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Notgeschäftsführer einer GmbH

In dringenden Fällen kann das Registergericht am Sitz der Gesellschaft in analoger Anwendung des § 29 BGB auf Antrag eines Beteiligten einen Notgeschäftsführer bestellen, wenn die GmbH aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen im Sinne von § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG führungslos sein sollte und die Gesellschafterversammlung nicht in der Lage ist, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen.

Inhalt:

  1. Was ist ein Notgeschäftsführer
  2. Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers
  3. Bestellung des Notgeschäftsführers

1. Was ist ein Notgeschäftsführer

Ein Notgeschäftsführer ist eine besondere Art von Geschäftsführer, der in außergewöhnlichen Ausnahmesituationen zum Einsatz kommt. Ein solches Szenario kann eintreten, wenn die GmbH aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keinen handlungsfähigen Geschäftsführer mehr hat, zum Beispiel infolge des Todes des einzigen Geschäftsführers oder wegen Amtsniederlegung. Allerdings darf das zuständige Registergericht nur in dringenden Fällen und nur auf Antrag eines Beteiligten tätig werden, um die ordnungsgemäße Geschäftsführung zu gewährleisten.

Die Amtszeit des Notgeschäftsführers ist in der Regel auf die Dauer der Ausnahmesituation beschränkt. Ebenso sind die Aufgaben und Befugnisse des Notgeschäftsführers auf notwendige Geschäftsführungsmaßnahmen beschränkt, um die Handlungsfähigkeit der GmbH aufrechtzuerhalten und einen geordneten Übergang zur regulären Geschäftsführung zu ermöglichen. Davon abgesehen hat der Notgeschäftsführer die gleichen Aufgaben, Pflichten und Rechte eines regulären GmbH-Geschäftsführers.

2. Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers

Die Bestellung eines Notgeschäftsführers durch das Registergericht am Sitz der Gesellschaft ist in entsprechender Anwendung von § 29 BGB möglich, aber als eklatanter Eingriff in die Autonomie einer Kapitalgesellschaft nur in Ausnahmefällen und unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Grundsätzlich kann das Gericht am Sitz des Handelsregisters nach fast einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur in entsprechender Anwendung von § 29 BGB für eine GmbH einen Notgeschäftsführer bestellen.

Dabei hat das Registergericht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 BGB eng auszulegen, weil die Ernennung eines Notgeschäftsführers einen schwerwiegenden hoheitlichen Eingriff in die Gesellschaftsautonomie und das Bestellungsrecht der Gesellschafter nach § 46 Nr. 5 GmbHG darstellt.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.01.2014, 20 W 309/13 mit weiteren Nachweisen

Eine solche Ausnahme ist nur in dringenden Fällen zu bejahen, wenn die GmbH aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen „führungslos“ und die Gesellschafterversammlung nicht in der Lage ist, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Das Registergericht am Sitz der Gesellschaft wird allerdings in analoger Anwendung des § 29 BGB nur auf Antrag eines Beteiligten tätig.

2.1. Antrag eines Beteiligten

Das Registergericht wird nur auf Antrag eines Beteiligten tätig. Zu den antragsberechtigten Beteiligten gehören beispielsweise Gesellschafter, die bisherigen Geschäftsführer, Mitarbeiter, Lieferanten oder Gläubiger der GmbH.

Voraussetzung für die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB analog ist zunächst ein Antrag „eines Beteiligten“.

Als „Beteiligter“ im Sinne des § 29 BGB ist dabei jeder anzusehen, dessen Rechte oder Pflichten durch die beantragte Bestellung unmittelbar beeinflusst werden bzw. nach anderer Definition jeder, der ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Notgeschäftsführerbestellung hat.

Zu den Antragsberechtigten sollen nicht nur die Gesellschafter gehören, sondern jeder, der gegen die Gesellschaft ein Recht verfolgt, beispielsweise auch die Gläubiger der Gesellschaft bzw. jeder, der gegen die Gesellschaft ein privates oder öffentliches Recht verfolgt oder ihr gegenüber eine Pflicht erfüllen will.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.01.2014, 20 W 309/13 mit weiteren Nachweisen

Bei der Auswahl des Notgeschäftsführers ist das Registergericht frei und insbesondere nicht an Vorschläge des Antragstellers gebunden. Der Notgeschäftsführer kann unter anderem aus dem Kreis der Gesellschafter bestimmt werden. Denkbar ist auch die Bestellung eines leitenden Mitarbeiters.

2.2. Führungslosigkeit der GmbH

Weitere Voraussetzung für die Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 29 BGB analog ist die Führungslosigkeit der GmbH, die sich ergeben kann, wenn der alleinige Geschäftsführer plötzlich verstirbt oder eines der gesetzlichen Bestellungshindernisse gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 GmbHG eintritt.

Diese „Führungslosigkeit“ kann seine Ursache in der Beendigung seiner Organstellung haben (z.B. wirksame Amtsniederlegung, Zeitablauf bei befristeter Bestellung, Tod, Wegfall der gesetzlichen Eignungsvoraussetzungen). Daneben kann die Ursache aber auch in seiner sonstigen Verhinderung, die Geschäftsführung für eine gewisse Dauer wahrzunehmen, liegen (sog. faktische Geschäftsführerlosigkeit); der Geschäftsführer ist in diesem Fall zwar formal im Amt, jedoch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert, sein Amt auszuüben Als Beispielsfall der faktischen Geschäftsführerlosigkeit wird in der Literatur grundsätzlich auch die – zumindest längere – Strafhaft eines Geschäftsführers angeführt.

Allerdings ist die Voraussetzung der „Führungslosigkeit“ eng auszulegen, so dass beispielsweise eine treuwidrige und unzweckmäßige Ausübung der Geschäftsführertätigkeit regelmäßig nicht ausreicht. Auch der Fall einer Verweigerung der Geschäftsführung durch einen vorhandenen Geschäftsführer kann daher nur dann einer „Führungslosigkeit“ gleichgestellt werden, wenn es sich um eine grundsätzliche handelt, nicht aber dann, wenn es sich lediglich um eine Weigerung der Mitwirkung bei einzelnen Geschäftsführungsakten handelt.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.01.2014, 20 W 309/13 mit weiteren Nachweisen

2.3. Dringlichkeit der Bestellung des Notgeschäftsführers

Eine dringende Angelegenheit ist anzunehmen, wenn der GmbH, ihren Gläubigern oder einer anderen Person, die von der Rechtsstellung des Geschäftsführers berührt wird, erhebliche Nachteile drohen und diese nicht durch andere Maßnahmen zu verhindern sind.

Dieser ist gegeben, wenn die Gesellschaft nicht durch eigene Maßnahmen (z.B. Einberufung einer Gesellschafterversammlung) innerhalb angemessener Frist den Mangel beseitigen kann, und der Gesellschaft oder einem Beteiligten ohne Notgeschäftsführerbestellung Schaden drohen würde, oder eine alsbald erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden könnte; unter Schaden ist dabei jede Beeinträchtigung von Rechtspositionen zu verstehen, nicht nur ein Vermögensschaden.

Die Dinglichkeit der Bestellung eines Notgeschäftsführers ist beispielsweise zu bejahen, wenn die ordnungsmäßige Buchführung der Gesellschaft (§ 41 GmbHG) oder die fristgerechte Aufstellung des Jahresabschlusses gefährdet ist. Ein dringender Fall kann auch dann vorliegen, wenn die GmbH unmittelbar vor dem Abschluss eines wichtigen Vertrages steht, der zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs zeitnah abzuschließen ist.

Wie das OLG München in dem Beschluss vom 11.09.2007 (31 Wx 49/07) ausführt, ist es jedoch nicht Aufgabe des Registergerichts, einen Gesellschafterstreit zu lösen.

Wird ein neuer Geschäftsführer nur deshalb nicht bestellt, weil sich die Gesellschafter nicht einigen können, kommt die Bestellung eines Notgeschäftsführers nur ausnahmsweise in Betracht, etwa, wenn wegen des internen Streits die Erfüllung bestimmter gesetzlicher Pflichten (z. B. aus § 41, § 43 Abs. 3, § 64 GmbHG) gefährdet ist oder wenn ein Dritter mit der Bestellung eines Notgeschäftsführers seine berechtigten Interessen wahren will.

OLG München, Beschluss vom 11.09.2007, 31 Wx 49/07

Ist die Gesellschaft im Falle eines Gesellschafterstreits „führungslos“ kann es jedoch dringlich sein, eine Anmeldung im Handelsregister vorzunehme, dass ein Beteiligter nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft ist. Hierfür kann ein Notgeschäftsführer bestellt werden, wenn kein anmeldeberechtigter Geschäftsführer vorhanden ist.

2.4. Gesellschafterversammlung ist nicht in der Lage, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen

Die Gesellschafterversammlung der GmbH ist beispielsweise dann nicht in der Lage, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wenn die gesetzlichen Erben des einzigen geschäftsführenden Gesellschafters noch ermittelt werden müssen.

3. Bestellung des Notgeschäftsführers

Liegen die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers vor, erfolgt die Bestellung durch das Registergericht am Sitz der Gesellschaft. Die Bestellung wird wirksam mit der Bekanntgabe und Annahme der Bestellung.

Die Geschäftsführungsbefugnis des Notgeschäftsführers ist auf die notwendigsten Maßnahmen zu beschränken, um den Eingriff in das Bestellungsrecht der Gesellschafter nicht weiter auszudehnen, als dies nach Art und Dringlichkeit des geltend gemachten Bedürfnisses erforderlich ist. Im Einzelfall ist die Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis auf die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste und die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers denkbar.

Das Amt des Notgeschäftsführers endet – sofern das Registergericht nicht von vornherein eine Befristung anordnet – automatisch, wenn die Führungslosigkeit der GmbH behoben ist.

Kann das Registergericht keine Person finden, die geeignet und zur Übernahme des Amts bereit ist, lehnt es den Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers ab. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Vergütung des Notgeschäftsführers möglichst im Vorfeld zu verhandeln und zu regeln. Der Notgeschäftsführer hat in jedem Fall einen Anspruch auf ein angemessenes Gehalt.

Notgeschäftsführer einer GmbH