betriebsaufspaltung erfolgt in der Regel auch eine Betriebsaufgabe beim Besitzunternehmen. Steuerliches Betriebsvermögen wird wieder Privatvermögen. Die stillen Reserven der verpachteten Wirtschaftsgüter sind infolge der Überführung ins Privatvermögen grundsätzlich aufzulösen und zu versteuern.

Die Entnahme der Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen erfolgt mit den Teilwerten, also dem Wert, den ein Erwerber für die Wirtschaftsgüter im Rahmen der Betriebsfortführung zahlen würde. Wenn der Entnahme kein Geldzufluss gegenübersteht, muss die anfallende Einkommensteuer aus dem Privatvermögen entrichtet werden. Das kann besonders belastend sein. Ein Fall aus meiner Kanzlei zur ungewollten Beendigung einer Betriebsaufspaltung zeigt die möglichen Konsequenzen.

Ausnahme: Verpächterwahlrecht bei Beendigung der Betriebsaufspaltung.

10. Nachteile und Risiken

Neben den Vorteilen der Betriebsaufspaltung ist das Risiko einer ungewollten Beendigung als zentraler Nachteil zu nennen. Das Bestehen der Betriebsaufspaltung ist abhängig von einer sachlichen und persönlichen Verflechtung beider Unternehmen (siehe hierzu unter Voraussetzungen). Fällt eines der beiden Elemente durch ein unvorhergesehenes Ereignis weg (z.B. durch Tod oder Betriebsaufgabe), müssen die stillen Reserven des Besitzunternehmens aufgedeckt und versteuert werden.

Daneben ist das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung zu erwähnen, falls die Miete bzw. Pacht an das Besitzunternehmen unangemessen hoch angesetzt wird.

Überarbeitet am 31.03.2023

Betriebsaufspaltung im Steuerrecht
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